Bearbeiten von „Christian Stock

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'''Christian Stock''' (geboren am 28. August 1884 in [[Darmstadt]], gestorben am 13. April 1967 in Seeheim/Bergstraße) war Tabakarbeiter, Gewerkschafter, Arbeitersekretär (in [[Heidelberg]]) und sozialdemokratischer Politiker.
'''Christian Stock''' (geboren am 28. August 1884 in [[Darmstadt]], gestorben am 13. April 1967 in Seeheim/Bergstraße) war Tabakarbeiter, Gewerkschafter, Arbeitersekretär (in [[Heidelberg]]) und sozialdemokratischer Politiker.




== Leben und Wirken ==
== Leben und Wirken ==
Stocks Mutter Maria Magdalena Reß aus Kenzingen in Oberbaden war verheiratet, lebte aber von ihrem Ehemann schon seit 1881 getrennt, sie lebte nun "in wilder Ehe" mit dem Zigarrenmacher Jakob Stock, aus dieser Verbindung  stammte Christian Stock.  Der Vater Jakob Stock stammte aus einer Kleinbauernfamilie in der Nähe von Bad Orb. Nach der Eheschließung der Eltern erhielt auch der Sohn den Familiennamen des Vaters.   
Die Mutter Maria Magdalena Reß aus Kenzingen in Oberbaden war verheiratet, lebte aber von ihrem Ehemann schon seit 1881 getrennt, sie lebte nun "in wilder Ehe" mit dem Zigarrenmacher Jakob Stock, aus dieser Verbindung  stammte Christian Stock.  Der Vater Jakob Stock stammte aus einer Kleinbauernfamilie in der Nähe von Bad Orb. Nach der Eheschließung der Eltern erhielt auch der Sohn den Familiennamen des Vaters.   


Christian Stock wurde katholisch getauft und trat später, anders als viele Sozialdemokraten seiner Zeit, nicht aus der Kirche aus.  
Christian Stock wurde katholisch getauft und trat später nicht, anders als viele Sozialdemokraten seiner Zeit, nicht aus der Kirche aus.  


Nachdem der Vater in Pfungstadt Arbeit gefunden und  geheiratet hatte und dort ansässig geworden war, kehrte der junge Christian, der bis dahin bei Verwandten in Hanau gelebt hatte, zum Vater zurück. Da der Vater häufig die Arbeitsstelle und damit oft auch den Wohnort wechseln musste, hatte dieses unstete Leben auch bei Christian häufigen Schulwechsel zur Folge, er besuchte Volksschulen in Darmstadt, Hanau, Lorsch und Pfungstadt. Sein Vorschlag, nach den acht Jahren Volksschule eine weiterbildende Schule besuchen zu dürfen, wurde von den Eltern abgelehnt, da die finanziellen Mittel dafür nicht ausreichten. Vielmehr musste Cristian Stock selbst zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, zu der inzwischen 12 Kinder gehörten.
Nachdem der Vater in Pfungstadt Arbeit gefunden und  geheiratet hatte und dort ansässig geworden war, kehrte der junge Christian, der bis dahin bei Verwandten in Hanau gelebt hatte, zum Vater zurück. Da der Vater häufig die Arbeitsstelle und damit oft auch den Wohnort wechseln musste, hatte dieses unstete Leben auch bei Christian häufigen Schulwechsel zur Folge, er besuchte Volksschulen in Darmstadt, Hanau, Lorsch und Pfungstadt. Sein Vorschlag, nach den acht Jahren Volksschule eine weiterbildende Schule besuchen zu dürfen, wurde von den Eltern abgelehnt, da die finanziellen Mittel dafür nicht ausreichten. Vielmehr musste Cristian Stock selbst zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, zu der inzwischen 12 Kinder gehörten.
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Im April 1898 begann Stock im Alter von 13 Jahren eine Lehre als Zigarrenmacher beim Pfungstädter Unternehmen ''Max Freund''. Die Zigarrenfabrik Max Freund beschäftigte später (1910) allein in Pfungstadt 120 Arbeiter, 55 weitere in einer Filiale in Griesheim. Neben der Lehre besuchte Stock drei Jahre lang eine Fortbildungsschule. Nachdem er die Lehre 1901 abgeschlossen hatte, arbeitete er auch weiterhin in dieser Fabrik (mit  Ausnahme von zwei Unterbrechungen - Arbeit im Bauhandwerk und in einer Zündholzfabrik). Die älteren Arbeiter in diesem Unternehmen  führten Christian Stock an die Arbeiterbewegung heran. Auch das Vorbild des Vaters, der gewerkschaftlich organisiert war und in der [[Arbeiterbewegung]] am Ort eine führende Rolle spielte, beeinflusste ihn.
Im April 1898 begann Stock im Alter von 13 Jahren eine Lehre als Zigarrenmacher beim Pfungstädter Unternehmen ''Max Freund''. Die Zigarrenfabrik Max Freund beschäftigte später (1910) allein in Pfungstadt 120 Arbeiter, 55 weitere in einer Filiale in Griesheim. Neben der Lehre besuchte Stock drei Jahre lang eine Fortbildungsschule. Nachdem er die Lehre 1901 abgeschlossen hatte, arbeitete er auch weiterhin in dieser Fabrik (mit  Ausnahme von zwei Unterbrechungen - Arbeit im Bauhandwerk und in einer Zündholzfabrik). Die älteren Arbeiter in diesem Unternehmen  führten Christian Stock an die Arbeiterbewegung heran. Auch das Vorbild des Vaters, der gewerkschaftlich organisiert war und in der [[Arbeiterbewegung]] am Ort eine führende Rolle spielte, beeinflusste ihn.


