Institut für Biologische Verfahrenstechnik: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Institut für Biologische Verfahrenstechnik ist ein Institut der Fakultät für Verfahrens- und Chemietechnik der Hochschule Mannheim.
Das Institut für Biologische Verfahrenstechnik ist ein Institut der Fakultät für Verfahrens- und Chemietechnik der Hochschule Mannheim.
== Institutsleiter ==
Der 1955 in Freiburg/Breisgau geborene Peter M. Kunz studierte zunächst Siedlungswasserwirtschaft und Wasserbau an der TU Karlsruhe. Nach einem berufsbegleitenden Aufbaustudium der Biotechnologie schloss sich ein Promotionsstudium an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften in Karlsruhe an. Dort promovierte er auch im Jahr 1987 zum Dr. rer. pol. mit dem Thema „Prozessführung von Kläranlagen – Technisch-wirtschaftliche Optimierung“.
Im selben Jahr wurde er auf die Professur für Grundlagen und angewandte Verfahrenstechnik an die damalige Fachhochschule für Technik in Mannheim berufen.
Gleichzeitig baute er als wissenschaftlicher Leiter das Beratungsbüro Bio-Logik-Control mit Sitz in Karlsruhe auf, das mittlerweile in Mannheim ansässig ist.
Kurz nachdem Peter M. Kunz 1987 vom Fraunhofer Institut in Karlsruhe an die damalige Fachhochschule für Technik Mannheim (heute [[Hochschule_Mannheim|Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Technik]], Mannheim) kam, gründete er zum 1.1.1988 das Institut für Biologische Verfahrenstechnik, das er bis heute leitet.
Im Juli 1995 wurde Peter M. Kunz zum Professor für Biologische Reaktionstechnik sowie Umwelttechnik an der inzwischen neu fusionierten Hochschule für Technik und Gestaltung, der Fachhochschule Mannheim, ernannt.
Kurz darauf erfolgte 1998 die Gründung des Beratungsbüros Life-and-WorkScience-International, dem er bis heute als wissenschaftlicher Leiter vorsteht.
Stets versuchte er, die Leidenschaft für seine Arbeit auf dem Gebiet der Bioverfahrenstechnik, aber auch im Zusammenhang mit Optimierungs- und Veränderungsprozessen in Industrie und Wissenschaft an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere aber auch an seine Studierenden weiterzugeben und sie so mit dem Feuer der Begeisterung, das er bis heute in sich trägt „anzuzünden“. Seine ganzheitliche Sicht auf die Zusammenhänge zwischen Biologie und Technik, die die Bionik zu einem seiner zahlreichen Steckenpferde machte, mündeten schließlich in dem weithin beachteten Bionik-Kongress Baden-Württemberg, den er aus der Taufe hob und bisher vier Mal erfolgreich organisierte. Die 5. Wiederholung des Bionik-Kongresses vom 03.-04.05.2021 ist bereits in Planung.
Die Lösungen für bioverfahrenstechnische Probleme in der Industrie, die er zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch im Rahmen von studentischen Arbeiten fand, sorgten weithin für Beachtung; seine Erfahrung und sein Wissen – insbesondere auf dem Gebiet der Wasseraufbereitung und Wasserversorgung waren und sind weltweit geschätzt.
Seit Dezember 1990 ist Prof. Kunz bei der IHK öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Beurteilung von Produktions- und Rückgewinnungsverfahren.
Prof. Kunz war überdies langjährig Präsident der IWAO (International Water Aid Organisation).
Neben der angewandten Forschung lag ihm die Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses immer besonders am Herzen. Hunderte Diplom-, Master-, Bachelor-, Promotions- und Studienarbeiten brachte er erfolgreich zum Abschluss.
Aus der Feder von Peter M. Kunz stammen neun Bücher, davon 3 als Herausgeber; über 200 Zeitschriften-Veröffentlichungen, weit über 500 Vorträge und Poster sowie im Zeitraum von 1991 bis 1996 20 Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen stehen auf seiner Erfolgsliste. Daneben hat er weit über 100 Seminare geleitet, sowohl Firmen-intern als auch übergreifend; mehr als 100 Workshops fanden unter seiner Leitung statt. 
Zum Ende des Wintersemesters 2020/2021 wird Peter M. Kunz die Hochschule Mannheim in den wohlverdienten Ruhestand verlassen. Wir sind uns sicher, dass er die freigewordene Zeit nutzen wird, um sich unter anderem neuen Aufgaben widmen können.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
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'''Waschen mit Mikroorganismen'''
'''Waschen mit Mikroorganismen'''
Fermentativ gewonnene, mikrobielle Enzyme und Tenside sind bereits seit langem Bestandteile vieler Waschmittel, um deren Reinigungsleistung zu erhöhen [Hoogerheide, J.C. (1968). Die Entwicklung von Enzymen zur Verwendung in Waschmitteln. Fette, Seifen, Anstrichmittel 70 (10), 743-748. ]. Es gibt aber spezielle Flecken (Anschmutzungen), die beim Waschen „einfach nicht rausgehen“, wie die Hausfrau zu sagen pflegt, Tomatensoße oder Curry, um Beispiele zu nennen. In der Natur findet man Organismen, die die typischen, farbgebenden Substanzen der Flecken, wie Carotinoide, Lycopine oder Curcumin, als Nahrungssubstrat nutzen. Es stellte sich daher die Frage, ob mit Mikroorganismen direkt Wascherfolge erzielt werden können, wenn solche Mikroorgansimen-Populationen dem Waschprozess zugegeben werden. Dadurch könnten vorgeschaltete Aufarbeitungen zur Gewinnung von Enzymen und deren Aufreinigung eingespart und damit der Waschprozess nachhaltiger gestaltet werden. Daher wurden Anschmutzungen ausgewählt, diese künstlich hergestellt und Mikroorganismen-Mischkulturen auf den entsprechenden Substraten angezüchtet sowie weitere Organismen basierend auf Rechercheergebnissen zugesetzt. Die Fleckentfernung von Standard-Anschmutzungen auf Baumwollgewebe wurde sowohl im flüssigen Medium als auch in Form eines Pastenwaschtests mittels L*a*b*-Farbwerten entsprechend dem Hunter Lab-Farbraum beurteilt. Insbesondere beim direkten Einsatz der Organismen-Mischkulturen auf dem Gewebe (Waschpaste), konnte bei einigen Anschmutzungen eine deutliche Aufhellung im Vergleich mit reinem Detergenz als Referenz festgestellt werden.
Fermentativ gewonnene, mikrobielle Enzyme und Tenside sind bereits seit langem Bestandteile vieler Waschmittel, um deren Reinigungsleistung zu erhöhen [<ref>Hoogerheide, J.C. (1968). Die Entwicklung von Enzymen zur Verwendung in Waschmitteln. Fette, Seifen, Anstrichmittel 70 (10), 743-748. </ref>]. Die Entwicklung von Enzymen zur Verwendung in Waschmitteln. Fette, Seifen, Anstrichmittel 70 (10), 743-748. ]. Es gibt aber spezielle Flecken (Anschmutzungen), die beim Waschen „einfach nicht rausgehen“, wie die Hausfrau zu sagen pflegt, Tomatensoße oder Curry, um Beispiele zu nennen. In der Natur findet man Organismen, die die typischen, farbgebenden Substanzen der Flecken, wie Carotinoide, Lycopine oder Curcumin, als Nahrungssubstrat nutzen. Es stellte sich daher die Frage, ob mit Mikroorganismen direkt Wascherfolge erzielt werden können, wenn solche Mikroorgansimen-Populationen dem Waschprozess zugegeben werden. Dadurch könnten vorgeschaltete Aufarbeitungen zur Gewinnung von Enzymen und deren Aufreinigung eingespart und damit der Waschprozess nachhaltiger gestaltet werden. Daher wurden Anschmutzungen ausgewählt, diese künstlich hergestellt und Mikroorganismen-Mischkulturen auf den entsprechenden Substraten angezüchtet sowie weitere Organismen basierend auf Rechercheergebnissen zugesetzt. Die Fleckentfernung von Standard-Anschmutzungen auf Baumwollgewebe wurde sowohl im flüssigen Medium als auch in Form eines Pastenwaschtests mittels L*a*b*-Farbwerten entsprechend dem Hunter Lab-Farbraum beurteilt. Insbesondere beim direkten Einsatz der Organismen-Mischkulturen auf dem Gewebe (Waschpaste), konnte bei einigen Anschmutzungen eine deutliche Aufhellung im Vergleich mit reinem Detergenz als Referenz festgestellt werden.


