Dörflingersche Federnfabrik

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Die Dörflinger'sche Federnfabrik war bis in die 1990er Jahre hinein einer der größten Industriebetriebe in Obrigheim (Baden). Die Firma stellte schwerpunktmäßig Blattfedern für Straßenfahrzeuge her.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Brüder Hugo und Oscar Dörflinger errichteten 1872 in Mannheim die "Ankerschmiede Gebr. Dörflinger". Zwölf Jahre später wurde der Betrieb auf Achsen für Kutschen und Gespanne umgestellt. Hauptabsatzmarkt waren lateinamerikanische Länder.

Nachdem Hugo Dörflinger eine aus Haßmersheim stammende Frau heiratete, ergaben sich geschäftliche Kontakte in die Region um Mosbach. Im Februar 1888 bezogen die Gebrüder Dörflinger das Gelände einer ehemaligen Gipsmühle und richteten dort die Federnfabrikation ein, während die Achsenfertigung in Mannheim verblieb. Dies wird in der Region als Beginn der Industrialisierung in einem bis dahin ausschließlich landwirtschaftlichen Umfeld angesehen.

Vier Jahre nach Betriebseröffnung hatte die Fabrik 72 Mitarbeiter, von denen 30 direkt aus Obrigheim stammten, die übrigen aus dem Umland. 1907 waren es 100 Mitarbeiter, die zu zwei Dritteln aus Obrigheim stammten.

Nach dem Tode von Oscar Dörflinger 1896 kamen dessen Söhne Hermann und Eberhard in die Firma. Diese wurde 1899 in die "Dörflinger'sche Achsen- und Federnfabrik, Actiengesellschaft Mannheim" umgewandelt und beide Standorte sukzessive erweitert. In Obrigheim wurde hierzu sogar der Lauf des Heiligenbaches verändert. Die Firma exportierte in dieser Zeit vor allem nach Argentinien, Italien, Spanien, Russland und in die Türkei. 1907 übernahm der bisherige Prokurist Jean Maier die Firmenleitung, während Hugo Dörflinger bis zu seinem Tode 1915 im Aufsichtsrat saß. In dieser Zeit übernahm die Firma in Offenbach mehrere Betriebe.

Die schlechte wirtschaftliche Situation im Anschluss an den Ersten Weltkrieg gipfelte, verstärkt durch die Folgen des Ruhrkampfes, im Jahr 1924 zu einem lang anhaltenden Streik der 58-köpfigen Belegschaft, der zwecks Verbesserung der Lebensbedingungen eine massive Lohnerhöhung zum Ziel hatte. Er wurde nach mehreren Monaten erfolglos abgebrochen.

Die anhaltende Wirtschaftskrise, ein veränderter Markt und ein massiver Preiskampf führten dazu dass die Werke Mannheim 1928 und Offenbach 1931 schließen mussten. Die Verwaltung des jetzt auf Kraftfahrzeugs- und Gespannteile spezialisierten Betriebes wurde nach Obrigheim verlegt. 1934 schließlich wurde das Grundkapital von 607.000 RM auf 375.000 RM herabgesetzt.

1935 starb Jean Maier. Sein Schwiegersohn, Josef Linsenmeier, bereits seit 14 Jahren stellvertretender Direktor, übernahm die Firmenleitung. Er wandelte die Aktiengesellschaft 1937 in eine Kommanditgesellschaft um und bildete in der wirtschaftlich konsolidierten Firma zwei Jahre später einen "Wohlfahrts- und Unterstützungsverein" der langjährigen Mitarbeitern eine Unterstützung im Invaliditätsfall sicherte. Bereits 1892 und 1910 hatte es Betriebskrankenkassen gegeben, die aber jeweils nur wenige Jahre bestanden.

Der Neuaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg gestaltete sich nach der Plünderung der Fabrikgebäude schweig. Aufgrund großer Zuliefererprobleme. Anfangs konnten nur Reparaturen durchgeführt werden, eine Herstellung von Neuware war nicht möglich. Als Joseph Linsenmeier 1949 unerwartet starb, übernahm sein Sohn Hans-Dieter die Firma. Er modernisierte den Betrieb in den Folgejahren, lies eine neue Werkshalle errichten und konnte an die Vorkriegsbedeutung des Betriebes anschließen.

Anfang der 1980er Jahre geriet die Firma aufgrund von Konjunkturrückgang und zunehmender Konkurrenz aus Südostasien in finanzielle Schwierigkeiten. Im September 1984 musste Konkurs angemeldet werden.

Der aus Syrien stammende Luis Darwish, der in den vergangenen Jahrzehnten für die Dörflinger'sche Federnfabrik die Vertretung in Syrien übernommen hatte, kaufte den Betrieb mit einer eigens zu diesem Zweck gegründeten GmbH im Jahr 1985. Ihn hatte zunächst nur das Warenlager interessiert, dass der Konkursverwalter jedoch nicht bereit war allein zu verkaufen. Mit sechs Angestellten wurde der Betrieb wieder aufgenommen, Georg Diebel wurde zum Geschäftsleiter bestimmt.

Darwish hatte jedoch von Beginn an den Weiterverkauf im Sinn, der 1989 vollzogen wurde. Der vierundzwanzig Mann starke Betrieb wurde Teil des Netzwerkes der Unternehmensgruppe Schomäcker. Diese modernisierte den Betrieb umfassend. Im Zweischichtbetrieb wurden jetzt von 70 Mitarbeitern bis zu 1700t Stahl verarbeitet. Bevor der Betrieb jedoch wieder wirtschaftlich arbeiten konnte, brach 1992 in der Nutzfahrzeugzuliefererbranche eine länger anhaltende Krise aus. Die Firma Schomäcker, die bislang etwa 80 % der in Obrigheim hergestellten Waren abnahm, stellte den Kauf ein. Mitte 1993 fiel die Entscheidung, den Betrieb zu liquidieren und an einen Konzern aus den Philippinen zu verkaufen. Als die Belegschaft mit Streik drohte, meldete die Mutterfirma im September 1993 für Obrigheim Konkurs an und verkaufte die Maschinen. Auf dem Gelände der Federnfabrik richtete sich später eine Entsorgungsfirma ein.

Weblinks[Bearbeiten]