=== Gewerkschaftliche und politische Tätigkeit ===
=== gewerkschaftliche und politische Tätigkeit ===
1901 trat Stock dem [[Deutscher Tabakarbeiter-Verband|Tabakarbeiter-Verband]] bei, 1902 der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]. Er trat schon bald als sozialdemokratischer Agitator hervor.<ref><small>Mühlhausen , ''Christian Stock'', Seite 21</small></ref>
1901 trat Stock dem [[Deutscher Tabakarbeiter-Verband|Tabakarbeiter-Verband]] bei, 1902 der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]. Er trat schon bald als sozialdemokratischer Agitator hervor.<ref><small>Mühlhausen , ''Christian Stock'', Seite 21</small></ref>


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Der Gau Heidelberg umfasste den gesamten nordbadischen Raum einschließlich Bruchsl, die damals noch zu Bayern gehörende Pfalz und vier Kreise des Großherzogtums Hessen (Bensheim, Darmstadt, Erbach und Heppenheim).  
Der Gau Heidelberg umfasste den gesamten nordbadischen Raum einschließlich Bruchsl, die damals noch zu Bayern gehörende Pfalz und vier Kreise des Großherzogtums Hessen (Bensheim, Darmstadt, Erbach und Heppenheim).  


Infolge der Erhöhung der Tabaksteuer  (Tabaksteuergesetz von 1909, Reichsgesetzblatt 1909, Nr. 40 vom 20. Juli 1909) bevorzugten die Kunden billigere Tabake für Zigarren oder wechselten sogar zur Zigarette. Dadurch geriet die Zigarren-Industrie in eine schwere wirtschaftliche Krise. Die Folge war, dass die Arbeiter oft für mehrere Wochen nicht beschäftigt und somit ohne Lohn waren. Stock unterstützte die Belegschaft der Zigarrenfabrik Freund ab September 1912 bei einem elf Wochen dauernden Streik, der mit einer Übereinkunft mit dem Unternehmer beendet wurde, die aber von diesem nicht eingehalten wurde. Der Zigarrenarbeiter-Verband war durch die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung finanziell so belastet, dass er weitere Arbeitskämpfe in größerem Umfang nicht führen konnte. Um so wichtiger wurde die Mitgliederwerbung, die Stock intensiv in Form von Hausbesuchen und Betriebsversammlungen betrieb.
Infolge der Erhöhung der Tabaksteuer  (Tabaksteuergesetz von 1909, Reichsgesetzblatt 1909, Nr. 40 vom 20. Juli 1909) bevorzugten die Kunden billigere Tabake für Zigarren oder wechselten sogar zur Zigarette. Dadurch geriet die Zigarren-Industrie in eine schwere wirtschaftliche Krise. Die Folge war, dass die Arbeiter oft für mehrere Wochen nicht beschäftigt waren und somit ohne Lohn. Stock unterstützte die Belegschaft der Zigarrenfabrik Freund ab September 1912 bei einem elf Wochen dauernden Streik, der mit einer Übereinkunft mit dem Unternehmer beendet wurde, die aber von diesem nicht eingehalten wurde. Der Zigarrenarbeiter-Verband war durch die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung finanziell so belastet, dass er weitere Arbeitskämpfe in größerem Umfang nicht führen konnte. Um so wichtiger wurde die Mitgliederwerbung, die Stock intensiv in Form von Hausbesuchen und Betriebsversammlungen betrieb.


In der Zeit als Leiter des Gaus befasste sich Stock mit Fragen der Entlohnung der Tabakarbeiter, mit Fragen des Arbeiterschutzes, der Gesundheit und der Arbeitslosigkeit.
In der Zeit als Leiter des Gaus befasste sich Stock mit Fragen der Entlohnung der Tabakarbeiter, mit Fragen des Arbeiterschutzes, der Gesundheit und der Arbeitslosigkeit.
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Im Januar 1916 erhielt Stock wegen "Tapferkeit vor dem Feind" das Eiserne Kreuz II. Klasse. Nach einer Verwundung kam er im Februar 1917 für einige Tage ins Lazarett in Colmar. Im November 1917 wurde er vom Militärdienst zurückgestellt, um wieder die Geschäfte des Arbeitersekretärs wahrnehmen zu können. Diese Tätigkeit weitete sich erheblich aus. Waren es 1914 noch 1.439 Ratsuchende, die betreut werden mussten, so stieg diese Zahl auf 3.126 im letzten Kriegsjahr.
Im Januar 1916 erhielt Stock wegen "Tapferkeit vor dem Feind" das Eiserne Kreuz II. Klasse. Nach einer Verwundung kam er im Februar 1917 für einige Tage ins Lazarett in Colmar. Im November 1917 wurde er vom Militärdienst zurückgestellt, um wieder die Geschäfte des Arbeitersekretärs wahrnehmen zu können. Diese Tätigkeit weitete sich erheblich aus. Waren es 1914 noch 1.439 Ratsuchende, die betreut werden mussten, so stieg diese Zahl auf 3.126 im letzten Kriegsjahr.