'''Biologisches Enthärten mit Muscheln'''
'''Biologisches Enthärten mit Muscheln'''
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'''Wasserkonservierung mittels antimikrobieller Pflanzenstoffe'''
'''Wasserkonservierung mittels antimikrobieller Pflanzenstoffe'''
Aktuell beschäftigt sich die Arbeitsgruppe des Instituts mit dem Einsatz antimikrobieller Naturstoffe zur Konservierung von Trinkwasser. In ersten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Extrakte ausgewählter Wurzeln, Baumrinden und Blüten dazu geeignet waren, sowohl gram-positive als auch gram-negative Keime im Wachstum zu hemmen, wie mit Hemmhoftests [Youssef, A. (2020). Natürliche antimikrobielle Substanzen für den Einsatz in Falt-Kanistern zur Wasserkonservierung in einem Notfall-Wasserkoffer. Projektarbeit Hochschule Darmstadt];[<ref>Kunz, P.M., Mulyawati, A., Schäfer, A., Schilling, S., Sommer, I., Störiko, M. (2016). Endbericht KVS-Feasibility-Studie Antimikrobielle Substanzen aus Baumrinden. </ref>] ebenso wie durch Wachstumsversuche in Müller-Hinton-Medium [<ref>Yongyat, P. (2019). Antimikrobielle Substanzen für den Einsatz in Faltkanistern zur Wasserkonservierung in einem Notfall-Wasserkoffer. Studienarbeit Hochschule Mannheim, Institut für Biologische Verfahrenstechnik</ref>] belegt werden konnte. Weitere Untersuchungen folgen. Wässrige Extrakte von Eichenholzschnitzeln z.B. wiesen gegenüber Pseudomonas oleovorans eine Minimale Hemmkonzentration MHK von 0,14 mg/mL, gegenüber Acinetobacter sp. von 1,14 mg/mL auf [<ref>Kunz, P.M., Schilling, S. (2018). Antimikrobielle Substanzen aus Pflanzen, speziell aus Baumrinden. Jahrbuch Oberflächentechnik 74, 216-235.</ref>].
Aktuell beschäftigt sich die Arbeitsgruppe des Instituts mit dem Einsatz antimikrobieller Naturstoffe zur Konservierung von Trinkwasser. In ersten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Extrakte ausgewählter Wurzeln, Baumrinden und Blüten dazu geeignet waren, sowohl gram-positive als auch gram-negative Keime im Wachstum zu hemmen, wie mit Hemmhoftests [<ref>Youssef, A. (2020). Natürliche antimikrobielle Substanzen für den Einsatz in Falt-Kanistern zur Wasserkonservierung in einem Notfall-Wasserkoffer. Projektarbeit Hochschule Darmstadt</ref>]. Natürliche antimikrobielle Substanzen für den Einsatz in Falt-Kanistern zur Wasserkonservierung in einem Notfall-Wasserkoffer. Projektarbeit Hochschule Darmstadt];[<ref>Kunz, P.M., Mulyawati, A., Schäfer, A., Schilling, S., Sommer, I., Störiko, M. (2016). Endbericht KVS-Feasibility-Studie Antimikrobielle Substanzen aus Baumrinden. </ref>] ebenso wie durch Wachstumsversuche in Müller-Hinton-Medium [<ref>Yongyat, P. (2019). Antimikrobielle Substanzen für den Einsatz in Faltkanistern zur Wasserkonservierung in einem Notfall-Wasserkoffer. Studienarbeit Hochschule Mannheim, Institut für Biologische Verfahrenstechnik</ref>] belegt werden konnte. Weitere Untersuchungen folgen. Wässrige Extrakte von Eichenholzschnitzeln z.B. wiesen gegenüber Pseudomonas oleovorans eine Minimale Hemmkonzentration MHK von 0,14 mg/mL, gegenüber Acinetobacter sp. von 1,14 mg/mL auf [<ref>Kunz, P.M., Schilling, S. (2018). Antimikrobielle Substanzen aus Pflanzen, speziell aus Baumrinden. Jahrbuch Oberflächentechnik 74, 216-235.</ref>].


