Institut für Biologische Verfahrenstechnik

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Institut für Biologische Verfahrenstechnik

Leitung

Geschichte

Forschungsthemen im Bereich Nachhaltigkeit / Bionik

Nutzung von spezifischen Stoffwechselleistungen

Ein beträchtlicher Teil der oft hoch spezifischen Abbau- und Syntheseleistungen von (mikrobieller) Biomasse wird heutzutage u. A. in der Abwasserreinigung, der Futter- und Lebensmittelherstellung sowie bei der Energiegewinnung genutzt. Aber auch vom Menschen nicht genutzte mikrobielle Biomasse hat eine wichtige Funktion, nämlich im natürlichen Stoffkreislauf des Ökosystems. Am Institut für Biologische Verfahrenstechnik IBV wurden darüber hinaus gehende Ansätze zur technischen Nutzung von (mikrobieller) Biomasse erforscht.

Biologische Abgasreinigung („Biosorber“)

In Anlagen, in denen z.B. mit Lösungsmitteln gearbeitet wird, muss sichergestellt werden, dass die Abluft verlässlich die vorgegebenen Grenzwerte unterschreitet. Zu diesem Zweck wurde am IBV ein neuartiges, biologisches Abgasreinigungsprinzip („Biosorber“) entwickelt, das die bekannte Technik von „Biofiltern“ basierend auf einem organischen Trägermaterial mit der der Abgaswäsche kombiniert. Hierzu wurden kugelförmige Trägermaterialien mit einem synthetischen Minimal-Nähragarsubstrat beschichtet, auf dem die schadstoffabbauenden Mikroorganismen im Abluftstrom wachsen. Die Schüttung aus diesen bewachsenen Füllkörpern bietet durch ihre große Oberfläche einen optimalen Stoffübergang beim Durchströmen mit der zu reinigenden Abluft und kann von Zeit zu Zeit befeuchtet werden. Schadstoffrückstände können bei Bedarf ausgewaschen und als Konzentrat in geringem Volumen entsorgt werden. Übliche Nachteile herkömmlicher Biofilter wie Verstopfungen, örtliche Austrocknungserscheinungen bzw. Gradientenbildung können durch ein periodisches Bewegen/Umwälzen der bewachsenen Füllkörper vermieden werden. Untersuchungen zum Abbau eines lösungsmittelhaltigen Abgasstroms ergaben, dass mit Hilfe des Biosorbers bei einer Raumbelastung von 67 m³ Rohgasstrom/m³ Reaktorvolumen und Stunde mit einer Rohgaskonzentration von 600 mg/m³ die Grenzwerte der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) eingehalten wurden [Kunz et al., 1994].

Waschen mit Mikroorganismen

Fermentativ gewonnene, mikrobielle Enzyme und Tenside sind bereits seit langem Bestandteile vieler Waschmittel, um deren Reinigungsleistung zu erhöhen [Hoogerheide, 1968]. Es gibt aber spezielle Flecken (Anschmutzungen), die beim Waschen „einfach nicht rausgehen“, wie die Hausfrau zu sagen pflegt, Tomatensoße oder Curry, um Beispiele zu nennen. In der Natur findet man Organismen, die die typischen, farbgebenden Substanzen der Flecken, wie Carotinoide, Lycopine oder Curcumin, als Nahrungssubstrat nutzen. Es stellte sich daher die Frage, ob mit Mikroorganismen direkt Wascherfolge erzielt werden können, wenn solche Mikroorgansimen-Populationen dem Waschprozess zugegeben werden. Dadurch könnten vorgeschaltete Aufarbeitungen zur Gewinnung von Enzymen und deren Aufreinigung eingespart und damit der Waschprozess nachhaltiger gestaltet werden. Daher wurden Anschmutzungen ausgewählt, diese künstlich hergestellt und Mikroorganismen-Mischkulturen auf den entsprechenden Substraten angezüchtet sowie weitere Organismen basierend auf Rechercheergebnissen zugesetzt. Die Fleckentfernung von Standard-Anschmutzungen auf Baumwollgewebe wurde sowohl im flüssigen Medium als auch in Form eines Pastenwaschtests mittels L*a*b*-Farbwerten entsprechend dem Hunter Lab-Farbraum beurteilt. Insbesondere beim direkten Einsatz der Organismen-Mischkulturen auf dem Gewebe (Waschpaste), konnte bei einigen Anschmutzungen eine deutliche Aufhellung im Vergleich mit reinem Detergenz als Referenz festgestellt werden.

Biologisches Enthärten mit Muscheln

Bei der Verwendung von Wasser in Kühlkreisläufen kommt es aufgrund der Wasserhärte immer wieder zur Ausbildung von Ablagerungen von Calciumcarbonat auf Wärmeübertragungsflächen. Neben einer deutlichen Verschlechterung des Wärmeübergangs und damit einhergehend höheren Energiekosten bieten Ablagerungen zudem eine Angriffsfläche zur Ausbildung von Biofilmen [Weißenburger, 2004]. Idee des Institutsleiters war es, diesem Problem nachhaltig und ohne Chemikalieneinsatz entgegenzuwirken durch Biomineralisation, indem Kalkalgen und/oder Muscheln eingesetzt werden. Hauptbestandteil der Muschelschale ist Calciumcarbonat [Groß, 2016]. Ein Wachstum von Muscheln im Kühlkreislauf kann dem Wasser auf natürliche Weise den Kalk entziehen und damit die Wasserhärte herabsetzen, auch ohne Einsatz von chemischen Enthärtungsmethoden. Vorteilhaft ist weiterhin, dass die Muscheln das Wasser von Schwebepartikeln reinigen und Verschmutzungen der Rohrleitungen im Kühlkreislaufsystem so minimiert werden können. Erste Untersuchungen zeigten, dass sowohl mit der Goldenen Körbchenmuschel als auch mit der Teichmuschel die Wasserhärte in einem Beobachtungszeitraum von 30 Tagen reduziert werden konnte.

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