Bearbeiten von „Christian Stock“
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'''Christian Stock''' (geboren am 28. August 1884 in [[Darmstadt]], gestorben am 13. April 1967 in Seeheim/Bergstraße) war Tabakarbeiter, Gewerkschafter, Arbeitersekretär (in [[Heidelberg]]) und sozialdemokratischer Politiker. | '''Christian Stock''' (geboren am 28. August 1884 in [[Darmstadt]], gestorben am 13. April 1967 in Seeheim/Bergstraße) war Tabakarbeiter, Gewerkschafter, Arbeitersekretär (in [[Heidelberg]]) und sozialdemokratischer Politiker. | ||
== Leben und Wirken == | == Leben und Wirken == | ||
Die Mutter Maria Magdalena Reß aus Kenzingen in Oberbaden war verheiratet, lebte aber von ihrem Ehemann schon seit 1881 getrennt, sie lebte nun "in wilder Ehe" mit dem Zigarrenmacher Jakob Stock, aus dieser Verbindung stammte Christian Stock. Der Vater Jakob Stock stammte aus einer Kleinbauernfamilie in der Nähe von Bad Orb. Nach der Eheschließung der Eltern erhielt auch der Sohn den Familiennamen des Vaters. | |||
Christian Stock wurde katholisch getauft und trat später, anders als viele Sozialdemokraten seiner Zeit, nicht aus der Kirche aus. | Christian Stock wurde katholisch getauft und trat später nicht, anders als viele Sozialdemokraten seiner Zeit, nicht aus der Kirche aus. | ||
Nachdem der Vater in Pfungstadt Arbeit gefunden und geheiratet hatte und dort ansässig geworden war, kehrte der junge Christian, der bis dahin bei Verwandten in Hanau gelebt hatte, zum Vater zurück. Da der Vater häufig die Arbeitsstelle und damit oft auch den Wohnort wechseln musste, hatte dieses unstete Leben auch bei Christian häufigen Schulwechsel zur Folge, er besuchte Volksschulen in Darmstadt, Hanau, Lorsch und Pfungstadt. Sein Vorschlag, nach den acht Jahren Volksschule eine weiterbildende Schule besuchen zu dürfen, wurde von den Eltern abgelehnt, da die finanziellen Mittel dafür nicht ausreichten. Vielmehr musste Cristian Stock selbst zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, zu der inzwischen 12 Kinder gehörten. | Nachdem der Vater in Pfungstadt Arbeit gefunden und geheiratet hatte und dort ansässig geworden war, kehrte der junge Christian, der bis dahin bei Verwandten in Hanau gelebt hatte, zum Vater zurück. Da der Vater häufig die Arbeitsstelle und damit oft auch den Wohnort wechseln musste, hatte dieses unstete Leben auch bei Christian häufigen Schulwechsel zur Folge, er besuchte Volksschulen in Darmstadt, Hanau, Lorsch und Pfungstadt. Sein Vorschlag, nach den acht Jahren Volksschule eine weiterbildende Schule besuchen zu dürfen, wurde von den Eltern abgelehnt, da die finanziellen Mittel dafür nicht ausreichten. Vielmehr musste Cristian Stock selbst zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, zu der inzwischen 12 Kinder gehörten. | ||
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Im April 1898 begann Stock im Alter von 13 Jahren eine Lehre als Zigarrenmacher beim Pfungstädter Unternehmen ''Max Freund''. Die Zigarrenfabrik Max Freund beschäftigte später (1910) allein in Pfungstadt 120 Arbeiter, 55 weitere in einer Filiale in Griesheim. Neben der Lehre besuchte Stock drei Jahre lang eine Fortbildungsschule. Nachdem er die Lehre 1901 abgeschlossen hatte, arbeitete er auch weiterhin in dieser Fabrik (mit Ausnahme von zwei Unterbrechungen - Arbeit im Bauhandwerk und in einer Zündholzfabrik). Die älteren Arbeiter in diesem Unternehmen führten Christian Stock an die Arbeiterbewegung heran. Auch das Vorbild des Vaters, der gewerkschaftlich organisiert war und in der [[Arbeiterbewegung]] am Ort eine führende Rolle spielte, beeinflusste ihn. | Im April 1898 begann Stock im Alter von 13 Jahren eine Lehre als Zigarrenmacher beim Pfungstädter Unternehmen ''Max Freund''. Die Zigarrenfabrik Max Freund beschäftigte später (1910) allein in Pfungstadt 120 Arbeiter, 55 weitere in einer Filiale in Griesheim. Neben der Lehre besuchte Stock drei Jahre lang eine Fortbildungsschule. Nachdem er die Lehre 1901 abgeschlossen hatte, arbeitete er auch weiterhin in dieser Fabrik (mit Ausnahme von zwei Unterbrechungen - Arbeit im Bauhandwerk und in einer Zündholzfabrik). Die älteren Arbeiter in diesem Unternehmen führten Christian Stock an die Arbeiterbewegung heran. Auch das Vorbild des Vaters, der gewerkschaftlich organisiert war und in der [[Arbeiterbewegung]] am Ort eine führende Rolle spielte, beeinflusste ihn. | ||
=== | === gewerkschaftliche und politische Tätigkeit === | ||
1901 trat Stock dem [[Deutscher Tabakarbeiter-Verband|Tabakarbeiter-Verband]] bei, 1902 der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]. Er trat schon bald als sozialdemokratischer Agitator hervor.<ref><small>Mühlhausen , ''Christian Stock'', Seite 21</small></ref> | 1901 trat Stock dem [[Deutscher Tabakarbeiter-Verband|Tabakarbeiter-Verband]] bei, 1902 der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]. Er trat schon bald als sozialdemokratischer Agitator hervor.<ref><small>Mühlhausen , ''Christian Stock'', Seite 21</small></ref> | ||
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Der Gau Heidelberg umfasste den gesamten nordbadischen Raum einschließlich Bruchsl, die damals noch zu Bayern gehörende Pfalz und vier Kreise des Großherzogtums Hessen (Bensheim, Darmstadt, Erbach und Heppenheim). | Der Gau Heidelberg umfasste den gesamten nordbadischen Raum einschließlich Bruchsl, die damals noch zu Bayern gehörende Pfalz und vier Kreise des Großherzogtums Hessen (Bensheim, Darmstadt, Erbach und Heppenheim). | ||
Infolge der Erhöhung der Tabaksteuer (Tabaksteuergesetz von 1909, Reichsgesetzblatt 1909, Nr. 40 vom 20. Juli 1909) bevorzugten die Kunden billigere Tabake für Zigarren oder wechselten sogar zur Zigarette. Dadurch geriet die Zigarren-Industrie in eine schwere wirtschaftliche Krise. Die Folge war, dass die Arbeiter oft für mehrere Wochen nicht beschäftigt und somit ohne Lohn | Infolge der Erhöhung der Tabaksteuer (Tabaksteuergesetz von 1909, Reichsgesetzblatt 1909, Nr. 40 vom 20. Juli 1909) bevorzugten die Kunden billigere Tabake für Zigarren oder wechselten sogar zur Zigarette. Dadurch geriet die Zigarren-Industrie in eine schwere wirtschaftliche Krise. Die Folge war, dass die Arbeiter oft für mehrere Wochen nicht beschäftigt waren und somit ohne Lohn. Stock unterstützte die Belegschaft der Zigarrenfabrik Freund ab September 1912 bei einem elf Wochen dauernden Streik, der mit einer Übereinkunft mit dem Unternehmer beendet wurde, die aber von diesem nicht eingehalten wurde. Der Zigarrenarbeiter-Verband war durch die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung finanziell so belastet, dass er weitere Arbeitskämpfe in größerem Umfang nicht führen konnte. Um so wichtiger wurde die Mitgliederwerbung, die Stock intensiv in Form von Hausbesuchen und Betriebsversammlungen betrieb. | ||
In der Zeit als Leiter des Gaus befasste sich Stock mit Fragen der Entlohnung der Tabakarbeiter, mit Fragen des Arbeiterschutzes, der Gesundheit und der Arbeitslosigkeit. | In der Zeit als Leiter des Gaus befasste sich Stock mit Fragen der Entlohnung der Tabakarbeiter, mit Fragen des Arbeiterschutzes, der Gesundheit und der Arbeitslosigkeit. | ||