'''Biologisches Entlacken'''
'''Biologisches Entlacken'''

Aktuelle Version vom 18. Januar 2022, 15:25 Uhr

Das Institut für Biologische Verfahrenstechnik ist ein Institut der Fakultät für Verfahrens- und Chemietechnik der Hochschule Mannheim.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor über 30 Jahren, am 01.01.1988 wurde im Fachbereich Verfahrenstechnik an der damaligen Fachhochschule für Technik Mannheim (heute Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Technik, Mannheim) das Institut für Biologische Verfahrenstechnik. unter Leitung von Prof. Dr. P. M. Kunz ins Leben gerufen. Prof. Kunz kam 1987 vom Fraunhofer Institut in Karlsruhe an die Hochschule Mannheim. Zum Ablauf des Wintersemester 2020/21 wird Prof. Kunz in den wohlverdienten Ruhestand eintreten. Unter seiner Leitung haben über 50 wissenschaftliche Mitarbeiter von Beginn an im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Sinne der Nachhaltigkeit am Institut geforscht, obwohl zum Zeitpunkt der Gründung der Begriff Nachhaltigkeit noch nicht sonderlich geläufig war.

Seit der Gründung des Instituts für Biologischer Verfahrenstechnik erarbeitete sich das Team einen exzellenten Ruf durch zahlreiche, teils preisgekrönte Forschungsprojekte (Carl-Isambert-Preis für Sicherheitstechnik und Umweltschutz des TÜV Baden-Württemberg 2006 (Dipl.-Wirtschaftsingenieur Michael Wolzenburg) [[1]] und 2011 (Dipl.-Ing.(FH) Franzsika Michel) [[2]], internationaler Hochschulpreis der Stiftung für nachwachsende Rohstoffe 2012 (Dr.-Ing. Isabell Sommer) [[3]]. Die Themenschwerpunkte kommen aus den Bereichen „weiße Biotechnologie, Umwelt- und Lebensmittelbiotechnologie sowie molekulare Bionik, stets mit dem Fokus, biologische Techniken in den Produktionsablauf zu integrieren und so umweltfreundliche, nachhaltige Produktionsverfahren umzusetzen. Tipp: Zum Wintersemester 2020 startet an der Hochschule Mannheim der neue Studiengang „Nachhaltige Technische Prozesse NTB“. Nähere Informationen unter https://www.vct.hs-mannheim.de/studiengaenge/uebersicht.html.

Forschungsthemen im Bereich Nachhaltigkeit / Bionik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für den Begriff Nachhaltigkeit gibt es viele Definitionen. Erstmalig genannt wurde er 1713 in der Forstwirtschaft, als sich der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz in Freiberg dafür aussprach, den Wald nachhaltig zu nutzen, indem nicht mehr Bäume geschlagen werden, als nachwachsen können. In englischen Schriften wurde der Begriff mit „sustainable“ übersetzt. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wurde aber erst 1987 durch die norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland in dem nach ihr benannten Brundtland-Report für die Vereinten Nationen geprägt. In diesem definiert sie, dass eine Entwicklung dann nachhaltig ist, wenn sie „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ Erst Mitte der 1990er entdeckte die Politik und eine breite Gesellschaftsschicht den Begriff für sich, nachdem auf dem Weltgipfel der Vereinten Nationen 1992 in Rio de Janeiro im Rahmen der Agenda 21 ein globales Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung formuliert wurde. Die vom „Rat für nachhaltige Entwicklung“ 2011 definierten drei Säulen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie und Soziales) werden oft als „schwache Nachhaltigkeit“ definiert. Dem gegenüber steht die „starke Nachhaltigkeit“, bei der die Ökologie im Vordergrund steht, da alle anderen Dimensionen von intakten natürlichen Ressourcen abhängen [[4]].

Nutzung von spezifischen Stoffwechselleistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein beträchtlicher Teil der oft hoch spezifischen Abbau- und Syntheseleistungen von (mikrobieller) Biomasse wird heutzutage u. A. in der Abwasserreinigung, der Futter- und Lebensmittelherstellung sowie bei der Energiegewinnung genutzt. Aber auch vom Menschen nicht genutzte mikrobielle Biomasse hat eine wichtige Funktion, nämlich im natürlichen Stoffkreislauf des Ökosystems. Am Institut für Biologische Verfahrenstechnik IBV wurden darüber hinaus gehende Ansätze zur technischen Nutzung von (mikrobieller) Biomasse erforscht.

Biologische Abgasreinigung ("Biosorber") In Anlagen, in denen z.B. mit Lösungsmitteln gearbeitet wird, muss sichergestellt werden, dass die Abluft verlässlich die vorgegebenen Grenzwerte unterschreitet. Zu diesem Zweck wurde am IBV ein neuartiges, biologisches Abgasreinigungsprinzip („Biosorber“) entwickelt, das die bekannte Technik von „Biofiltern“ basierend auf einem organischen Trägermaterial mit der der Abgaswäsche kombiniert. Hierzu wurden kugelförmige Trägermaterialien mit einem synthetischen Minimal-Nähragarsubstrat beschichtet, auf dem die schadstoffabbauenden Mikroorganismen im Abluftstrom wachsen. Die Schüttung aus diesen bewachsenen Füllkörpern bietet durch ihre große Oberfläche einen optimalen Stoffübergang beim Durchströmen mit der zu reinigenden Abluft und kann von Zeit zu Zeit befeuchtet werden. Schadstoffrückstände können bei Bedarf ausgewaschen und als Konzentrat in geringem Volumen entsorgt werden. Übliche Nachteile herkömmlicher Biofilter wie Verstopfungen, örtliche Austrocknungserscheinungen bzw. Gradientenbildung können durch ein periodisches Bewegen/Umwälzen der bewachsenen Füllkörper vermieden werden. Untersuchungen zum Abbau eines lösungsmittelhaltigen Abgasstroms ergaben, dass mit Hilfe des Biosorbers bei einer Raumbelastung von 67 m³ Rohgasstrom/m³ Reaktorvolumen und Stunde mit einer Rohgaskonzentration von 600 mg/m³ die Grenzwerte der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) eingehalten wurden [[5]].

