Christian Stock

Aus dem Rhein-Neckar-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Christian Stock (geboren am 28. August 1884 in Darmstadt, gestorben am 13. April 1967 in Seeheim/Bergstraße) war Tabakarbeiter, Gewerkschafter, Arbeitersekretär (in Heidelberg) und sozialdemokratischer Politiker.


Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stocks Mutter Maria Magdalena Reß aus Kenzingen in Oberbaden war verheiratet, lebte aber von ihrem Ehemann schon seit 1881 getrennt, sie lebte nun "in wilder Ehe" mit dem Zigarrenmacher Jakob Stock, aus dieser Verbindung stammte Christian Stock. Der Vater Jakob Stock stammte aus einer Kleinbauernfamilie in der Nähe von Bad Orb. Nach der Eheschließung der Eltern erhielt auch der Sohn den Familiennamen des Vaters.

Christian Stock wurde katholisch getauft und trat später, anders als viele Sozialdemokraten seiner Zeit, nicht aus der Kirche aus.

Nachdem der Vater in Pfungstadt Arbeit gefunden und geheiratet hatte und dort ansässig geworden war, kehrte der junge Christian, der bis dahin bei Verwandten in Hanau gelebt hatte, zum Vater zurück. Da der Vater häufig die Arbeitsstelle und damit oft auch den Wohnort wechseln musste, hatte dieses unstete Leben auch bei Christian häufigen Schulwechsel zur Folge, er besuchte Volksschulen in Darmstadt, Hanau, Lorsch und Pfungstadt. Sein Vorschlag, nach den acht Jahren Volksschule eine weiterbildende Schule besuchen zu dürfen, wurde von den Eltern abgelehnt, da die finanziellen Mittel dafür nicht ausreichten. Vielmehr musste Cristian Stock selbst zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, zu der inzwischen 12 Kinder gehörten.

Im April 1898 begann Stock im Alter von 13 Jahren eine Lehre als Zigarrenmacher beim Pfungstädter Unternehmen Max Freund. Die Zigarrenfabrik Max Freund beschäftigte später (1910) allein in Pfungstadt 120 Arbeiter, 55 weitere in einer Filiale in Griesheim. Neben der Lehre besuchte Stock drei Jahre lang eine Fortbildungsschule. Nachdem er die Lehre 1901 abgeschlossen hatte, arbeitete er auch weiterhin in dieser Fabrik (mit Ausnahme von zwei Unterbrechungen - Arbeit im Bauhandwerk und in einer Zündholzfabrik). Die älteren Arbeiter in diesem Unternehmen führten Christian Stock an die Arbeiterbewegung heran. Auch das Vorbild des Vaters, der gewerkschaftlich organisiert war und in der Arbeiterbewegung am Ort eine führende Rolle spielte, beeinflusste ihn.

Gewerkschaftliche und politische Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1901 trat Stock dem Tabakarbeiter-Verband bei, 1902 der SPD. Er trat schon bald als sozialdemokratischer Agitator hervor.[1]

Im April 1910 wählte ihn die Mitgliederversammlung der Tabakarbeiter Pfungstadts zum Delegierten für die 14. Generalversammlung des Tabakarbeiterverbandes in Braunschweig. Auf diesem Kongreß wurde die bereits bestehende Einteilung des Verbandes in Gaue genehmigt und dem Vorstand die Befugnis erteilt, in Landesteilen mit Tabakindustrie von besonderem Umfang wie in Baden besoldete Gauleiter einzustellen. Da dieselbe Generalversammlung den bisherigen Leiter des Gaus mit Sitz in Heidelberg in den Vorstand des Verbandes wählte, wurde dessen bisherige Position frei. Der Verbandsvorstand berief nun den Zigarrenmacher Stock aus Pfungstadt auf diesen Posten.

Leiter des Gaues Heidelberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stock und seine Familie zogen im Oktober 1910 nach Heidelberg, wo Stock die nächsten 20 Jahre seines Lebens verbrachte.

Die Tabakindustrie war damals einer der wichtigsten und traditionsreichsten [2]Industriezweige Heidelbergs. 1907 waren 724 Arbeiterinnen und Arbeiter in dieser Branche beschäftigt, die im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts der umsatzstärkste Wirtschaftszweig war.

Der Gau Heidelberg umfasste den gesamten nordbadischen Raum einschließlich Bruchsl, die damals noch zu Bayern gehörende Pfalz und vier Kreise des Großherzogtums Hessen (Bensheim, Darmstadt, Erbach und Heppenheim).