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Ab 1. November 1913 übernahm Stock die Stelle eines Arbeitersekretärs der Heidelberger Gewerkschaften, der auch die Geschäfte des ''Gewerkschaftskartells'' übernahm. Die Aufgaben bestanden hauptsächlich in der Beratung von ratsuchenden Gewerkschaftsmitgliedern und gegebenenfalls mit deren Vertretung.<ref><small>Der Aufgabenbereich des Arbeitersekretärs ist vergleichbar mit dem des heutigen Rechtsschutzsekretärs des Deutschen Gewerkschaftsbundes</small></ref> Im ersten Jahr seiner Tätigkeit hatte Stock mit 1.439 Ratsuchenden zu tun. Zum Vergleich: in Mannheim waren es im gleichen Zeitraum 13.980, das Arbeitersekretariat Heidelberg gehörte somit zu den weniger frequentierten.<ref><small>Mühlhausen, ''Christian Stock'', S. 30</small></ref> | Ab 1. November 1913 übernahm Stock die Stelle eines Arbeitersekretärs der Heidelberger Gewerkschaften, der auch die Geschäfte des ''Gewerkschaftskartells'' übernahm. Die Aufgaben bestanden hauptsächlich in der Beratung von ratsuchenden Gewerkschaftsmitgliedern und gegebenenfalls mit deren Vertretung.<ref><small>Der Aufgabenbereich des Arbeitersekretärs ist vergleichbar mit dem des heutigen Rechtsschutzsekretärs des Deutschen Gewerkschaftsbundes</small></ref> Im ersten Jahr seiner Tätigkeit hatte Stock mit 1.439 Ratsuchenden zu tun. Zum Vergleich: in Mannheim waren es im gleichen Zeitraum 13.980, das Arbeitersekretariat Heidelberg gehörte somit zu den weniger frequentierten.<ref><small>Mühlhausen, ''Christian Stock'', S. 30</small></ref> | ||
Im Rahmen dieser Tätigkeit kam Stock in Kontakt mit staatlichen und städtischen Behörden und mit dem Gewerbe- und dem Kaufmannsgericht. Sein Wissen auf sozialrechtlichem und sozialpolitischem Gebiet wurde erweitert. Zugleich war die Tätigkeit als Arbeitersekretär eine wichtige Stufe auf der Karriereleiter der sozialistischen Bewegung. Arbeitersekretäre wurden oft Parlamentarier, saßen in kommunalen Ausschüssen und Kommissionen und in Krankenkassen, die man als "Unteroffiziersschulen der Sozialdemokratie" bezeichnete. <ref><small> | Im Rahmen dieser Tätigkeit kam Stock in Kontakt mit staatlichen und städtischen Behörden und mit dem Gewerbe- und dem Kaufmannsgericht. Sein Wissen auf sozialrechtlichem und sozialpolitischem Gebiet wurde erweitert. Zugleich war die Tätigkeit als Arbeitersekretär eine wichtige Stufe auf der Karriereleiter der sozialistischen Bewegung. Arbeitersekretäre wurden oft Parlamentarier, saßen in kommunalen Ausschüssen und Kommissionen und in Krankenkassen, die man als "Unteroffiziersschulen der Sozialdemokratie" bezeichnete. <ref><small>Mühlbauer, S. 30</small></ref> Christian Stock wurde 1914 als Arbeitnehmervertreter von der Generalversammlung der [[Allgemeine Ortskrankenkasse Baden-Württemberg|Heidelberger Ortskrankenkasse]] in deren Vorstand gewählt. | ||
Auch innerhalb der [[SPD]] nahm Stock nach und nach führende Positionen ein. 1912 wurde er Vorsitzender dieser Partei im [[12. badischer Reichtstagswahlkreis|Wahlkreis 12 Heidelberg, Mosbach, Eberbach]]. Parteisekretär des Unterbezirks Heidelberg war damals [[Emil Maier]]. Wie Maier und der Fraktionsvorsitzende der SPD im Heidelberger Gemeindeparlament, [[Karl Rausch]], war auch Stock ein Vertreter des reformistischen Flügels der Partei, der damals in Baden dominierte. <ref><small>Mühlhausen, S. 35 mit Hinweis auf Christian Stock, ''Von Weimar nach Wiesbaden''; Zitat Stock: "Ich war von Haus aus ... Reformer und weniger Revolutionär"</small></ref> | Auch innerhalb der [[SPD]] nahm Stock nach und nach führende Positionen ein. 1912 wurde er Vorsitzender dieser Partei im [[12. badischer Reichtstagswahlkreis|Wahlkreis 12 Heidelberg, Mosbach, Eberbach]]. Parteisekretär des Unterbezirks Heidelberg war damals [[Emil Maier]]. Wie Maier und der Fraktionsvorsitzende der SPD im Heidelberger Gemeindeparlament, [[Karl Rausch]], war auch Stock ein Vertreter des reformistischen Flügels der Partei, der damals in Baden dominierte. <ref><small>Mühlhausen, S. 35 mit Hinweis auf Christian Stock, ''Von Weimar nach Wiesbaden''; Zitat Stock: "Ich war von Haus aus ... Reformer und weniger Revolutionär"</small></ref> | ||
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