Im September 1917 wurde die ''Deutsche Vaterlandspartei'' gegründet, die u.a. außenpolitisch  für einen deutschen „Siegfrieden“ und ein umfassendes Programm direkter und indirekter Expansion eintrat. Gegen diese ungezügelte Eroberungspropaganda wurde  auf Initiative von Ernst Troeltsch und anderen im Dezember 1917 der [[Volksbund für Freiheit und Vaterland]] gegründet. In Heidelberg gründeten Stock, Maier und ein Vertreter der christlichen Gewerkschaften einen Ableger, der sich gegen annexionistische Forderungen wandte.<ref><small>Mühlhausen S. 39 </small></ref>
Im September 1917 wurde die ''Deutsche Vaterlandspartei'' gegründet, die u.a. . außenpolitisch  für einen deutschen „Siegfrieden“ und ein umfassendes Programm direkter und indirekter Expansion eintrat. gegen diese ungezügelte Eroberungspropaganda wurde  auf Initiative von Ernst Troeltsch und anderen im Dezember 1917 der [[Volksbund für Freiheit und Vaterland]] gegründet. In Heidelberg gründeten Stock, Maier und ein Vertreter der christlichen Gewerkschaften einen Ableger, der sich gegen annexionistische Forderungen wandte.<ref><small>Mühlhausen S. 39 </small></ref>


=== Revolution ===
=== Revolution ===
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Zu den Aufgaben des Arbeiter- und Soldatenrats gehörten die Sicherung der Ernährung und der Brennstoffversorgung, Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und die Arbeitsvermittlung. Auch mussten die von der Front zurückkehrenden Soldaten ernährt und provisorisch untergebracht werden, sowie die zurückkehrenden Offiziere in zum Teil langen Verhandlungen überzeugt werden, sich der neuen Macht zu unterstellen. Wie seine Partei wandte sich Stock gegen die Bestrebungen radikaler Kräfte, ein Rätesystem  einzurichten, er sprach sich für das parlamentarische System aus und forderte den baldigen Zusammentritt der ''Nationalversammlung'' (so auch die Forderung in einer Resolution auf der Vollversammlung der Volksräte des Bezirks Heidelberg am 1. Dezember 1918). Stock verstand die Arbeiter- und Soldatenräte lediglich als "Treuhänder" der künftigen demokratischen Staatsmacht. Der Aufbau demokratischer Organe wurde auch bald in die Wege geleitet.
Zu den Aufgaben des Arbeiter- und Soldatenrats gehörten die Sicherung der Ernährung und der Brennstoffversorgung, Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und die Arbeitsvermittlung. Auch mussten die von der Front zurückkehrenden Soldaten ernährt und provisorisch untergebracht werden, sowie die zurückkehrenden Offiziere in zum Teil langen Verhandlungen überzeugt werden, sich der neuen Macht zu unterstellen. Wie seine Partei wandte sich Stock gegen die Bestrebungen radikaler Kräfte, ein Rätesystem  einzurichten, er sprach sich für das parlamentarische System aus und forderte den baldigen Zusammentritt der ''Nationalversammlung'' (so auch die Forderung in einer Resolution auf der Vollversammlung der Volksräte des Bezirks Heidelberg am 1. Dezember 1918). Stock verstand die Arbeiter- und Soldatenräte lediglich als "Treuhänder" der künftigen demokratischen Staatsmacht. Der Aufbau demokratischer Organe wurde auch bald in die Wege geleitet.


=== Die Zeit der Weimarer Republik ===
=== Zeit der Weimarer Republik ===
Am 3. Januar 1919 wurde die verfassunggebende badische Versammlung gewählt, vierzehn Tage später die [[Weimarer Nationalversammlung|Nationalversammlung]], in die  Christian Stock gewählt wurde. Die erste Kommunalwahl in Heidelberg ([[Wahl zur Stadtverordnetenversammlung (Heidelberg) 1919|Wahl der Stadtverordneten]]) wurde am 23. Mai 1919 durchgeführt. Stock zog als einer von 23 Sozialdemokraten ins Stadtparlament ein.
Am 3. Januar 1919 wurde die verfassunggebende badische Versammlung gewählt, vierzehn Tage später die [[Weimarer Nationalversammlung|Nationalversammlung]], bei der Christian Stock gewählt wurde. Die erste Kommunalwahl in Heidelberg ([[Wahl zur Stadtverordnetenversammlung (Heidelberg) 1919|Wahl der Stadtverordneten]]) wurde am 23. Mai 1919 durchgeführt. Stock zog als einer von 23 Sozialdemokraten ins Stadtparlament ein.


==== Abgeordneter in der Weimarer Nationalversammlung ====
==== Abgeordneter in der Weimarer Nationalversammlung ====
Im Plenum der Nationalversammlung sprach Stock, der mit 34 Jahren einer der jüngsten Abgeordneten war, nur zur Tabaksteuer und zum Umsatzsteuerentwurf. Für die Annahme der Bedingungen des Versailler Friedensvertrages stimmt er widerwillig unter Fraktionszwang (Deutschland habe keine Schuld am Krieg, äußerte er in der Rede zum Umsatzsteuergesetz <ref><small>Mühlhausen, S. 51</small></ref>). Für die Gliederung Deutschlands strebte er eine "unitaristische" Lösung an. <ref><small>Motto: "Weg mit den Grenzpfählen an den sogenannten Landesgrenzen, die entweder Napoleon gezimmert oder von den Gekrönten erheiratet wurden", vgl. Stocks Bericht über die Revolutionstage in: Mühlhausen, S. 53</small></ref> Dementsprechend nahm er als Abgeordneter der Nationalversammlung an Sondierungsgesprächen zwischen badischen und württembergischen Mandatsträgern über die Möglichkeit einer Vereinigung der beiden südwestdeutschen Länder teil. Man wurde sich auch einig, die Länderreform scheiterte jedoch am Widerstand Preußens.
Im Plenum der Nationalversammlung sprach Stock, der mit 34 Jahren einer der jüngsten Abgeordneten war, nur zur Tabaksteuer und zum Umsatzsteuerentwurf. Für die Annahme der Bedingungen des Versailler Friedensvertrages stimmt er widerwillig unter Fraktionszwang (Deutschland habe keine Schuld am Krieg, äußerte er in der Rede zum Umsatzsteuergesetz <ref><small>Mühlhausen, S. 51</small></ref>). Für die Gliederung Deutschlands strebte er eine "unitaristische" Lösung an. <ref><small>Motto: "Weg mit den Grenzpfählenan den sogenannten Landesgrenzen, die entweder Napoleon gezimmert oder von den Gekrönten erheiratet wurden", vgl. Stocks Bericht über die Revolutionstage in: Mühlhausen, S. 53</small></ref> Dementsprechend nahm er als Abgeordneter der Nationalversammlung an Sondierungsgesprächen zwischen badischen und württembergischen Mandatsträgern über die Möglichkeit einer Vereinigung der beiden südwestdeutschen Länder teil. Man wurde sich auch einig, die Länderreform scheiterte jedoch am Widerstand Preußens.