Infolge der Erhöhung der Tabaksteuer (Tabaksteuergesetz von 1909, Reichsgesetzblatt 1909, Nr. 40 vom 20. Juli 1909) bevorzugten die Kunden billigere Tabake für Zigarren oder wechselten sogar zur Zigarette. Dadurch geriet die Zigarren-Industrie in eine schwere wirtschaftliche Krise. Die Folge war, dass die Arbeiter oft für mehrere Wochen nicht beschäftigt und somit ohne Lohn waren. Stock unterstützte die Belegschaft der Zigarrenfabrik Freund ab September 1912 bei einem elf Wochen dauernden Streik, der mit einer Übereinkunft mit dem Unternehmer beendet wurde, die aber von diesem nicht eingehalten wurde. Der Zigarrenarbeiter-Verband war durch die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung finanziell so belastet, dass er weitere Arbeitskämpfe in größerem Umfang nicht führen konnte. Um so wichtiger wurde die Mitgliederwerbung, die Stock intensiv in Form von Hausbesuchen und Betriebsversammlungen betrieb.

In der Zeit als Leiter des Gaus befasste sich Stock mit Fragen der Entlohnung der Tabakarbeiter, mit Fragen des Arbeiterschutzes, der Gesundheit und der Arbeitslosigkeit.

Arbeitersekretär in Heidelberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1. November 1913 übernahm Stock die Stelle eines Arbeitersekretärs der Heidelberger Gewerkschaften, der auch die Geschäfte des Gewerkschaftskartells übernahm. Die Aufgaben bestanden hauptsächlich in der Beratung von ratsuchenden Gewerkschaftsmitgliedern und gegebenenfalls mit deren Vertretung.[3] Im ersten Jahr seiner Tätigkeit hatte Stock mit 1.439 Ratsuchenden zu tun. Zum Vergleich: in Mannheim waren es im gleichen Zeitraum 13.980, das Arbeitersekretariat Heidelberg gehörte somit zu den weniger frequentierten.[4]

Im Rahmen dieser Tätigkeit kam Stock in Kontakt mit staatlichen und städtischen Behörden und mit dem Gewerbe- und dem Kaufmannsgericht. Sein Wissen auf sozialrechtlichem und sozialpolitischem Gebiet wurde erweitert. Zugleich war die Tätigkeit als Arbeitersekretär eine wichtige Stufe auf der Karriereleiter der sozialistischen Bewegung. Arbeitersekretäre wurden oft Parlamentarier, saßen in kommunalen Ausschüssen und Kommissionen und in Krankenkassen, die man als "Unteroffiziersschulen der Sozialdemokratie" bezeichnete. [5] Christian Stock wurde 1914 als Arbeitnehmervertreter von der Generalversammlung der Heidelberger Ortskrankenkasse in deren Vorstand gewählt.

Auch innerhalb der SPD nahm Stock nach und nach führende Positionen ein. 1912 wurde er Vorsitzender dieser Partei im Wahlkreis 12 Heidelberg, Mosbach, Eberbach. Parteisekretär des Unterbezirks Heidelberg war damals Emil Maier. Wie Maier und der Fraktionsvorsitzende der SPD im Heidelberger Gemeindeparlament, Karl Rausch, war auch Stock ein Vertreter des reformistischen Flügels der Partei, der damals in Baden dominierte. [6]

Im Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie die Sozialdemokratie im Reich hatte auch die Heidelberger SPD gegen den drohenden Krieg demonstriert. Noch am 29. Juli 1914 hatte sie eine Protestversammlung organisiert, auf der eine Resolution mit der Überschrift "Nieder der Krieg! Hoch der Völkerfrieden!" verabschiedet wurde.

Nach Kriegsausbruch schwenkte die SPD jedoch zur Politik des "Burgfriedens" um und stimmte am 4. August 1914 für die Kriegskredite. Auch Stock trug diese neue Politik mit. Mit ausschlaggebend war die Furcht vor dem russischen Zarenreich, das die "wenn auch bescheidenen sozialpolitischen Rechte und kulturellen Vorteile" des deutschen Kaiserreichs gefährde.[7]

Stock war ab der ersten Kriegswoche Ersatzreservist. seine militärische Ausbildung erhielt er in Rastatt und Alt-Breisach. Anfang Januar 1915 kam er zur 3. Kompanie des Landwehr-Infanterie-Regiments 40, die dann auch gleich an die Front abrückte. Die Einheit wurde im Oberelsaß in heftige Kämpfe verwickelt.