Waschen mit Mikroorganismen Fermentativ gewonnene, mikrobielle Enzyme und Tenside sind bereits seit langem Bestandteile vieler Waschmittel, um deren Reinigungsleistung zu erhöhen [[6]]. Die Entwicklung von Enzymen zur Verwendung in Waschmitteln. Fette, Seifen, Anstrichmittel 70 (10), 743-748. ]. Es gibt aber spezielle Flecken (Anschmutzungen), die beim Waschen „einfach nicht rausgehen“, wie die Hausfrau zu sagen pflegt, Tomatensoße oder Curry, um Beispiele zu nennen. In der Natur findet man Organismen, die die typischen, farbgebenden Substanzen der Flecken, wie Carotinoide, Lycopine oder Curcumin, als Nahrungssubstrat nutzen. Es stellte sich daher die Frage, ob mit Mikroorganismen direkt Wascherfolge erzielt werden können, wenn solche Mikroorgansimen-Populationen dem Waschprozess zugegeben werden. Dadurch könnten vorgeschaltete Aufarbeitungen zur Gewinnung von Enzymen und deren Aufreinigung eingespart und damit der Waschprozess nachhaltiger gestaltet werden. Daher wurden Anschmutzungen ausgewählt, diese künstlich hergestellt und Mikroorganismen-Mischkulturen auf den entsprechenden Substraten angezüchtet sowie weitere Organismen basierend auf Rechercheergebnissen zugesetzt. Die Fleckentfernung von Standard-Anschmutzungen auf Baumwollgewebe wurde sowohl im flüssigen Medium als auch in Form eines Pastenwaschtests mittels L*a*b*-Farbwerten entsprechend dem Hunter Lab-Farbraum beurteilt. Insbesondere beim direkten Einsatz der Organismen-Mischkulturen auf dem Gewebe (Waschpaste), konnte bei einigen Anschmutzungen eine deutliche Aufhellung im Vergleich mit reinem Detergenz als Referenz festgestellt werden.

Biologisches Enthärten mit Muscheln Bei der Verwendung von Wasser in Kühlkreisläufen kommt es aufgrund der Wasserhärte immer wieder zur Ausbildung von Ablagerungen von Calciumcarbonat auf Wärmeübertragungsflächen. Neben einer deutlichen Verschlechterung des Wärmeübergangs und damit einhergehend höheren Energiekosten bieten Ablagerungen zudem eine Angriffsfläche zur Ausbildung von Biofilmen [[7] ]. Idee des Institutsleiters war es, diesem Problem nachhaltig und ohne Chemikalieneinsatz entgegenzuwirken durch Biomineralisation, indem Kalkalgen und/oder Muscheln eingesetzt werden. Hauptbestandteil der Muschelschale ist Calciumcarbonat [[8]]. Ein Wachstum von Muscheln im Kühlkreislauf kann dem Wasser auf natürliche Weise den Kalk entziehen und damit die Wasserhärte herabsetzen, auch ohne Einsatz von chemischen Enthärtungsmethoden. Vorteilhaft ist weiterhin, dass die Muscheln das Wasser von Schwebepartikeln reinigen und Verschmutzungen der Rohrleitungen im Kühlkreislaufsystem so minimiert werden können. Erste Untersuchungen zeigten, dass sowohl mit der Goldenen Körbchenmuschel als auch mit der Teichmuschel die Wasserhärte in einem Beobachtungszeitraum von 30 Tagen reduziert werden konnte.

Nutzung extremophiler Mikroorganismen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Mikroorganismen haben sich an extreme Lebensbedingungen angepasst. Beispiele hierfür sind hohe Salzgehalte oder hohe Temperaturen, wie sie z.B. in heißen Quellen auftreten. Viele dieser Vertreter gehören zu den Archaeen. Diese „Urbakterien“ stellen neben den Bakterien und den Eukaryonten die dritte Domäne des Lebens und unterscheiden sich u.a. darin, dass sie über keine Fettsäuresynthese verfügen und Lipide bilden, in denen isoprenoide Seitenketten als Äther mit dem Glycerinteil verknüpft sind [[9]]. Aufgrund der randständigen Lebensbedingungen sind diese häufig auch zu außergewöhnlichen Stoffwechselleistungen in der Lage [[10]]. Diese können entweder für Syntheseprozesse (z.B. Produktion von Biowasserstoff) oder für Abbauprozesse (z.B. Mineralölabbau) zu Nutze gemacht werden. Weiter vorteilhaft beim Einsatz Extremophiler ist, dass diese nicht-infektiös für den Menschen sind (pathogene Arten finden sich insbesondere im mesophilen Temperaturbereich zwischen 30 und 39 °C; bislang sind keine Humanpathogene bei Archaeen bekannt) [[11]]. Nachfolgend sind beispielhaft einige am Institut für Biologische Verfahrenstechnik verfolgte Forschungsarbeiten zum Einsatz von extremophilen Mikroorganismen aufgeführt.

Biologische Heißentfettung mittels Thermophilen Entfettung ist in Metall verarbeitenden Betrieben unerlässliche Voraussetzung für die weiteren Verarbeitungsschritte. Am Institut wurde die Idee entwickelt, diese Aufgabe nicht (alleine) konventionellen Reinigungsmitteln - häufig auf alkalischer Basis - zu übertragen, sondern zusätzlich Mikroorganismen einzusetzen, die in der Lage sind, Mineralölkohlen¬wasserstoffe zu verstoffwechseln. Direkt am Entstehungsort sollen Mikroorganismen Fette und Öle zu Kohlendioxid und Wasser umsetzen und damit Reinigungschemikalien ersetzen. Die Ausbildung von Biotensiden unterstützt diesen Prozess. Hierzu wurden erfolgreich Organismen aus heißen Quellen Islands (Strokkur, Blaue Lagune) bzw. Venezuelas (Las Trinjeras) verwendet. Technisch wurde der Reinigungsschritt mit einem Biomembranreaktor zur Biomasserückhaltung umgesetzt. Neben dem Wegfall der Entsorgung abgereinigten Mineralöls (es entsteht nur Biomasse, CO2 und Wasser) konnte bei der Heißentfettung eine deutliche Energieeinsparung aufgrund der Senkung der Badtemperaturen von 80 °C auf 55 °C bzw. teilweise 42 °C im Vergleich zur klassischen Heißentfettung verzeichnet werden. Zur Nachhaltigkeit des Prozesses trägt zudem der geringere Bedarf an Reinigungsmittelkomponenten und damit auch der Bedarf an Hilfsstoffen, um diese abschließend wieder zu entfernen, bei. [Kunz, Benra, Dickbertel, Sommer 2011]