Im März [[1920]] putschten antirepublikanische Kräfte unter Führung des preußischen Generallandschaftsdirektors Wolfgang Kapp. Reichswehrtruppen unter Führung von General Walther von Lüttwitz marschierten in Berlin ein und erklärten die Regierung für abgesetzt. Die Regierung wich erst nach Dresden, dann nach Stuttgart aus. Letztlich scheiterte der Kapp-Putsch am Generalstreik der Arbeiterschaft. Die Parteien der Weimarer Koalition (das waren außer der SPD die Zentrumspartei und die DDP) hielten auf dem Heidelberger [[Marktplatz (Heidelberg)|Marktplatz]] eine Protestversammlung ab. Stock hielt eine Rede vom Balkon des Rathauses und rief dazu auf, die Regierung Ebert/Bauer zu unterstützen.  
Im März [[1920]] putschten antirepublikanische Kräfte unter Führung des preußischen Generallandschaftsdirektors Wolfgang Kapp. Reichswehrtruppen unter Gührung von General Walther von Lüttwitz marschierten in Berlin ein und erklärten die Regierung für abgesetzt. Die Regierung wich erst nach Dresden, dann nach Stuttgart aus. Letztlich scheiterte der Kapp-Putsch am Generalstreik der Arbeiterschaft. Die Parteien der Weimarer Koalition (das waren außer der SPD die Zentrumspartei und die DDP) hielten auf dem Heidelberger [[Marktplatz (Heidelberg)|Marktplatz]] eine Protestversammlung ab. Stock hielt eine Rede vom Balkon des Rathauses und reif dazu auf, die Regierung Ebert(Bauer zu unterstützen.  


Nach dem Scheitern des Putsches wurde Stock von Reichspräsident Ebert kommissarisch zum Unterstaatssekretär im Reichswehrministerium ernannt. Es gelang ihm jedoch nicht, die Rolle eines zivilen Kontrolleurs im Ministerium zu spielen, der Einfluss der Rechswehr-Führung war zu stark. Es stellte sich auch heraus, dass es nicht möglich war, gegen den Widerstand der Beamtenschaft einen Außenstehenden wie Stock dauerhaft mit einer besoldeten Stelle im Ministerium zu etablieren. Damit war diese Karriere für Stock blockiert.
Nach dem Scheitern des Putsches wurde Stock von Reichspräsident Ebert kommissarisch zum Unterstaatssekretär im Reichswehrministerium ernannt. Es gelang ihm jedoch nicht, die Rolle eines zivilen Kontrolleurs im Ministerium zu spielen, der Einfluss der Rechswehr-Führung war zu stark. Es stellte sich auch heraus, dass es nicht möglich war, gegen den Widerstand der Beamtenschaft einen Außenstehenden wie Stock dauerheft mit einer besoldeten Stelle im Ministerium zu etablieren. Damit war diese Karriere für Stock blockiert.


==== Zurück in Heidelberg ====
==== zurück in Heidelberg ====
Stock kehrte nach der Auflösung der Nationalversammlung auf seinen Heidelberger Posten als Arbeitersekretär zurück. Außerdem widmete er sich gewerkschaftlichen, parteipolitischen und sozialpolitischen Aufgaben.
Stock kehrte nach der Auflösung der Nationalversammlung auf seinen Heidelberger Posten als Arbeitersekretär zurück. Außerdem widmete er sich gewerkschaftlichen, parteipolitischen und sozialpolitischen Aufgaben.


