Tabak: Unterschied zwischen den Versionen

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Bevor das Land Baden Vorschriften für die Größe und Belüftung der Arbeitsräume in den Zigarrenfabriken erließ, waren gesundheitliche Beeinträchtigungen der Arbeiter und Arbeiterinnen an der Tagesordnung. Die Gewerbeinspektoren, die erst ab etwas 1880 zur Überwachung der Zustände in den Fabriken eingesetzt wurden, stellten fest, dass Krankheiten der Atemwege, Blutarmut, Schäden an den Verdauungsorganen und Hautleiden häufig waren, auch Tuberkulose trat vermehrt auf. Der immer vorhandene Tabakdunst und Tabakstaub führte häufig zu einer chronischen Nikotinvergiftung mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Herzklopfen, Sehstörungen und Zittern. <ref>Barkuti, S. 59</ref>
Bevor das Land Baden Vorschriften für die Größe und Belüftung der Arbeitsräume in den Zigarrenfabriken erließ, waren gesundheitliche Beeinträchtigungen der Arbeiter und Arbeiterinnen an der Tagesordnung. Die Gewerbeinspektoren, die erst ab etwas 1880 zur Überwachung der Zustände in den Fabriken eingesetzt wurden, stellten fest, dass Krankheiten der Atemwege, Blutarmut, Schäden an den Verdauungsorganen und Hautleiden häufig waren, auch Tuberkulose trat vermehrt auf. Der immer vorhandene Tabakdunst und Tabakstaub führte häufig zu einer chronischen Nikotinvergiftung mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Herzklopfen, Sehstörungen und Zittern. <ref>Barkuti, S. 59</ref>
Die Berichte der Inspektoren hatten zur Folge, dass Vorschriften zur Größe und Belüftung der Arbeitsräume erlassen wurden, die sogar im badischen Raum vorbildlich befolgt worden sein sollen.
Die Reichsgewerbeordnung von 1891 setzte die Höchstdauer der Arbeitszeiten fest mit 11 Stunden werktags und zehn Stunden samstags. 1908 kam es zu einer weiteren Verkürzung des Arbeitstages mit 10 Stunden werktags und 8 stunden am Samstag, damit war die 58-Stunden-Woche eingeführt.
Wenn Frauen wegen der Versorgung kleinerer Kinder nicht in der Fabrik arbeiten konnten, übernahmen sie nach Möglichkeit Heimarbeit, die allerdings wesentlich schlechter bezahlt wurde. Das ganze Leben einschließlich Kochen, Essen, Schlafen und Arbeiten spielte sich dann in einem Raum ab. Im Tabakmuseum Hockenheim ist die Situation dargestellt.


== Tabakmuseen ==
== Tabakmuseen ==

Version vom 26. Januar 2016, 22:06 Uhr

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Der Anbau und die Verarbeitung von Tabak hat in den vergangenen Jahrhunderten eine wichtige Rolle gespielt, ganze Dörfer und Städte wurden hiervon geprägt. In zahlreichen Gemeinden sieht man noch die großen Scheunen, in denen einst die Tabakblätter zum Trocknen aufgehängt waren.

Tabakanbau

Der Tabakanbau war eine Sonderkultur, in unserer Region vor allem in der Oberrheinischen Tiefebene sowwie in der südlichen Pfalz. Es handelt sich um eine sehr arbeitsintensive, für lange Zeit aber auch besonders lukrative Kultur.

Der Tabakanbau benötigt einen sandigen Boden und besondere klimatische Bedingungen, in unserer Region sind nur die südliche Pfalz und die sandigen Böden der früheren Kurpfalz geeignet, in den Nachbarregionen hat relevanter Anbau im alten Baden stattgefunden.

Deutschlands älteste Tabakanbaugemeinde soll Hatzenbühl in der südlichen Pfalz sein, jedenfalls soll Pfarrer Anselmann 1573 in seinem Garten zum ersten Mal in Deutschland Tabakpflanzen gezogen haben. Ob er allerdings den Tabak als Zier- oder Heilpflanze betrachtete, letzteres propagierte in Frankreich der Arzt Nicot, in Augsburg der Arzt Adolf Occo, ist unbekannt. Wirtschaftliche Relevanz bekam der Tabakanbau auch dort erst im 18. Jahrhundert.

Zum Ende des 16. Jahrhunderts wurden Anbauversuche in Deutschland in größerem Ausmaß in der Kurpfalz unter Pfalzgraf Friedrich IV. durchgeführt. Dokumentarisch ist aus der Frühzeit des Tabakanbaus nur wenig belegt, man nimmt an, dass nach und nach die Bauern in Baden, der Kurpfalz und der Südpfalz begannen, sich für den Anbau von Tabak zu interessieren. Hintergrund dafür war auch die Tatsache, dass in unserer Region aufgrund der Realteilung die landwirtschaftlichen Flächen im allgemeinen zu klein waren, um eine Familie zu ernähren, bei Tabakanbau reichten sie jedoch aus, allerdings auch um den Preis, dass auch die Frauen und Kinder der Tabakbauern mithelfen mussten.

