Goldfischpfad

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Wegeplan
Wegweiser entlang des Pfades

Der Goldfischpfad ist eine als Rundwanderweg angelegte Gedenkstätte für die in Obrigheim (Baden) eingesetzten KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter in der NS-Zeit. Auf den zehn Stationen des etwa zweieinhalb km langen Weges am westlichen Neckarufer werden die verschiedenen, teils stark zerstörten sichtbaren Gebäude der Produktionsanlage erläutert. Es handelte sich um eine Untertageverlagung einer kriegswichtigen Rüstungsproduktion von Flugzeugmotoren. Auch hier wurden Häftlinge zu Tode geschunden (siehe Friedhof Binau).

Hintergrund

Unter dem Decknamen "Goldfisch" wurde im Frühjahr 1944 verlagerte Daimler-Benz das in Brandenburg gelegene Flugzeugmotorenwerk in den Gipsstollen "Friede". Im Oktober des selben Jahres wurde in dem durch Zwangsarbeit errichteten Werk die Produktion aufgenommen. Betreiber des Werks war die 100%ige Daimler-Tochter "Goldfisch GmbH"

Im Herbst 1944 begann unter dem Namen "Brasse" die Verlagerung des Werkes Dubnica /Slowakei sowie der teilweise Umzug des Werkes Sindelfingen. Dabei wurden auch Materialien nach Obrigheim gebracht die nicht für die Rüstungsproduktion benötigt wurden.

Im Februar 1945 kam die Produktion in den beiden Werken zum Erliegen, am 2. April 1945 wurde die Fabrik von amerikanischen Einheiten besetzt.

Im Jahre 1999 wurde auf Initiative des Vereins "KZ-Gedenkstätte Neckarelz" ein Lehrpfand angelegt, der die noch begehbaren Teile der Anlage mit Informationstafeln versah. Sechzig Jugendliche aus Deutschland, Polen und Frankreich sowie Lehrlinge unter anderem von Daimler halfen im Mai des Jahres bei der Errichtung des Pfades.

In Juli 2012 arbeitete eine Jugendgruppe der Realschule Obrigheim zusammen mit einer italienischen Gruppe an der umfangreichen Renovierung des Pfades. Unterstützt von der politischen Gemeinde Obrigheim und der evangelischen Landeskirche wurde dabei bewusst auf Arbeitserleichternde Maschonen verzichtet, um den Jugendlichen ansatzweise ein Gefühl der Situation der Zwangsarbeiter zu vermitteln.

Die Stationen

1. Tunnel/Bahnhof "Finkenhof"

Am Ende des zur Bahnstrecke Heidelberg-Aglasterhausen-Mosbach gehörenden Tunnels wurde der so genannte Bahnhof "Finkenhof" errichtet, der für Menschen und Material als "Umladestation" in die beiden Werke diente. Das nach dem Krieg stehen gebliebene Gebäude dient heute als Lagerhalle.

2. Kesselhaus

Um in den Stollen arbeiten zu können wurde im Winter 1944/45 ein Kesselhaus errichtet, das allerdings zu keinem Zeitpunkt seinen Zweck vollständig erfüllte. Es wurde 1986 abgerissen. Übrig sind noch sechs verwitterte Betonstufen.

3. Alte Eisenbahnbrücke

Die Neckarbrücke war Teil der ab 1864 erbauten Eisenbahnstrecke Heidelberg-Aglastehausen-Mosbach. Ihre Lage begünstigte den Bau der unterirdischen Werke. 1945 wurde sie von deutschen Truppen auf dem Rückzug gesprengt. Symbolisierend für die Bahnbrücke befindet sich an dieser Station das erhalten gebliebene Widerlager und ein nachträglich angebrachtes kleines Gleisstück.

4. Umschlaghalle

Hier befinden sich die Überreste der im Januar 1945 fertig gestellten Umschlaghalle, an der Materialien umgeladen wurden. Ein künstlicher Stollen führte zu einer Aufzugsanlage, der die Güter um etwa vierzig Meter nach oben ins Goldfischwerk beförderte. Der Stollen trug den Namen "Elka-Stollen", da er mit einem Elektrokarren befahren wurde.

5. Treppenweg

Über diese Treppe führte für die KZ-Häftlinge der tägliche Weg zum Goldfischwerk. In der Anfangsphase des Werkausbaus mussten sie schwerste Lasten auf ihrem Rücken diese Treppe hochtragen.

In den 1970er Jahren wurde der obere Teil des Weges verändert, um einem neu angelegten Parkplatz der Firma HeidelbergCement AG Platz zu machen. Bei Anlegung des Pfades wurde dieser Bereich abermals verändert sowie einige Stufen erneuert.

Am Fuß der Treppe befindet sich ein Betonblock, in den Fundstücke einzementiert wurden, darunter ein Steinblock mit der Inschrift 24.4.44.

6. Talblick

An dieser Station kann mittels historischer Bilder die Lage der Konzentrationslager Neckarelz I und Neckarelz II bestimmt und mit dem heutigen Ausblick verglichen werden.

7. Stolleneingang

Da das Bergwerk noch in Betrieb ist, besteht kein Zugang zum Stollen. An dieser Station kann lediglich aus der Ferne ein Blick auf den Eingang geworfen werden. Anhand der angebrachten Tafeln wird die historische Situation dargestellt. Auf einer Fläche von etwa 50.000 qm mussten die Häftlinge unter widrigsten Bedingungen, teils im Wasser stehend, arbeiten. Bei Kriegsende wurde ohne Pause Tag und Nacht durchgearbeitet, um die Produktion aufrecht zu erhalten.

8. Küchenbaracke

Um die Häftlinge und die Zwangsarbeiter vor Ort versorgen zu können, wurde 1945 in einem engen Taleinschnitt ein Küchengebäude und weitere Wohnbaracken errichtet. Bei einem Bombenangriff am 2. Februar 1945 wurde die Baracke schwer beschädigt, so dass sie nicht mehr nutzbar war. Nach Kriegsende wurde das wiedererrichtete Gebäude zu verschiedenen Zwecken genutzt, unter anderem zur Produktion hochgiftiger Pflanzenschutzmittel. Aus diesem Grund wurde es im Jahr 2000 mitsamt dem darunterliegenden Erdreich entfernt.

9. Stolleneingang "Brasse"

Auf einer Fläche von etwa 9000 qm sollte eine zweite Produktionsstätte in Betrieb gehen. Die Zwangsarbeiter errichteten den Stollen, einige Wohnbaracken und Teile der Infrastruktur, im Stollen selbst wurde jedoch die Produktion nicht aufgenommen, da kriegsbedingt im März 1945 das Lager aufgegeben wurde. Entlang des Weges sind teilweise noch die Fundamente der Baracken sichtbar.

10. Wasserversorgung/Infrastruktur

Um die Infrastruktur in der Brasse zu gewährleisten wurde eine neue Quelle gefasst, die vor allem das Küchenhaus mit Frischwasser versorgen sollte. Der Plan war, dem Lager eine gewisse Autarkie sicherzustellen. In unmittelbarer Nähe sollte auch ein zweites Kesselhaus errichtet werden, wozu es aber nicht mehr kam.

Lage

„Goldfischpfad” auf der Karte

Siehe auch

Weblinks

Webseite der KZ-Gedenkstätte inkl. Goldfischpfad