===== Landessekretär des ADGB für Baden =====
===== Landessekretär des ADGB für Baden =====
Auf der Konferenz der badischen Gewerkschaften im Februar 1921 in Offenburg wurde festgelegt, dass zur Straffung der gewerkschaftlichen Organisation in Baden ein Landesausschuss des [[Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund|Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB)]] geschaffen und ein ''Landessekretär'' angestellt werden sollte. Ende Mai 1921 fand in Heidelberg eine außerordentliche Konferenz der Ortsausschüsse Badens des ADGB statt, der die Satzung des Landesausschusses annahm und einen Vorstand wählte, dem auch Stock angehörte.<ref><small>Im Juli 1922 hatten die badischen Gewerkschaften (soweit sie dem ADGB angehörten, also ohne die christlichen und die liberalen Gewerschaften) ca. 237.000 Mitglieder</small></ref> Stock erhielt die Stelle des Landessekretärs, die zuvor ausgeschrieben worden war. Neben dem Aufbau der Organisation des Landesausschusses widmete sich Stock der Schaffung von Arbeitererholungsheimen und der Einrichtung von Ferienkursen in Universitätsstädten.<ref><small>Aus seinen Erfahrungen mit den Bildungskursen Darmstädter Studenten wusste Stock, wie wichtig diese Art von Fortbildung war.</small></ref>Stock betrachtete die Gewerkschaften als eine "Kulturbewegung", die nicht nur die Arbeiterinteressen bündeln, sondern auch das Proletariat bilden sollte.<ref><small>Mühlhausen, ''Christian Stock'', S. 65</small></ref>
Auf der Konferenz der badischen Gewerkschaften im Februar 1921 in Offenburg wurde festgelegt, dass zur Straffung der gewerkschaftlichen Organisation in Baden ein Landesausschuss des [[Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund|Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB)]] geschaffen und ein ''Landessekretär'' angestellt werden sollte. Ende Mai 1921 fand in Heidelberg eine außerordentliche Konferenz der Ortsausschüsse Badens des ADGB statt, der die Satzung des Landesausschusses annahm und einen Vorstand wählte, dem auch Stock angehörte.<ref><small>Im Juli 1922 hatten die badeischen Gewerkschaften (soweit sie dem ADGB angehörten, also ohne die christlichen und die liberalen Gewerschaften) ca. 237.000 Mitglieder</small></ref> Stock erhielt die Stelle des Landessekretärs, die zuvor ausgeschrieben worden war. Neben dem Aufbau der Organisation des Landesausschusses widmete sich Stock der Schaffung von Arbeitererholungsheimen und der Einrichtung von Ferienkursen in Universitätsstädten.<ref><small>Aus seinen Erfahrungen mit den Bildungskursen Darmstädter Studenten wusste Stock, wie wichtig diese Art von Fortbildung war.</small></ref>Stock betrachtete die Gewerkschaften als eine "Kulturbewegung", die nicht nur die Arbeiterinteressen bündeln, sondern auch das Proletariat bilden sollte.<ref><small>Mühlhausen, ''Christian Stock'', S. 65</small></ref>


===== Badischer Landtagsabgeordneter =====
===== badischer Landtagsabgeordneter =====
Im September 1921 beschloss die badische SPD auf ihrem Wahlparteitag in Durlach, einen Gewerkschaftsvertreter in den [[Landtag der Republik Baden|Landtag]] zu bringen. Man entschied sich für den Landessekretär Christian Stock. Dieser wurde auf dem sicheren Platz zwei der Landesliste bei den Wahlen im Oktober [[1921]] gewählt. Stock profilierte sich im Landtag auf dem Gebiet der Sozialpolitik. Als er später als Landessekretär des ADGB zurücktrat, forderte ihn dessen Landesausschuß auf, dennoch sein Mandat zu behalten und auszuüben, dem folgte der Landesausschuß der SPD. Dementsprechend blieb Stock bis 1925 Landtagsabgeordneter.
Im September 1921 beschloss die badische SPD auf ihrem Wahlparteitag in Durlach, einen Gewerkschaftsvertreter in den [[Landtag der Republik Baden|Landtag]] zu bringen. Man entschied sich für den Landessekretär Christian Stock. Dieser wurde auf dem sicheren Platz zwei der Landesliste bei den Wahlen im Oktober [[1921]] gewählt. Stock profilierte sich im Landtag auf dem Gebiet der Sozialpolitik. Als er später als Landessekretär des ADGB zurücktrat, forderte ihn dessen Landesausschuß auf, dennoch sein Mandat zu behalten und auszuüben, dem folgte der Landesausschuß der SPD. Dementsprechend blieb Stock bis 1925 Landtagsabgeordneter.


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Nach dem bereits bestehenden Erholungsheim der AOK Heidelberg, dem Haus "Alt-Heidelberg" in Seeheim a. d. Bergstraße wurde im Mai 1928 das "Friedrich-Ebert-Haus" in Schönberg bei [[Bensheim]] errichtet. Im September/Oktober 1930 bezog die AOK das neue Verwaltungsgebäude in der ''Leopoldstraße'', Ecke ''Wredeplatz'' (heute [[Friedrich-Ebert-Platz (Heidelberg)|Friedrich-Ebert-Platz]]), wo sich noch heute der Sitz der Verwaltung der AOK befindet.
Nach dem bereits bestehenden Erholungsheim der AOK Heidelberg, dem Haus "Alt-Heidelberg" in Seeheim a. d. Bergstraße wurde im Mai 1928 das "Friedrich-Ebert-Haus" in Schönberg bei [[Bensheim]] errichtet. Im September/Oktober 1930 bezog die AOK das neue Verwaltungsgebäude in der ''Leopoldstraße'', Ecke ''Wredeplatz'' (heute [[Friedrich-Ebert-Platz (Heidelberg)|Friedrich-Ebert-Platz]]), wo sich noch heute der Sitz der Verwaltung der AOK befindet.


Neben seiner Tätigkeit für die AOK erfüllte Stock seine Pflichten innerhalb der SPD. Er trat auf zahlreichen Versammlungen auf und hielt Reden, unter anderem in Sinsheim, Walldorf, Obrigheim, Sandhausen, Ziegelhausen usw.. Als im August 1921 der ehemalige Finanzminister Mathias Erzberger ermordet wurde, berief Stock eine Konferenz der sozialistischen Organisationen Heidelbergs ein. Es wurde vom Gewerkschaftskartell, dem ''Allgemeinen freien Angestelltenbund'' (AFA), der SPD und der USPD ein gemeinsamer Aufruf zu einer Demonstration am 31. August "gegen Monarchisten, Hakenkreuzler und Stahlhelmleute" verfasst. Auch die KPD schloss sich der Aktion an. <ref><small>Mühlhausen, s. 73</small></ref>
Neben seiner Tätigkeit für die AOK erfüllte Stock seine Pflichten innerhalb der SPD. Er trat auf zahlreichen Versammlungen auf und hielt Reden, oft unter erheblichem Zeitaufwand, unter anderem in Sinsheim, Walldorf, Obrigheim, Sandhausen, Ziegelhausen usw.. Als im August 1921 der ehemalige Finanzminister Mathias Erzberger ermordet wurde, berief Stock eine Konferenz der sozialistischen Organisationen Heidelbergs ein. Es wurde vom Gewerkschaftskartell, dem ''Allgemeinen freien Angestelltenbund'' (AFA), der SPD und der USPD ein gemeinsamer Aufruf zu einer Demonstration am 31. August "gegen Monarchisten, Hakenkreuzler und Stahlhelmleute" verfasst. Auch die KPD schloss sich der Aktion an. <ref><small>Mühlhausen, s. 73</small></ref>


