Kodex Manesse

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Fol. 127r (Werke Walthers von der Vogelweide)

Beim Kodex Manesse handelt es sich um eine sehr aufwändig illustrierte Bilderhandschrift aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Sie entstand um 1300 in Zürich und enthält dichterische Werke in mittelhochdeutscher Sprache. Sie wird auch Deutsch-Pfälzer Liedersammlung, Manessische Liederhandschrift, Manessische Handschrift (so von dem schweizer Gelehrten Johann Jakob Bodmer genannt), bzw. nach dem jeweiligen Aufbewahrungsort auch Große Heidelberger Liederhandschrift oder Pariser Handschrift bzw. kurz Heidelberger Liederhandschrift oder Cod. Manesse bezeichnet. Sie ist die umfangreichste und berühmteste deutsche Liedersammlung des Mittelalters. Seit 1888 wird sie (wieder) in der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrt (Signatur: UB Heidelberg, Cod. Pal. Germ. für Codex Palatinus Germanicus; cpg).

Ein Faksimile (gleichartig nachgebildete Kopie) wird in der Universitätsbibliothek ständig ausgestellt.

Der Kodex besteht aus 426 beidseitig beschriebenen Pergamentbögen im Format 35,5 x 25 cm, die später paginiert (Seitenzahlen) wurden. Insgesamt befinden sich in ihr 138 bebilderte und zahlreiche nur zum Teil beschriebene Seiten. Die Miniaturen stellen Dichter und Sänger in idealisierter Form bei höfischen Auftritten dar.

Geschichte[Bearbeiten]

In wessen Besitz die Handschrift zur Zeit ihrer Entstehung war bzw. in wessen Auftrag sie entstand, ist nicht bekannt. Um 1575/80 geriet der Kodex in den Besitz eines flämischen Sammlers. Wenig später tauchte das Liederbuch in der Schweiz im Nachlass des Freiherrn Johann Philipp von Hohensax († 1596), der von 1576 bis 1588 verschiedene Ämter in den Niederlanden innegehabt hatte. Seine engen Verbindungen zur Residenz in Heidelberg lassen es auch für möglich erscheinen, dass er das Buch von dort in die Schweiz mitgenommen hatte. Sicher ist wieder, dass der Pfalzgraf von Zweibrücken und der Heidelberger Gelehrte Marquard Freher nach dem Tod des Freiherrn Hohensax jahrelang nichts unversucht ließen, um in den Besitz des Liederbuchs zu gelangen.

1622 konnte die Handschrift während des Dreißigjährigen Krieges vor der Eroberung Heidelbergs durch die Truppen der Katholischen Liga unter Tilly in Sicherheit gebracht werden. Sie kam nicht wie der Großteil der Bibliotheca Palatina als Kriegsbeute nach Rom.

Der französische Gelehrte Jacques Dupuy († 17. November 1656) vermachte den Kodex samt seiner übrigen Sammlung dem König von Frankreich. Seither (1657) ist er im Besitz der Königlichen Bibliothek in Paris (der heutige Bibliothèque Nationale de France), wo sie Jacob Grimm 1815 entdeckte. Durch Tausch bewerkstelligte 1888 der Straßburger Buchhändler Karl Ignaz Trübner die Rückkehr nach Heidelberg.

Ausstellung, Nachdrucke[Bearbeiten]

Das Original wird aus konservatorischen Gründen nur sehr selten im Rahmen von Ausstellungen gezeigt. Nachdem bereits 1887 Franz Xaver Kraus anlässlich der 500-Jahrfeier der Heidelberger Universität (1886) in nur 84 Exemplaren eine rasch vergriffene Faksimileausgabe im Lichtdruck herausgegeben hatte, edierte 1925 bis 1927 der Leipziger Insel-Verlag einen Druck der Kunstanstalt Albert Fritsch, Berlin, in 320 Exemplaren. Ein neues ebenfalls komplettes Faksimile des Kodex erschien 1974 bis 1979 in 750 Exemplaren beim gleichen Insel-Verlag (F/M). 1988 veranstaltete die Universität Heidelberg eine umfassende Ausstellung. Der Katalog zur damaligen Ausstellung dokumentiert die Handschrift selbst, erläutert ihre Entstehung und die Geschichte detailliert.

1991 kehrte der Kodex für kurze Zeit nach Zürich für eine Ausstellung im Schweizerischen Landesmuseum Zürich zurück. 2006 war das Original in der 29. Ausstellung des Europarates zur Ausstellung Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation im Kulturhistorischen Museum Magdeburg gezeigt worden.

2006 veröffentlichten das Deutsche Historische Museum in Berlin und die Universitätsbibliothek Heidelberg nun auch ein vollständiges digitales Faksimile. Auch als DVD enthält es alle 852 Text- und Bildseiten. Der Benutzer kann das Faksimilie wie ein reales Buch durchblättern, sich dort oder online Zusatzinformationen anzeigen lassen und verschiedene Register aufrufen.


Literatur[Bearbeiten]

  • Vollständige Textausgabe: Die Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse). In getreuem Textabdruck herausgegeben von Friedrich Pfaff. Titelausgabe der zweiten, verbesserten und ergänzten Auflage bearbeitet von Hellmut Salowsky. Universitätsverlag C. Winter, Heidelberg 1995, ISBN 3-8253-0369-1
  • Heidemarie Anderlik (Hrsg.): Codex Manesse - die große Heidelberger Liederhandschrift, Heidelberg, Universitätsbibliothek (Cod. Pal. germ. 848). (Virtuelle Bibliothek). Heidelberg, Universitätsbibliothek, 2006. (Digitalisat)]
  • Friedrich Heinrich von der Hagen (Hrsg.): Minnesinger. Deutsche Liederdichter des zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts. Theil 1. Manessische Sammlung aus der Pariser Urschrift. Barth, Leipzig 1838
  • Gisela Kornrumpf: Die Heidelberger Liederhandschrift C. in: K. Ruh (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. 2. Aufl., Bd. 3 (1981), Sp. 584-597
  • Elmar Mittler u. a. (Hrsg.): Codex Manesse. Katalog zur Ausstellung 1988 in der Universitätsbibliothek Heidelberg. Edition Braus, Heidelberg 1988, ISBN 3-925835-20-2
  • Ingo F. Walther: Codex Manesse. Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift. Insel, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-458-14385-8
  • Max Schiendorfer: Ein regionalpolitisches Zeugnis bei Johannes Hadlaub (SMS 2). In: Zeitschrift für deutsche Philologie 112 (1993), S. 37-65 (zum „Manessekreis“)

Weblinks[Bearbeiten]