Biologischer Abbau von hoch-salzhaltigen Abwässern mittels Halophilen Bei manchen industriellen Prozessen fallen Abwässer an, die extrem zusammengesetzt sind und bei denen konventionelle Klärprozesse an ihre Grenzen stoßen, z.B. wenn der Salzgehalt deutlich erhöht ist. Osmotische Schockwirkung auf die Mikroorganismen des Belebtschlamms kann die Folge sein [[12]]. Halophile Mikroorganismen benötigen Salzkonzentrationen > 3 % zum Wachsen, zudem werden ausgefallene Substrate als Energie- und Baustoffquelle genutzt – entsprechend erscheinen diese für Abbauprozesse insbesondere geeignet. Halophile sind häufig begeißelt und verfügen teilweise über die Fähigkeit Gasvesikel auszubilden, mit denen sie sich aktiv in Sauerstoff-reichere Bereiche bewegen können [[13]], was sie für die Abwasserreinigung bei erhöhten Temperaturen besonders interessant macht. Durch Hinzufügen von Impfkulturen (angezüchtet aus Wasserproben aus dem Toten Meer) zu Abwasser einer Betriebsanlage der Gelatineproduktion bzw. eines Klärbetriebs, in dem Abwässer einer Knochenleimfabrik gereinigt wurden, konnten die CSB-Abbauraten im Vergleich zum konventionellen Prozess auf 600 g CSB/kg TS*d bei einer Belastung von 3.250 g CSB deutlich gesteigert werden von 450 g CSG/kg TS*d bei Belebtschlamm einer kommunalen Kläranlage bzw. 140 g CSG/kg TS*d innerhalb der betrieblichen Kläranalage [[14]].

Nutzung mikrobieller Enzyme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Enzyme sind komplex aufgebaute Eiweißmoleküle, die in Organismen biochemische Stoffwechselprozesse steuern und beschleunigen können, weswegen sie auch als Biokatalysatoren bezeichnet werden. Dabei wirken diese Naturstoffe sehr spezifisch, das heißt, ein einzelnes Enzym katalysiert in der Regel nur eine einzige Reaktion und es wird von ihm nur ein ganz bestimmtes Molekül (Substrat) über das sogenannte Schlüssel-Schloss-Prinzip umgesetzt. Für eine schier unermessliche Vielfalt an Aufbau-, Abbau- und Umbau-Reaktionen gibt es in der Natur jeweils passende Enzyme. Nach internationalen Standards sind weltweit ca. 5.400 verschiedene Enzymklassen beschrieben, allein in der Enzym-Datenbank BRENDA sind 77.000 Enzyme aus über 30.000 verschiedenen Organismen gelistet. Diese biologisch abbaubaren Spezialwerkzeuge lassen sich in der Bioökonomie aufgrund ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten hervorragend nutzen, um biobasierte Prozesse zu steuern und das meist bei milden, umweltfreundlichen Bedingungen (niedrigen Temperaturen, neutraler pH-Wert, wässrige Umgebung) [[15]]. Auch das Institut für Biologische Verfahrenstechnik macht sich die außergewöhnlichen Fähigkeiten der Enzyme für viele technische aber auch haushaltsspezifische Anwendungen seit Jahren zu Nutze.

Enzymatischer Abflussreiniger zum Keratinabbau Verstopfungen in Abwasserrohren im Bad bestehen meist aus Haaren in Kombination mit Seifen und Zahnpasten. Herkömmliche Abflussreiniger beseitigen diese Verstopfungen mit aggressiven Chemikalien wie Natronlauge, die der Spaltung von Fetten sowie der Auflösung des Haar-Keratins dient. Während der Anwendung pulverförmiger Reiniger kommt es zu einer starken Hitze- und Gasentwicklung (Wasserstoff), das Gas wird aus unter Bildung von Ammoniak gebunden, wodurch ein stark beißender Geruch und die Notwendigkeit einer guten Lüftung des Raumes entsteht. Weitere Nachteile dieser Reiniger sind ihre stark ätzende Wirkung auf die menschliche Haut aber auch auf Emaille oder Glasuren, Verstopfungen der Rohre durch Klumpenbildung bei Überdosierung und Schäden durch Hitzeentwicklung. Die Abflussreiniger müssen daher mit entsprechenden Gefahrensymbolen gekennzeichnet werden und zählen zu den gefährlichsten chemischen Haushaltsprodukten [[16]]. Am IBV wurde daher an einem biologischen, nicht-ätzenden, umweltfreundlichen Abflussreiniger geforscht, der die spezifischen Abbau-Fähigkeiten geeigneter Enzyme nutzt. So werden in der Natur Fette mit Hilfe von Lipasen und in Haaren vorkommendes Keratin mit Hilfe von Keratinasen abgebaut. Aufgrund des Mangels an kostengünstigen, technischen Keratinasen wurden haarabbauende Mikroorganismen auf einem mit Haaren gefüllten Netz in einem Pferdemisthaufen vermehrt und anschließend isoliert. [[17]].

Enzymatische Entfernung des Gelbstichs aus ergrauten Haaren In einem weiteren Projekt rund um Haare wurde daran geforscht, ob es mit Hilfe von spezifischen Enzymen möglich ist, den Gelbstich aus ergrauten Haaren zu entfernen. Hintergrund ist, dass bei manchen Menschen beim Ergrauen ihrer Haare ein Rest an Melanin-Pigment (Pheomelanin) in den Haaren zurückbleibt, was die Haare gelblich erscheinen lässt. Dieser Gelbstich ist selbst durch Anwendung von Bleichmitteln wie Wasserstoffperoxid oder Färbemitteln nicht vollständig zu entfernen. Zusätzlich greifen solche Produkte die Kopfhaut an [[18]], [[19]], [[20]]. Idee einer durch die Karl-Völker-Stiftung geförderten Machbarkeitsstudie (Nr. 017041001) war es, ein Enzym oder Enzymgemisch zu finden, das die gelben Pheomelanine abbauen kann, ohne dabei die Kopfhaut anzugreifen. Hierzu wurden Enzyme getestet, die bei anderen Anwendungen bereits Melanine entfärbt haben, zum Beispiel in der Textil- oder Lederindustrie. Auch ein Weißfäulepilz wurde kultiviert und seine Enzyme direkt dem Kulturmedium entnommen. Die Enzyme wurden zunächst auf synthetisches Melanin aufgetragen, dann direkt auf Haarproben. Es konnten leichte, optisch allerdings kaum wahrnehmbare, Entfärbungen gemessen werden. Ideen zur Optimierung des Ansatzes sollen zu einem geeigneten Zeitpunkt weiterverfolgt werden [[21]].