Nachdem das örtliche Presseorgan der SPD für Heidelberg und Umgebung, die [[Volkszeitung]], ab Herbst 1919 erschien (zuvor wurde Heidelberg von der in Mannheim erscheinenden [[Volksstimme]] "mitversorgt"), schrieb Stock in der Parteizeitung Artikel, vor allem zu sozialpolitischen und Sozialversicherungs- fragen. In der Heidelberger Ortsgruppe des (vor allem sozialdemokratischen) Kampfbundes zur Verteidigung der Republik, dem [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold]] wurde er im September 1924 der zweite Vorsitzende.
Nachdem das örtliche Presseorgan der SPD für Heidelberg und Umgebung, die [[Volkszeitung]], ab Herbst 1919 erschien (zuvor wurde Heidelberg von der in Mannheim erscheinenden [[Volksstimme]] "mitversorgt"), schrieb Stock in der Parteizeitung Artikel, vor allem zu sozialpolitischen und Sozialversicherungs- fragen. In der Heidelberger Ortsgruppe des (vor allem sozialdemokratischen) Kampfbundes zur Verteidigung der Republik, dem [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold]] wurde er im September 1924 der zweite Vorsitzende.


===== Kommunalpolitiker in Heidelberg =====
===== Kommunalpolitiker in Heidelberg =====
In den 20er Jahren gehörte Stock neben [[Emil Maier]], [[Josef Amann]], [[Adolf Engelhardt]], [[Heinrich Kilger]] und [[Adolf Rausch]] zur Führungsspitze der Sozialdemokraten im Raum Heidelberg.
In den 20er Jahren gehörte Stock neben den SPD-Stadträten [[Emil Maier]] und [[Josef Amann]] (örtlicher Parteisekretär), dem Gewerkschaftsvorsitzenden [[Adolf Engelhardt]], [[Heinrich Kilger]] und dem Heidelberger Gewerkschaftsvorsitzenden am Ende der Weimarer Republik [[Adolf Rausch]] zur Führungsspitze der Sozialdemokraten im Raum Heidelberg.


Bei der [[Wahl der Stadtverordneten 1919 (Baden)|Kommunalwahl]] vom 25.5.1919 wurde Stock als Stadtverordneter für den Bürgerausschuss der Stadt Heidelberg gewählt. Von 1919 bis 1926 war er Obmann des Stadtverordnetenvorstands; in dieser Eigenschaft gehörte er zugleich dem ''Gemischten beschließenden Ausschuß'' an, der in dringlichen Angelegenheiten anstelle des Bürgerausschusses zusammentrat. Stock war [[Stadtrat (Republik Baden)|Stadtrat]] von 1926 bis 1930 sowie von 1931 bis 1932.
Bei der [[Wahl der Stadtverordneten 1919 (Baden)|Kommunalwahl]] vom 25.5.1919 wurde Stock als Stadtverordneter für den Bürgerausschuss der Stadt Heidelberg gewählt. Von 1919 bis 1926 war er Obmann des Stadtverordnetenvorstands; in dieser Eigenschaft gehörte er zugleich dem ''Gemischten beschließenden Ausschuß'' an, der in dringlichen Angelegenheiten anstelle des Bürgerausschusses zusammentrat. Stock war [[Stadtrat (Republik Baden)|Stadtrat]] von 1926 bis 1930 sowie 1931 bis 1932.


Die Sozialdemokraten wurden in der Zwischenkriegszeit von den bürgerlichen Parteien und Wählergruppen systematisch ausgegrenzt. Das gilt vor allem für Heidelberg. So stellte die SPD in Heidelberg als der einzigen badischen Stadt während der Weimarer Republik keinen einzigen Bürgermeister. 1928 sah sich die Partei, obwohl sie die stärkste Fraktion im Bürgerausschuss stellte, gezwungen, bei der Oberbürgermeisterwahl für [[Carl Neinhaus]] als Nachfolger von [[Ernst Walz]] zu stimmen, da sie keine Chance hatte, einen eigenen Kandidaten durchzubringen.<ref><small>Mühlhausen, S. 85</small></ref>
Die Sozialdemokraten wurden in der Zwischenkriegszeit von den bürgerlichen Parteien und Wählergruppen systematisch ausgegrenzt. Das gilt vor allem für Heidelberg. So stellte die SPD in Heidelberg als der einzigen badischen Stadt während der Weimarer Republik keinen einzigen Bürgermeister. 1928 sah sich die Partei, obwohl sie die stärkste Fraktion im Bürgerausschuss stellte, gezwungen, für [[Carl Neinhaus]] als Nachfolger von [[Ernst Walz]] zu stimmen, da sie keine Chance hatte, einen eigenen Kandidaten durchzubringen.<ref><small>Mühlhausen, S. 85</small></ref>