Im Januar 1916 erhielt Stock wegen "Tapferkeit vor dem Feind" das Eiserne Kreuz II. Klasse. Nach einer Verwundung kam er im Februar 1917 für einige Tage ins Lazarett in Colmar. Im November 1917 wurde er vom Militärdienst zurückgestellt, um wieder die Geschäfte des Arbeitersekretärs wahrnehmen zu können. Diese Tätigkeit weitete sich erheblich aus. Waren es 1914 noch 1.439 Ratsuchende, die betreut werden mussten, so stieg diese Zahl auf 3.126 im letzten Kriegsjahr.

Im September 1917 wurde die Deutsche Vaterlandspartei gegründet, die u.a. außenpolitisch für einen deutschen „Siegfrieden“ und ein umfassendes Programm direkter und indirekter Expansion eintrat. Gegen diese ungezügelte Eroberungspropaganda wurde auf Initiative von Ernst Troeltsch und anderen im Dezember 1917 der Volksbund für Freiheit und Vaterland gegründet. In Heidelberg gründeten Stock, Maier und ein Vertreter der christlichen Gewerkschaften einen Ableger, der sich gegen annexionistische Forderungen wandte.[8]

Revolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ausläufer der von den deutschen Häfen ausgehenden revolutionären Unruhen erreichten am 9. November 1918 auch Heidelberg. Von auswärts kommende Soldaten zogen vom Bahnhof durch die Hauptstraße zum Ludwigplatz (heute Universitätsplatz und dann zur Kaserne. Die sozialdemokratischen Funktionäre, die gerade im Gwerkschaftshaus über die Lage berieten, eilten unter Führung Stocks zur Kaserne und überzeugten die Offiziere, nicht einzuschreiten. Die militärische Gewalt wurde dem Revolutionsausschuß übertragen. Noch am Abend des 9. November wählten die Funktionäre der sozialistischen Arbeiterbewegung einen Arbeiter- und Soldatenrat (Vorsitzende: Arbeitersekretär Stock und Stadtrat Maier), als erweitertes Organ wurde eine Vollversammlung der Volksräte gebildet, zu der auch die anderen Parteien Vertreter entsandten.

Zu den Aufgaben des Arbeiter- und Soldatenrats gehörten die Sicherung der Ernährung und der Brennstoffversorgung, Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und die Arbeitsvermittlung. Auch mussten die von der Front zurückkehrenden Soldaten ernährt und provisorisch untergebracht werden, sowie die zurückkehrenden Offiziere in zum Teil langen Verhandlungen überzeugt werden, sich der neuen Macht zu unterstellen. Wie seine Partei wandte sich Stock gegen die Bestrebungen radikaler Kräfte, ein Rätesystem einzurichten, er sprach sich für das parlamentarische System aus und forderte den baldigen Zusammentritt der Nationalversammlung (so auch die Forderung in einer Resolution auf der Vollversammlung der Volksräte des Bezirks Heidelberg am 1. Dezember 1918). Stock verstand die Arbeiter- und Soldatenräte lediglich als "Treuhänder" der künftigen demokratischen Staatsmacht. Der Aufbau demokratischer Organe wurde auch bald in die Wege geleitet.

Die Zeit der Weimarer Republik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 3. Januar 1919 wurde die verfassunggebende badische Versammlung gewählt, vierzehn Tage später die Nationalversammlung, in die Christian Stock gewählt wurde. Die erste Kommunalwahl in Heidelberg (Wahl der Stadtverordneten) wurde am 23. Mai 1919 durchgeführt. Stock zog als einer von 23 Sozialdemokraten ins Stadtparlament ein.

Abgeordneter in der Weimarer Nationalversammlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Plenum der Nationalversammlung sprach Stock, der mit 34 Jahren einer der jüngsten Abgeordneten war, nur zur Tabaksteuer und zum Umsatzsteuerentwurf. Für die Annahme der Bedingungen des Versailler Friedensvertrages stimmt er widerwillig unter Fraktionszwang (Deutschland habe keine Schuld am Krieg, äußerte er in der Rede zum Umsatzsteuergesetz [9]). Für die Gliederung Deutschlands strebte er eine "unitaristische" Lösung an. [10] Dementsprechend nahm er als Abgeordneter der Nationalversammlung an Sondierungsgesprächen zwischen badischen und württembergischen Mandatsträgern über die Möglichkeit einer Vereinigung der beiden südwestdeutschen Länder teil. Man wurde sich auch einig, die Länderreform scheiterte jedoch am Widerstand Preußens.