Enzymatischer Reiniger für Polierpastenrückstände Als drittes enzymbasiertes Thema soll hier ein Industrie-Projekt genannt werden, bei dem erfolgreich ein enzymatischer Reiniger für Polierpastenrückstände entwickelt wurde. Das Polieren von Metalloberflächen bis hin zu Spiegelglanz erfolgt aus Umweltaspekten neuerdings oft mit Hilfe von Walnussschalengranulat [[22]], [[23]]. Bei einem Füllerhersteller bestand jedoch das Problem, dass nach dem Polieren bei 10% der Federn in den Nuten Polierpastenrückstände bestehend aus Fetten und dem eigentlichen Poliermittel zurückblieben, die aufwendig mit Zahnseide und Okular von Hand entfernt werden mussten, damit der Tintenfluss sichergestellt war. Am Institut stellte man sich daher die Frage, ob mit Hilfe eines bionischen Lösungsansatzes die manuelle Nachbearbeitung wirtschaftlich ersetzt werden könnte. Die Analogie sah man darin, dass Essensreste in Zahn-Zwischenräumen in der Nacht durch Enzyme im Speichel abgebaut und so mit dem Speichelfluss herausgespült werden. Auf den Anwendungsfall übertragen wurde daher nach Walnussholz abbauenden Enzymen gesucht. Diese findet man in Weiß- und Braunfäule-Pilzen, die sukzessive abgestorbene Walnussbäume zersetzen [[24]], [[25]]. Auf dieser Basis wurde ein Enzymgemisch entwickelt, das einerseits die klebende Wirkung der Polierpaste durch ein fettlösendes Enzym vermindern und andererseits die eingeklemmten Walnusspartikel soweit verkleinern kann, dass sie durch eine Flüssigkeitsbewegung im Ultraschallbad ausgetragen werden können. Das Verfahren wurde erfolgreich in die Produktion des Füllerherstellers integriert (Fehlerrate: 1 von 10.000) [[26]].

Nutzung mikrobieller Komplexbildner in der Metallbiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Metallbiologie befasst sich mit Mikroorganismen und ihren Wechselwirkungen mit Metallen. Hierzu nutzt man beispielsweise die von Mikroorganismen gebildeten Siderophore (natürliche Eisenchelatoren), die in der Lage sind, hoch spezifisch mit dreiwertigem Eisen Komplexe zu bilden. Diese Siderophore können durch spezielle, aerob wachsende Zellen aus nachwachsenden Rohstoffen in Fermentern produziert (s. beispielsweise ASA Spezialenzyme in Wolfenbüttel) und dann in Form einer Lösung oder in Pulverform zur Anwendung gebracht werden. Sie zeichnen sich durch einen milden pH-Wert aus, der dem der menschlichen Haut entspricht [[27]]. Als Ideengeber für die Nutzung dieser Siderophore diente dem Institutsleiter Prof. Dr. Kunz dabei das bei Eisenvergiftungen zum Einsatz kommende Medikament „Desferal®“, welches auf dem natürlichen Chelatbildner Desferrioxamin A zur Bindung der Eisenionen basiert. In verschiedenen Forschungsprojekten wurde am Institut der Einsatz von Produkten mikrobiellen Ursprungs als Alternative zu den bisher gängigen Verfahren im Bereich der Metallindustrie untersucht, um gefahrlosere Prozesse zu implementieren [[28]],[[29]].

Biologischer Entroster Durch Korrosionserscheinungen entstehen der Weltwirtschaft im Jahr Kosten und Verluste in Milliardenhöhe [[30]]. Herkömmliche chemische Entrostungsverfahren basieren meist auf Mineralsäuren, wie Phosphor-, Salz- oder Schwefelsäure in Kombination mit Fettlösern und Korrosionsinhibitoren. Diese aggressiven Lösungen greifen jedoch nicht nur die verrosteten Metalloberflächen, sondern aufgrund von Ausgasung auch die Gesundheit der involvierten Arbeitskräfte und in der Umgebung befindliche Betriebsmittel an. Bei der Entsorgung der Bäder treten zusätzlich Umweltbelastungen auf. Umweltfreundlichere Entroster nutzen natürliche Säuren wie Zitronensäure. Diese Naturprodukte benötigen zum Entrosten deutlich mehr Zeit [31]]. Daher wurde am IBV ein „Biologische Entroster“ auf Basis von Siderophoren entwickelt, der Bauteile genauso schnell und effektiv im pH-neutralen Bereich entrostet wie ein Säurebad, aber nicht toxisch ist und einfach in die Kanalisation geleitet werden darf, da er zu 100% biologisch abbaubar ist. Die Gefahr eines Grundmetallabtrages ist gering, da nur Eisen(lIl)-lonen gebunden werden. Im Vergleich zum Sandstrahlen ließen sich in einem Referenzfall die Kosten um 50% verringern. Der „Biologische Entroster“ erfüllt somit alle Kriterien an ein nachhaltiges Produkt. Er ist als Rost-Ex Gel von Würth erhältlich. Die Einsatzfelder für biologische Entrostungsverfahren sind vielfältig, unter anderem im Brückenbau, in der KFZ-Industrie oder auch im Schienenverkehr [[32]].