Beispiele für Tabakanbaugemeinden:

Für Hockenheim ist die erste schriftliche Erwähnung von Tabakanbau in relevantem Umfang für das Jahr 1728 zu verzeichnen. Weitere Aufzeichnungen datieren dann allerdings erst wieder aus dem Jahr 1865 im Zusammenhang mit Ernteergebnissen. Damit wird auch deutlich, wie dürftig die geschriebene Geschichte auf dem Gebiet des Tabakanbaus ist. Zuletzt hatte Plankstadt den Ruf des größten Anbaugebietes in Deutschland.

Im Lauf der letzten Jahrzehnte wurde der Tabakanbau zunehmend unwirtschaftlich. Um die etwa 500.000 Arbeitsplätze im europäischen Tabakanbau zu erhalten, wendete die EU jährlich etwa eine Milliarde Euro auf. Im Zuge dieser Entwicklung kamen drei Viertel der Erlöse der Tabakbauern in unserer Region aus EU-Subventionen![1]

Verarbeitung von Tabak

1666 gab es in Mannheim bereits Schnupf- und Kautabakgeschäfte, die von eingewanderten Hugenotten betrieben wurden. Allmählich setzte sich jedoch der Konsum von Zigarren durch. Die erste reine Zigarrenfabrik in Baden eröffnete Freiherr Ludwig von Bilderbeck 1802 in Mannheim. Mannheim war lange Zeit das Zentrum der süddeutschen Zigarrenindustrie.

Auf der Suche nach billigen Arbeitskräften wanderte die Zigarrenindustrie ab der Mitte des 19. Jahrhunderts von den Städten in ländliche Gebiete. Die erste ländliche Zigarrenfabrik entstand in Sandhausen.

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg war die Zigarrenindustrie der wichtigste Industriezweig Badens. Im Jahr 1913 gab es in Baden 843 Zigarrenfabriken mit 40.000 Arbeiterinnen und Arbeitern. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Weltkrieg dann noch einmal beträchtlich an, da das Militär Großabnehmer wurde; der Tabakkonsum diente als "Beruhigungsmittel" für die Soldaten. [2]

Die zahlreiche ländliche Bevölkerung in Baden und der Pfalz, die sich auf den infolge der Realteilung zu kleinen Ackerflächen nicht ausreichend ernähren konnten, bildete eine große "Reservearmee" von billigen Arbeitskräften, so dass sich die Unternehmer ungehemmt bedienen konnten. Insbesondere gehörten dazu auch Frauen und Jugendliche. Der Anteil der Frauen an den Beschäftigten in der Zigarrenindustrie betrug schon 1860 über 50 Prozent, der Anteil steigerte sich noch auf fast 70 Prozent im Jahre 1890 und erreichte 80 Prozent im Jahr 1912 und kletterte im Ersten Weltkrieg auf über 90 Prozent.[3]

Gesundheitliche und soziale Probleme

Bevor das Land Baden Vorschriften für die Größe und Belüftung der Arbeitsräume in den Zigarrenfabriken erließ, waren gesundheitliche Beeinträchtigungen der Arbeiter und Arbeiterinnen an der Tagesordnung. Die Gewerbeinspektoren, die erst ab etwas 1880 zur Überwachung der Zustände in den Fabriken eingesetzt wurden, stellten fest, dass Krankheiten der Atemwege, Blutarmut, Schäden an den Verdauungsorganen und Hautleiden häufig waren, auch Tuberkulose trat vermehrt auf. Der immer vorhandene Tabakdunst und Tabakstaub führte häufig zu einer chronischen Nikotinvergiftung mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Herzklopfen, Sehstörungen und Zittern. [4] Die Berichte der Inspektoren hatten zur Folge, dass Vorschriften zur Größe und Belüftung der Arbeitsräume erlassen wurden, die sogar im badischen Raum vorbildlich befolgt worden sein sollen.

Die Reichsgewerbeordnung von 1891 setzte die Höchstdauer der Arbeitszeiten fest mit 11 Stunden werktags und zehn Stunden samstags. 1908 kam es zu einer weiteren Verkürzung des Arbeitstages mit 10 Stunden werktags und 8 stunden am Samstag, damit war die 58-Stunden-Woche eingeführt.

Wenn Frauen wegen der Versorgung kleinerer Kinder nicht in der Fabrik arbeiten konnten, übernahmen sie nach Möglichkeit Heimarbeit, die allerdings wesentlich schlechter bezahlt wurde. Das ganze Leben einschließlich Kochen, Essen, Schlafen und Arbeiten spielte sich dann in einem Raum ab. Im Tabakmuseum Hockenheim ist die Situation dargestellt.

Tabakmuseen

Einzelnachweise

  1. Bankuti, Tabak in der Kurpfalz, S. 46
  2. Zahlen aus Bankuti, Tabak in der Kurpfalz, S. 54
  3. Barkuti, S. 55
  4. Barkuti, S. 59

Literatur

  • Franz A. Barkuti, Tabak in der Kurpfalz, Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher, Heidelberg, Neustadt a.d.W., Basel 2011, ISBN 978-3-89735-668-9

Weblinks