Im März 1920 putschten antirepublikanische Kräfte unter Führung des preußischen Generallandschaftsdirektors Wolfgang Kapp. Reichswehrtruppen unter Führung von General Walther von Lüttwitz marschierten in Berlin ein und erklärten die Regierung für abgesetzt. Die Regierung wich erst nach Dresden, dann nach Stuttgart aus. Letztlich scheiterte der Kapp-Putsch am Generalstreik der Arbeiterschaft. Die Parteien der Weimarer Koalition (das waren außer der SPD die Zentrumspartei und die DDP) hielten auf dem Heidelberger Marktplatz eine Protestversammlung ab. Stock hielt eine Rede vom Balkon des Rathauses und rief dazu auf, die Regierung Ebert/Bauer zu unterstützen.

Nach dem Scheitern des Putsches wurde Stock von Reichspräsident Ebert kommissarisch zum Unterstaatssekretär im Reichswehrministerium ernannt. Es gelang ihm jedoch nicht, die Rolle eines zivilen Kontrolleurs im Ministerium zu spielen, der Einfluss der Rechswehr-Führung war zu stark. Es stellte sich auch heraus, dass es nicht möglich war, gegen den Widerstand der Beamtenschaft einen Außenstehenden wie Stock dauerhaft mit einer besoldeten Stelle im Ministerium zu etablieren. Damit war diese Karriere für Stock blockiert.

Zurück in Heidelberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stock kehrte nach der Auflösung der Nationalversammlung auf seinen Heidelberger Posten als Arbeitersekretär zurück. Außerdem widmete er sich gewerkschaftlichen, parteipolitischen und sozialpolitischen Aufgaben.

Landessekretär des ADGB für Baden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der Konferenz der badischen Gewerkschaften im Februar 1921 in Offenburg wurde festgelegt, dass zur Straffung der gewerkschaftlichen Organisation in Baden ein Landesausschuss des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) geschaffen und ein Landessekretär angestellt werden sollte. Ende Mai 1921 fand in Heidelberg eine außerordentliche Konferenz der Ortsausschüsse Badens des ADGB statt, der die Satzung des Landesausschusses annahm und einen Vorstand wählte, dem auch Stock angehörte.[11] Stock erhielt die Stelle des Landessekretärs, die zuvor ausgeschrieben worden war. Neben dem Aufbau der Organisation des Landesausschusses widmete sich Stock der Schaffung von Arbeitererholungsheimen und der Einrichtung von Ferienkursen in Universitätsstädten.[12]Stock betrachtete die Gewerkschaften als eine "Kulturbewegung", die nicht nur die Arbeiterinteressen bündeln, sondern auch das Proletariat bilden sollte.[13]

Badischer Landtagsabgeordneter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 1921 beschloss die badische SPD auf ihrem Wahlparteitag in Durlach, einen Gewerkschaftsvertreter in den Landtag zu bringen. Man entschied sich für den Landessekretär Christian Stock. Dieser wurde auf dem sicheren Platz zwei der Landesliste bei den Wahlen im Oktober 1921 gewählt. Stock profilierte sich im Landtag auf dem Gebiet der Sozialpolitik. Als er später als Landessekretär des ADGB zurücktrat, forderte ihn dessen Landesausschuß auf, dennoch sein Mandat zu behalten und auszuüben, dem folgte der Landesausschuß der SPD. Dementsprechend blieb Stock bis 1925 Landtagsabgeordneter.

Geschäftsführer der AOK Heidelberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1.8.1922 trat Stock seine neue Stelle als Geschäftsführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse für den Bezirk Heidelberg an. Bald gehörte er auch dem Vorstand der badischen Krankenkassen an. Zugleich unterrichtete er als Dozent an der Frauenschule in Mannheim und ab 1929 an der von Maria von Graimberg initiierten katholischen sozialen Frauenschule.

Ab 1923 führten die Krankenkasse vorbeugende Heilverfahren in eigener Regie durch. Dazu kamen weitere Neuerungen wie die Einrichtung einer Selbstabgabestelle für Heilmittel (1924) sowie die Errichtung kasseneigener Institute ("Zahnärztliches Institut" und "Röntgen- und elektrophysikalisches Institut"). Die Behandlungskosten waren hier wesentlich niedrige als bei niedergelassenen Ärzten. Dem Heidelberger Modell schlossen sich andere Krankenkassen im badischen Raum an. Der Betrieb der Institute gestaltete sich für die Kassenleitung sehr schwierig, nicht nur wegen der organisatorischen Arbeit, sondern auch und vor allem infolge des Widerstands der ärztlichen Konkurrenz und wegen der politisch motivierten Anfeindungen von rechts. Die Nationalsozialisten schlossen alle diese Einrichtungen bereits kurz nach ihrer Machtübernahme.[14]

Nach dem bereits bestehenden Erholungsheim der AOK Heidelberg, dem Haus "Alt-Heidelberg" in Seeheim a. d. Bergstraße wurde im Mai 1928 das "Friedrich-Ebert-Haus" in Schönberg bei Bensheim errichtet. Im September/Oktober 1930 bezog die AOK das neue Verwaltungsgebäude in der Leopoldstraße, Ecke Wredeplatz (heute Friedrich-Ebert-Platz), wo sich noch heute der Sitz der Verwaltung der AOK befindet.