Entfernung von Anlauffarben Die mikrobiellen Komplexbildner können aber nicht nur zur Entfernung von Rost, sondern auch zum Entfernen von Anlauffarben bei Edelstählen genutzt werden, wie in einer Forschungsarbeit am Institut für Biologische Verfahrenstechnik gezeigt werden konnte. Die charakteristischen Verfärbungen entstehen bei der Erwärmung von Stahl zur Warmformgebung (Walzen), der Wärmebehandlung (Härten) oder beim Schweißen von nicht-rostenden Stählen durch die Bildung von Oxid- bzw. Sulfid-Schichten und müssen vor der Weiterverarbeitung wieder entfernt werden, was bei herkömmlichen Verfahren üblicherweise mit Beizmitteln aus einem Gemisch aus Flusssäure und Salpeter- oder Schwefelsäure geschieht. Auch diese hoch konzentrierten Säuren mit ihren extrem niedrigen pH-Werten sind für Mitarbeiter gefährlich (insbesondere hohe Säurekonzentrationen in der Atemluft) und verursachen hohe Entsorgungskosten, da die Beizen trotz Kreislaufführung mit der Zeit erschöpfen und mit großen Mengen starker Laugen neutralisiert werden müssen [[33]]. Mit dem am Institut entwickelten Beizmittel auf Basis von Siderophoren konnte ein natürliches Produkt formuliert werden, mit dem sich Anlauffarben umweltschonend und nachhaltig entfernen lassen.

Substitution von Beizsäure beim Glanzbeizen von Aluminium Als weiteren Anwendungsfall wurde in einer durch die Karl-Völker-Stiftung geförderten Machbarkeitsstudie das Beizen von Aluminium untersucht, da Werkstücke aus Aluminium dazu neigen, sich bei Anwesenheit von geringen Mengen Sauerstoff rasch mit einer Aluminiumoxidschicht zu überziehen. Für viele Anwendungen in der Industrie (beispielsweise beim Löten oder auch bei der Oberflächenbeschichtung) [[34]] stört diese Oxidschicht, da sie zu einer verminderten Haftfähigkeit führt [[35]], weshalb die Entfernung der Aluminiumoxidschicht seit langem ein wichtiger Bestandteil der Vorbehandlung von Aluminiumwerkstücken ist, die überwiegend mit hoch-toxischen Säuren (u. A. Flusssäure und Chromsäure) geschieht [[36]]. Da die Säuren schwierig zu lagern, zu transportieren und zu entsorgen sind [[37]] wurde die Anwendbarkeit natürlicher Chelatoren zur Entfernung von Aluminiumoxid von Aluminiumblechen am Institut untersucht. Nach der Generierung künstlicher Oxidschichten wurden die Bleche mit diversen Siderophorlösungen gebeizt. Der Nachweis der Entfernung der Oxidschichten erfolgte mit Hilfe von Galvanal®, eine Lösung, die zur Aktivierung von Aluminiumoberflächen eingesetzt wird und sich in der Abscheidung einer gräulichen, matten Zinkatschicht äußert, welche mittels einer Reflektionsmessung nachgewiesen werden konnte. Es konnte gezeigt werden, dass natürliche Chelatoren eine umweltfreundlichere Alternative zur Entfernung von Aluminiumoxidschichten darstellen [[38]].

Manganentfernung in der Zellstoffindustrie Auch für einen Anwendungsfall in der Papierindustrie verfolgt das Institut aktuell ein völlig neuartiges Konzept auf Basis von Siderophoren. So stellt Mangan beim Zellstoff-Bleichprozess in der Papierindustrie ein Problem dar. Um das Lignin von der erhaltenen Rohpulpe vollständig zu entfernen, wird mit oxidierenden Chemikalien wie Sauerstoff, Ozon, Wasserstoffperoxid und/oder Persäuren gebleicht. Diese Chemikalien katalysieren die Zersetzung der Kohlenhydrate, wodurch der Verbrauch der Bleichchemikalie erhöht und die Qualität des Zellstoffs verschlechtert wird. Überdies bewirken sie eine Nachdunklung des Zellstoffs. Um diese Problematik zu mindern, werden herkömmlich Komplexbildner wie die umweltkritische Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) verwendet [[39]]. Dieses ist jedoch schwer wieder aus den Abwässern entfernbar, hoch stabil und toxisch. Die Verwendung von EDTA soll, wo immer es technisch geht, drastisch reduziert werden, um die Gewässer zu entlasten [[40]]. Im Rahmen einer des „Ideenwettbewerbs Biotechnologie – Von der Natur lernen“ des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg geförderten Machbarkeitsstudie konnte gezeigt werden, dass es prinzipiell möglich ist, Mangan aus dem Zellstoff mit Hilfe des umweltfreundlicheren Siderophors Desferrioxamin B oder E zu entfernen. Weitere Untersuchungen diesbezüglich sind geplant [[41]].

Nutzung natürlicher Funktionsprinzipien mittels molekularer Bionik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bionik, eine Symbiose aus Biologie und Technik, nutzt die Tatsache, dass die Natur für alltägliche Herausforderungen wie Energie- und Ressourceneffizienz, Abbaubarkeit, Transport und Verpackung - um nur einige zu nennen - in Milliarden von Jahren durch Evolution aufgrund von Konkurrenzdruck unzählige Lösungsstrategien zur Anpassung an jeden verfügbaren und noch so unwirklichen Lebensraum entwickelt hat. Bioniker lassen sich von diesem schier grenzenlosen Pool an natürlichen Funktionsprinzipien bei der kreativen Lösung technischer Probleme inspirieren. Ziel ist es, durch Abstraktion, Übertragung und Anwendung von Erkenntnissen, die an biologischen Vorbildern gewonnen werden, technische Fragestellungen zu lösen [[42]], [[43]].