Angesichts der knappen Finanzen gab es für die Kommunalpolitik zwischen 1918 und 1933 sehr enge Spielräume. Um so wichtiger schien es Stock, Errungenschaften auf dem Gebiet der Volksgesundheit und der Kultur gegen eine rechtsbürgerliche Sparpolitik zu verteidigen. Die Schließung des Hallenbades konnte 1920 verhindert werden, allerdings wurde das städtische Theater verpachtet, um die  Schließung zu vermeiden. Der Bau neuer Klinikgebäude wäre dringend erforderlich gewesen (in manchen Kliniken mussten sich in der III. Klasse zwei Patienten ein Bett teilen), jedoch standen die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung.  
Angesichts der knappen Finanzen gab es für die Kommunalpolitik zwischen 1918 und 1933 sehr enge Spielräume. Um so wichtiger schien es Stock, Errungenschaften auf dem Gebiet der Volksgesundheit und der Kultur gegen eine rechtsbürgerliche Sparpolitik zu verteidigen. Die Schließung des Hallenbades konnte 1920 verhindert werden, allerdings wurde das städtische Theater verpachtet, um die  Schließung zu vermeiden. Der Bau neuer Klinikgebäude wäre dringend erforderlich gewesen (in manchen Kliniken mussten sich in der III. Klasse zwei Patienten ein Bett teilen), jedoch standen die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung.  


Aus verschiedenen Gründen war die Arbeitslosigkeit  in Heidelberg besonders hoch. Stock propagierte daher die Schaffung von neuen Arbeitsgelegenheiten. Mit finanzieller Unterstützung von Reich und Land wurden Notstandsarbeiten organisiert, Ende 1920 wurden 985 Arbeiter durch diese Maßnahmen beschäftigt. Langfristig wäre allerdings die Ansiedlung von Industriebetrieben nötig gewesen. Zwar war Heidelberg  bis 1914 die kapitalkräftigste Stadt in Baden mit einer breiten Schicht wohlhabender Einwohner, infolge der Reichsfinanzreform, die die Kommunen der Finanzhoheit über die Einkommensteuer beraubte, hatte die Stadt hiervon jedoch keine Vorteile mehr. Sie hätte sich nur durch andere Steuern sanieren könne, inbesondere durch Einnahmen aus der Gewerbesteuer, also durch Neuansiedlung von Industrie. Während vor dem Ersten Weltkrieg das Heidelberger Bürgertum die Ansiedlung von Industrie verhinderte und allein auf Fremdenverkehr und Universität setzte, verabschiedete der Bürgerausschuss im November 1921 mit großer Mehrheit und mit den Stimmen der SPD ein neues Projekt, das zur Ansiedlung von Industriebetrieben auf dem Gelände "Im Fuchsloch" westlich des Gaswerks führen sollte. Allerdings siedelten sich nur wenige Betriebe hier an, die Hoffungen erfüllten sich nicht. <ref><small>Stock lehnte in der Rede zur Ablehnung des Etats am 13. Mai 1931 die der SPD zugeschobene Verantwortung für die finanzielle Misere mit den Worten ab: "Wir tragen aber nicht die Verantwortung für ... die Politik der mangelnden Arbeitsbeschaffung, für die Verneinung der Industrieanlagen, welche die Bürgerlichen von der Stadt fernhalten wollten - und was ihnen auch gelang. Daher der außerordentliche Arbeitslosenstand. Diese Sünden rächen sich heute. Die Nationalliberalen ..., sie tragen die Schuld. Sie waren nur Freunde der Universität und der Fremdenstadt." Quelle; Dokument 6 als Anlage zu Mühlhausen, ''Christian Stock'', Seite 158</small></ref>
Aus verschiedenen Gründen war die Arbeitslosigkeit  in Heidelberg besonders hoch. Stock propagierte daher die Schaffung von neuen Arbeitsgelegenheiten. Mit finanzieller Unterstützung von Reich und Land wurden Notstandsarbeiten organisiert, Ende 1920 wurden 985 Arbeiter durch diese Maßnahmen beschäftigt. Langfristig wäre allerdings die Ansiedlung von Industriebetrieben nötig gewesen. Zwar war Heidelberg  bis 1914 die kapitalkräftigste Stadt in Baden mit einer breiten Schicht wohlhabender Einwohner, infolge der Reichsfinanzreform, die die Kommunen der Finanzhoheit über die Einkommensteuer beraubte, hatte die Stadt hiervon keine Vorteile mehr. Sie hätte sich nur durch andere Steuern sanieren könne, inbesondere durch Einnahmen aus der Gewerbesteuer, also durch Neuansiedlung von Industrie. Während vor dem Ersten Weltkrieg das Heidelberger Bürgertum die Ansiedlung von Industrie verhinderte und allein auf Fremdenverkehr und Universität setzte, verabschiedete der Bürgerausschuss im November 1921 mit großer Mehrheit und mit den Stimmen der SPD ein neues Projekt, das zur Ansiedlung von Industriebetrieben auf dem Gelände "Im Fuchsloch" westlich des Gaswerks führen sollte. Allerdings siedelten sich nur wenige Betriebe hier an, die Hoffungen erfüllten sich nicht. <ref><small>Stock lehnte in der Rede zur Ablehnung des Etats am 13. Mai 1931 die der SPD zugeschobene Verantwortung für die finanzielle Misere mit den Worten ab: "Wir tragen aber nicht die Verantwortung für ... die Politik der mangelnden Arbeitsbeschaffung, für die Verneinung der Industrieanlagen, welche die Bürgerlichen von der Stadt fernhalten wollten - und was ihnen auch gelang. Daher der außerordentliche Arbeitslosenstand. Diese Sünden rächen sich heute. Die Nationalliberalen ..., sie tragen die Schuld. Sie waren nur Freunde der Universität und der Fremdenstadt." Quelle; Dokument 6 als Anlage zu Mühlhausen, ''Christian Stock'', Seite 158</small></ref>