Neben seiner Tätigkeit für die AOK erfüllte Stock seine Pflichten innerhalb der SPD. Er trat auf zahlreichen Versammlungen auf und hielt Reden, unter anderem in Sinsheim, Walldorf, Obrigheim, Sandhausen, Ziegelhausen usw.. Als im August 1921 der ehemalige Finanzminister Mathias Erzberger ermordet wurde, berief Stock eine Konferenz der sozialistischen Organisationen Heidelbergs ein. Es wurde vom Gewerkschaftskartell, dem Allgemeinen freien Angestelltenbund (AFA), der SPD und der USPD ein gemeinsamer Aufruf zu einer Demonstration am 31. August "gegen Monarchisten, Hakenkreuzler und Stahlhelmleute" verfasst. Auch die KPD schloss sich der Aktion an. [15]

Nachdem das örtliche Presseorgan der SPD für Heidelberg und Umgebung, die Volkszeitung, ab Herbst 1919 erschien (zuvor wurde Heidelberg von der in Mannheim erscheinenden Volksstimme "mitversorgt"), schrieb Stock in der Parteizeitung Artikel, vor allem zu sozialpolitischen und Sozialversicherungs- fragen. In der Heidelberger Ortsgruppe des (vor allem sozialdemokratischen) Kampfbundes zur Verteidigung der Republik, dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold wurde er im September 1924 der zweite Vorsitzende.

Kommunalpolitiker in Heidelberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den 20er Jahren gehörte Stock neben Emil Maier, Josef Amann, Adolf Engelhardt, Heinrich Kilger und Adolf Rausch zur Führungsspitze der Sozialdemokraten im Raum Heidelberg.

Bei der Kommunalwahl vom 25.5.1919 wurde Stock als Stadtverordneter für den Bürgerausschuss der Stadt Heidelberg gewählt. Von 1919 bis 1926 war er Obmann des Stadtverordnetenvorstands; in dieser Eigenschaft gehörte er zugleich dem Gemischten beschließenden Ausschuß an, der in dringlichen Angelegenheiten anstelle des Bürgerausschusses zusammentrat. Stock war Stadtrat von 1926 bis 1930 sowie von 1931 bis 1932.

Die Sozialdemokraten wurden in der Zwischenkriegszeit von den bürgerlichen Parteien und Wählergruppen systematisch ausgegrenzt. Das gilt vor allem für Heidelberg. So stellte die SPD in Heidelberg als der einzigen badischen Stadt während der Weimarer Republik keinen einzigen Bürgermeister. 1928 sah sich die Partei, obwohl sie die stärkste Fraktion im Bürgerausschuss stellte, gezwungen, bei der Oberbürgermeisterwahl für Carl Neinhaus als Nachfolger von Ernst Walz zu stimmen, da sie keine Chance hatte, einen eigenen Kandidaten durchzubringen.[16]

Angesichts der knappen Finanzen gab es für die Kommunalpolitik zwischen 1918 und 1933 sehr enge Spielräume. Um so wichtiger schien es Stock, Errungenschaften auf dem Gebiet der Volksgesundheit und der Kultur gegen eine rechtsbürgerliche Sparpolitik zu verteidigen. Die Schließung des Hallenbades konnte 1920 verhindert werden, allerdings wurde das städtische Theater verpachtet, um die Schließung zu vermeiden. Der Bau neuer Klinikgebäude wäre dringend erforderlich gewesen (in manchen Kliniken mussten sich in der III. Klasse zwei Patienten ein Bett teilen), jedoch standen die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung.