Substitution von Kunststofffolien durch Schutzfolien auf Basis von Kollagen Beim Transport vom Hersteller zum Händler werden Neufahrzeuge oftmals zum Schutz vor Funkenflug von Oberleitungen, Steinschlag, Vogelkot, sauren Regen oder Streusalz mit Folien aufwendig und kostenintensiv (rund 30 Euro pro Fahrzeug! [[44]]) von Hand beklebt. Die Folien schützen überdies nur begrenzte Bereiche des Autos und müssen später wieder von Hand abgelöst werden. Dabei entstehen Jahr für Jahr enorme Mengen (1-1,4 kg/Auto [[45]]) an Kunststoffabfall. Aufgrund der schlechten/fehlenden Abbaubarkeit mineralölbasierender Kunststoffe sowie der Verknappung der Erdölressourcen gewinnen Folien aus nachwachsenden Rohstoffen eine immer größere Bedeutung [[46]]. Zur Substitution der Kunststoff-Schutzfolien wurde ein bionisch inspirierter Lösungsansatz verfolgt, der sich an der natürlichen Schutzfunktion der Haut orientierte. Künstlich hergestellte „Häute“ findet man beispielsweise bei Wurstwaren in Form von durch Extrusion aus Kollagenmassen hergestellten Därmen. Im Rahmen eines durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt DBU geförderten Projektes mit dem Titel „Biologisch abbaubare Schutzfolien zum Schutz von unlackierten und lackierten Oberflächen“ (Aktenzeichen 26438-31) wurde ein sprühbarer, biologisch abbaubarer Überzug aus den zähen Kollagenmassen unter Zugabe von Additiven entwickelt, mit dem es möglich ist, Oberflächen vor Umwelteinflüssen zu schützen. Im Bereich der Fahrzeug-Konservierung können die Kollagenfolien aufgrund der hohen Anforderungen hinsichtlich der Witterungsbeständigkeit jedoch nicht ohne Weiterentwicklung eingesetzt werden [[47]]. Dennoch bieten die hergestellten Folien viele interessante Vorteile wie die Abwaschbarkeit mit warmen, enzymhaltigen Waschlösungen. Als Nebenprodukt der Lederproduktion ist Kollagen gut verfügbar, steht nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und ist überdies für die Nahrungsmittelindustrie zugelassen [Yamada, 1995]. Im Rahmen des Projektes wurde eine Dissertation angefertigt, die mit dem Internationalen Hochschulpreis der Stiftung für nachwachsende Rohstoffe gewürdigt wurde [[48]].

Naturidentischere künstlich hergestellte Wurstdärme Bisher hatten künstlich aus Kollagen hergestellte Wurstdärme nicht die gleichen sensorischen Eigenschaften wir Naturdärme; ihnen fehlte beispielsweise das typische „Knack-Geräusch“ das sich beim Reinbeißen in ein Wienerwürstchen in einem Naturdarm ergibt. Grund hierfür waren die deutlich höheren Wandstärken der künstlich hergestellten Wurstdärme, die sich u. A. durch knäuelartige, Anlagerungen der Kollagenfasern in den Massen ergaben, die zu Därmen und Hüllen extrudiert werden, während im Naturdarm die Fasern sehr gleichmäßig und parallel angeordnet sind, wie eigene Untersuchengen zeigten. In einem durch das BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) geförderten Projekt mit dem Titel “Biotechnologische Prozessentwicklung für neuartige Membranen auf Basis Kollagen“, Förderkennzeichen 031A 202C wurde in Zusammenarbeit mit NATURIN Viscofan GmbH, N-ZYME BioTec GmbH und ASA Spezialenzyme GmbH ein enzymatischer Prozessschritt eingefügt, mit dem es gelang die Kollagenmakrofibrillen der Länge nach aufzufasern und so nach dem Vorbild des Naturdarms Wursthüllen mit bis zu 30% geringeren Wandstärken und sehr guten sensorischen Eigenschaften sowie einer guten Reißfestigkeit herzustellen. Überdies können durch Substitution des chemischen Aufschlusses Chemikalien und Rohstoffe eingespart werden. Am IBV wurde hierzu eine Analysemethode zur Beurteilung der Faserverteilung und Faserdicken in den Massen zur Bewertung des enzymatischen Kollagenfaseraufschlusses entwickelt [[49]].

Nutzung pflanzlicher Inhaltsstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pflanzen haben eine Vielzahl an Schutzmechanismen entwickelt, mit denen sie sich in der Natur selektive Vorteile verschaffen. Offensichtliche Beispiele sind Stacheln, die Fressfeinde abhalten, weniger offensichtlich wiederum verschiedene Gifte oder eben auch sekundäre Pflanzenstoffe, die vor Verderb durch Mikroorganismenbefall schützen können. Ziel verschiedener Projekte des Instituts ist, dieses Naturwissen in technische Prozesse oder Anwendungen zu implementieren und Extrakte aus Pflanzen oder auch Pflanzenteile z.B. als antimikrobielle Zusätze zu technischen Flüssigkeiten zu nutzen [[50]]. Nachhaltiges Ersetzen von Bioziden kann in diesem Bereich einerseits die Abwasserbelastung signifikant reduzieren, andererseits die Mitarbeiter vor deren Exposition schützen.

Wasserkonservierung mittels antimikrobieller Pflanzenstoffe Aktuell beschäftigt sich die Arbeitsgruppe des Instituts mit dem Einsatz antimikrobieller Naturstoffe zur Konservierung von Trinkwasser. In ersten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Extrakte ausgewählter Wurzeln, Baumrinden und Blüten dazu geeignet waren, sowohl gram-positive als auch gram-negative Keime im Wachstum zu hemmen, wie mit Hemmhoftests [[51]]. Natürliche antimikrobielle Substanzen für den Einsatz in Falt-Kanistern zur Wasserkonservierung in einem Notfall-Wasserkoffer. Projektarbeit Hochschule Darmstadt];[[52]] ebenso wie durch Wachstumsversuche in Müller-Hinton-Medium [[53]] belegt werden konnte. Weitere Untersuchungen folgen. Wässrige Extrakte von Eichenholzschnitzeln z.B. wiesen gegenüber Pseudomonas oleovorans eine Minimale Hemmkonzentration MHK von 0,14 mg/mL, gegenüber Acinetobacter sp. von 1,14 mg/mL auf [[54]].

Biologisches Entlacken Für das Entlacken fehllackierter Bleche aber auch von Aufhängungen von Warenträgern in konventionellen Durchlauf-Lackieranlagen kamen bisher aggressive Chemikalien zum Einsatz [[55]]. Die Idee zur Entwicklung eines biologischen Entlackers basierte auf der Beobachtung, dass Vogelkot, aber auch pflanzliche Sekrete den Lack von unter Bäumen geparkten Automobilen angreifen können. Als ursächlich wurden in den Pflanzen enthaltene Gerbstoffe und Gerbsäuren angesehen. Daher wurden die Wirkung von aus Eichenrinde extrahierten Gerbstoffen sowie von kommerziell erhältlichem Tannin bzw. Epicatechingallat untersucht. In ersten Untersuchungen konnte das Potential von Tanninen gezeigt werden [[56]].

Adresse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Institut für Biologische Verfahrenstechnik Hochschule Mannheim

Paul-Wittsack-Straße 10 D-68163 Mannheim

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

http://www.ibv.hs-mannheim.de/

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