Aus verschiedenen Gründen war die Arbeitslosigkeit in Heidelberg besonders hoch. Stock propagierte daher die Schaffung von neuen Arbeitsgelegenheiten. Mit finanzieller Unterstützung von Reich und Land wurden Notstandsarbeiten organisiert, Ende 1920 wurden 985 Arbeiter durch diese Maßnahmen beschäftigt. Langfristig wäre allerdings die Ansiedlung von Industriebetrieben nötig gewesen. Zwar war Heidelberg bis 1914 die kapitalkräftigste Stadt in Baden mit einer breiten Schicht wohlhabender Einwohner, infolge der Reichsfinanzreform, die die Kommunen der Finanzhoheit über die Einkommensteuer beraubte, hatte die Stadt hiervon jedoch keine Vorteile mehr. Sie hätte sich nur durch andere Steuern sanieren könne, inbesondere durch Einnahmen aus der Gewerbesteuer, also durch Neuansiedlung von Industrie. Während vor dem Ersten Weltkrieg das Heidelberger Bürgertum die Ansiedlung von Industrie verhinderte und allein auf Fremdenverkehr und Universität setzte, verabschiedete der Bürgerausschuss im November 1921 mit großer Mehrheit und mit den Stimmen der SPD ein neues Projekt, das zur Ansiedlung von Industriebetrieben auf dem Gelände "Im Fuchsloch" westlich des Gaswerks führen sollte. Allerdings siedelten sich nur wenige Betriebe hier an, die Hoffungen erfüllten sich nicht. [17]

Neu-Heidelberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hatte schon im letzten Kriegsjahr in Heidelberg Wohnungsnot geherrscht, so errechnete die Stadt Ende des Jahres 1920 einen Fehlbetragvon 2.243 Wohnungen, 820 der Wohnungsgesuche wurden als unaufschiebbar" bezeichnet.[18] Die damals bestehende Zwangswirtschaft auf dem Wohnungssektor wurde von den bürgerlichen Parteien kritisiert, sie forderten die Lockerung der Zwangsmaßnahmen und die Förderung des privaten Wohnungsbaus; die Sozialdemokraten hingegen forderten Beibehaltung der Zwangsbewirtschaftung. Stock kritisierte den Glauben an die Selbstheilungskräfte des Marktes als illusorisches Wunschdenken.[19] Da weder die öffentliche Hand noch die private Wirtschaft ausreichend Wohnungen bauten, blieben nur die Baugenossenschaften, die dazu in der Lage waren, öffentliche Unterstützung vorausgesetzt. Weitgehend der Initiative von Christian Stock war es zu verdanken, dass am 29. Juni 1918 die Gemeinnützige Baugenossenschaft für Volks- und Kriegerheimstätten gegründet wurde. (Der Name wurde 1927 in Gemeinnützige Baugenossenschaft Neu-Heidelberg geändert.) In der Folgezeit wurden Siedlungen auf der Gemarkung Pfaffengrund (schon 1920 wurden 100 Wohnungen fertiggestellt) und in Heidelberg-Handschuhsheim (Siedlung Pfädelsäcker - 62 Wohnungen) geschaffen. Weitere Bauvorhaben wurden in den wohnungspolitischen Brennpunkten wie Kirchheim druchgeführt. Stock, der im Aufsichtsrat der Baugenossenschaft einen Sitz hatte, legte sein Mandat nach der Machtergreifung Hitlers nieder.

Im März 1932 verließ Stock Heidelberg und übernahm beim Hauptverband deutscher Krankenkassen die Stelle eines Geschäftsführers des Landesverbands Hessen und Hessen-Nassau und zog nach Seeheim an der Bergstraße. Von seiner Familie hatte er sich inzwischen getrennt. Bereits im Juni 1932 gab Stock die Stelle wieder auf und wurde Direktor der Ortskrankenkasse Frankfurt, um dort die Finanzen zu sanieren.

Die Zeit der Diktatur. 1933 - 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem Stock am 8. April 1933 von der Frankfurter AOK aus politischen Gründen fristlos entlassen worden war[20], wurde er im Juli 1933 Stock verhaftet und in das Konzentrationslager Kislau gebracht, wo er acht Monate in "Schutzhaft" saß zusammen mit anderen prominenten Sozialdemokraten aus Nord- und Mittelbaden wie der langjährige Minister Adam Remmele, der badische Staatsrat Ludwig Marum[21] und die Heidelberger Stadträte Heinrich Kilger und Adolf Rausch, dem Sohn von Karl Rausch. Am 16. März 1934 wurde Stock entlassen.

Nach seiner endgültigen Entlassung bei der AOK Frankfurt erhielt Stock nur Dreiviertel der ihm zustehenden Pension, was zum Leben nicht ausreichte. Nach vergeblicher Stellensuche eröffnete Stock ein Tabakgeschäft in der Grafenstraße in Darmstadt, das anfangs auch recht gut lief. Der Tabakladen wurde zu einer Anlaufstelle für mit Stock befreundete Sozialdemokraten. Man tauschte sich aus und bereitete sich auf die Zeit nach dem Ende des "Dritten Reiches" vor. Dieses "Netzwerk" hielt auch nach dem Krieg, insbesondere der passionierte Raucher Ludwig Bergsträsser, den Stock in Zeiten der Knappheit mit Zigarren versorgte, sollte in seinem politischen Leben noch eine wichtige Rolle spielen. Im Laufe der Zeit wurde jedoch der Tabak immer stärker rationiert, vor allem im Krieg. Es gelang Stock jedoch , im Juni 1943 eine Stelle als Revisor bei der Betriebskrankenkasse der VD;-Halbzeugwerke in Frankfurt-Heddernheim zu erlangen.

Nach der Befreiung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Sozialdemokraten wie Stock bedeutete die Eroberung des südhessischen Raumes durch die Amerikaner Ende März 1945 die Befreiung, nicht den Zusammenbruch. Noch vor der Kapitulation des Deutschen Reiches übernahm er auf Wunsch Bergsträssers die Leitung der Landesversicherungsanstalt im damaligen Volksstaat Hessen. Im September 1945 wurde aus der preußischen Provinz Hessen-Nassau und dem Volksstaat Hessen das Land (Groß-)Hessen gebildet. Stock wurde zum Leiter der neuen gesamthessischen LVA ernannt. Er festigte damit seinen Ruf als Fachmann für das Sozialversicherungswesen.

Aus den hessischen Landtagswahlen am 1. Dezember 1946 war die SPD als stärkste Fraktion hervorgegangen. Die Spitzengremien der Partei überredeten Stock, für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren. Am 20. Dezember 1946 wählte der Landtag Stock mit 58 von 87 abgegebenen Stimmen zum Regierungschef des Landes Hessen. Dieser führte eine "große Koalition" aus SPD und CDU, die bis zum Ende der Legislaturperiode 1950 hielt. die Politik der Landesregierung konzentrierte sich darauf, "zu versuchen, jedem einzelnen das nackte Leben zu garantieren", so Stock in seiner Regierungserklärung am 6. Januar 1947.[22] Bei dem Versuch, zentrale Forderungen der damaligen sozialdemokratischen Arbeiterbewegung durchzusetzen, legte sich Stock auch mit der Besatzungsmacht und den anderen im Landtag vertretenen Parteien an. So weigerte sich die amerikanische Besatzungsmacht, das hessische Betriebsrätegesetz zu genehmigen. Auch Stocks Androhung seines Rücktritts half nur sehr begrenzt. Er musste die Beschneidung des Gesetzes in zentralen Punkten hinnehmen. Auch am Sozialisierungsgesetz hielt Stock fest, gegen den Widerstand auch aus den eigenen Reihen. Das Gesetz scheiterte jedoch 1950 im Landtag.

Nach den Landtagswahlen im November 1950 wurde Stock nicht mehr für das Amt des Ministerpräsidenten nominiert. Zum einen hatte Stock keinen Rückhalt in der nordhessischen SPD, zum anderen stellte sich Kurt Schumacher, der ihn im Oktober 1945 noch als Experten zur richtungsweisenden Konferenz der SPD in Wennigsen bei Hannover herangezogen hatte, gegen Stock und protegierte Georg August Zinn, der sich dann auch im erweiterten Landesausschuss der SPD am 6. Dezember 1950 mit 47 gegen 42 Stimmen gegen Stock durchsetzte und danach zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wurde. Stock blieb einfacher Landtagsabgeordneter. Er wurde im November 1954 erneut in den Landtag gewählt, gab das Mandat aber nach einem Monat zurück und trat im Alter von 70 Jahren von der politischen Bühne ab. Stock blieb im Vorstand der LVA Hessen und anderen Gremien und befasste sich weiter mit sozialversicherungspolitischen Fragen, u.a. als Herausgeber der von ihm 1946 begründeten Zeitschrift "Die Sozialversicherung".

An der Seite seiner zweiten Frau Anni verbrachte er seinen Lebensabend in Seeheim.

Am 13. April 1967 starb Christian Stock.

Max Weber, der Stock in der Zeit der Revolution in Heidelberg kennengelernt hatte, schrieb im November 1918 über ihn und die anderen sozialdemokratischen Führer, die, aus der Arbeiterklasse kommend, sich hochgearbeitet hatten, in der ihn charakterisierenden Mischung von Respekt und intellektueller Überheblichkeit:

"Echt und relativ erquickend sind nur die ganz schlichten Leute, auch die Revolutionäre, die Arbeiterführer oder dergleichen sind und wirklich arbeiten, wie das die sehr einfach gearteten Leute hier wirklich tun. Davor habe ich immer unbedingt Respekt."[23]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Christian Stock, Von Weimar nach Wiesbaden. Reden und Schriften von Christian Stock (1884 - 1967), bearbeitet von Armin Hildebrandt, Darmstadt 1984

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walter Mühlhausen, Christian Stock 1910 - 1932. Vom Heidelberger Arbeitersekretär zum hessischen Ministerpräsidenten, Schriftenreihe des Stadtarchivs Heidelberg - Sonderveröffentlichungen, Verlag Brigitte Guderjahn, Heidelberg 1996

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mühlhausen , Christian Stock, Seite 21
  2. Schon 1848 hatten die vereinigten Zigarrenmacher Mannheims und Heidelbergs zu einer "festen brüderlichen Vereinigung zur Hebung der sozialen Verhältnisse" aufgerufen. Vgl. Mühlhausen, Christian Stock, S. 26 unter Bezugnahme auf Ferdinand Dahms, Geschichte der Tabakarbeiterbewegung, Hamburg 1965, S. 21
  3. Der Aufgabenbereich des Arbeitersekretärs ist vergleichbar mit dem des heutigen Rechtsschutzsekretärs des Deutschen Gewerkschaftsbundes
  4. Mühlhausen, Christian Stock, S. 30
  5. Mühlhausen, S. 30
  6. Mühlhausen, S. 35 mit Hinweis auf Christian Stock, Von Weimar nach Wiesbaden; Zitat Stock: "Ich war von Haus aus ... Reformer und weniger Revolutionär"
  7. Manuskript der Rede Stocks in Heidelberg zum Todestag Friedrich Eberts am 28. Februar 1946, in: Stock, Von Weimar nach Wiesbaden, hier zitiert nach Mühlhausen, S. 37
  8. Mühlhausen S. 39
  9. Mühlhausen, S. 51
  10. Motto: "Weg mit den Grenzpfählen an den sogenannten Landesgrenzen, die entweder Napoleon gezimmert oder von den Gekrönten erheiratet wurden", vgl. Stocks Bericht über die Revolutionstage in: Mühlhausen, S. 53
  11. Im Juli 1922 hatten die badischen Gewerkschaften (soweit sie dem ADGB angehörten, also ohne die christlichen und die liberalen Gewerschaften) ca. 237.000 Mitglieder
  12. Aus seinen Erfahrungen mit den Bildungskursen Darmstädter Studenten wusste Stock, wie wichtig diese Art von Fortbildung war.
  13. Mühlhausen, Christian Stock, S. 65
  14. Mühlhausen S. 69
  15. Mühlhausen, s. 73
  16. Mühlhausen, S. 85
  17. Stock lehnte in der Rede zur Ablehnung des Etats am 13. Mai 1931 die der SPD zugeschobene Verantwortung für die finanzielle Misere mit den Worten ab: "Wir tragen aber nicht die Verantwortung für ... die Politik der mangelnden Arbeitsbeschaffung, für die Verneinung der Industrieanlagen, welche die Bürgerlichen von der Stadt fernhalten wollten - und was ihnen auch gelang. Daher der außerordentliche Arbeitslosenstand. Diese Sünden rächen sich heute. Die Nationalliberalen ..., sie tragen die Schuld. Sie waren nur Freunde der Universität und der Fremdenstadt." Quelle; Dokument 6 als Anlage zu Mühlhausen, Christian Stock, Seite 158
  18. Mühlhausen, S. 92
  19. Stock in der Bürgerausschuß-Sitzung am 29. November 1921; Mühlhausen, S. 94
  20. Übrigens legte er erfolgreich Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde, dem Versicherungsamt, er erlangte im Januar 1935 ein Urteil zu seinen Gunsten, wurde aber dennoch nicht wieder eingestellt. Bereits im September 1934 hatte der Reichskommissar Stocks endgültige Entlassung zum 1. April 1935 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums verfügt.
  21. Zu Ludwig Marum, der im KZ Kislau ermordet wurde, vgl. den Artikel im Stadtwiki Karlsruhe
  22. Mühlhausen S. 110
  23. Mühlhausen, S. 113, Anm. 21, zitiert hier Weber nach Wolfgang J. Mommsen, Max Weber und die deutsche Politik 1890 - 1920, Tübingen 1974, S. 320, Anm. 57

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]