===== Neu-Heidelberg =====
===== Neu-Heidelberg =====
Hatte schon im letzten Kriegsjahr in Heidelberg Wohnungsnot geherrscht, so errechnete die Stadt Ende des Jahres 1920 einen Fehlbetragvon 2.243 Wohnungen, 820 der Wohnungsgesuche wurden als unaufschiebbar" bezeichnet.<ref><small>Mühlhausen, S. 92</small></ref> Die damals bestehende Zwangswirtschaft auf dem Wohnungssektor wurde von den bürgerlichen Parteien kritisiert, sie forderten die Lockerung der Zwangsmaßnahmen und die Förderung des privaten Wohnungsbaus; die Sozialdemokraten hingegen forderten Beibehaltung der Zwangsbewirtschaftung. Stock kritisierte den Glauben an die Selbstheilungskräfte des Marktes  als illusorisches Wunschdenken.<ref><small>Stock in der Bürgerausschuß-Sitzung am 29. November 1921; Mühlhausen, S. 94</small></ref> Da weder die öffentliche Hand noch die private Wirtschaft ausreichend Wohnungen bauten, blieben nur die Baugenossenschaften, die dazu in der Lage waren, öffentliche Unterstützung vorausgesetzt. Weitgehend der Initiative von Christian Stock war es zu verdanken, dass am 29. Juni 1918 die ''Gemeinnützige Baugenossenschaft für Volks- und Kriegerheimstätten'' gegründet wurde. (Der Name wurde 1927 in [[Gemeinnützige Baugenossenschaft Neu-Heidelberg]] geändert.) In der Folgezeit wurden  Siedlungen auf der Gemarkung Pfaffengrund (schon 1920 wurden 100 Wohnungen fertiggestellt) und  in Heidelberg-Handschuhsheim (Siedlung ''Pfädelsäcker'' - 62 Wohnungen)  geschaffen. Weitere Bauvorhaben wurden in den wohnungspolitischen Brennpunkten wie Kirchheim druchgeführt. Stock, der im Aufsichtsrat der Baugenossenschaft einen Sitz hatte, legte sein Mandat nach der Machtergreifung Hitlers nieder.  
Hatte schon im letzten Kriegsjahr in Heidelberg Wohnungsnot geherrscht, so errechnete die Stadt Ende des Jahres 1920 einen Fehlbetragvon 2.243 Wohnungen, 820 der Wohnungsgesuche wurden als unaufschiebbar" bezeichnet.<ref><small>Mühlhausen, S. 92</small></ref> Die damals bestehende Zwangswirtschaft auf dem Wohnungssektor wurde von den bürgerlichen Parteien kritisiert, sie forderten die Lockerung der Zwangsmaßnahmen und die Förderung des privaten Wohnungsbaus; die Sozialdemokraten hingegen forderten die Beibehaltung, Stock kritisierte den Glauben an die Selbstheilungskräfte des Marktes  als illusorisches Wunschdenken.<ref><small>Stock in der Bürgerausschuß-Sitzung am 29. November 1921; Mühlhausen, S. 94</small></ref> Da weder die öffentliche Hand noch die private Wirtschaft ausreichend Wohnungen bauten, blieben nur die Baugenossenschaften, die dazu in der Lage waren, öffentliche Unterstützung vorausgesetzt. Weitgehend der Initiative von Christian Stock war es zu verdanken, dass am 29. Juni 1918 die ''Gemeinnützige Baugenossenschaft für Volks- und Kriegerheimstätten'' gegründet wurde. (Der Name wurde 1927 in [[Gemeinnützige Baugenossenschaft Neu-Heidelberg]] geändert.) In der Folgezeit wurden  Siedlungen auf der Gemarkung Pfaffengrund (schon 1920 wurden 100 Wohnungen fertiggestellt) und  in Heidelberg-Handschuhsheim (Siedlung ''Pfädelsäcker'' - 62 Wohnungen)  geschaffen. Weitere Bauvorhaben wurden in den wohnungspolitischen Brennpunkten wie Kirchheim druchgeführt. Stock, der im Aufsichtsrat der Baugenossenschaft einen Sitz hatte, legte sein Mandat nach der Machtergreifung Hitlers nieder.  


Im März 1932 verließ Stock Heidelberg und übernahm beim Hauptverband deutscher Krankenkassen die Stelle eines Geschäftsführers des Landesverbands Hessen und Hessen-Nassau und zog nach Seeheim an der Bergstraße. Von seiner Familie hatte er sich inzwischen getrennt. Bereits im Juni 1932 gab Stock die Stelle wieder auf und wurde Direktor der Ortskrankenkasse Frankfurt, um dort die Finanzen zu sanieren.
Im März 1932 verließ Stock Heidelberg und übernahm beim Hauptverband deutscher Krankenkassen die Stelle eines Geschäftsführers des Landesverbands Hessen und Hessen-Nassau und zog nach Seeheim an der Bergstraße. Von seiner Familie hatte er sich inzwischen getrennt. Bereits im Juni 1932 gab Stock die Stelle wieder auf und wurde Direktor der Ortskrankenkasse Frankfurt, um dort die Finanzen zu sanieren.


== Die Zeit der Diktatur. 1933 - 1945 ==
== Die Zeit der Diktatur. 1933 - 1945 ==
Nachdem Stock am 8. April 1933 von der Frankfurter AOK aus politischen Gründen fristlos entlassen worden war<ref><small>Übrigens legte er erfolgreich Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde, dem Versicherungsamt, er erlangte im Januar 1935 ein Urteil zu seinen Gunsten, wurde aber dennoch nicht wieder eingestellt. Bereits  im September 1934 hatte  der Reichskommissar Stocks endgültige Entlassung zum 1. April 1935 aufgrund des ''Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums'' verfügt.</small></ref>, wurde er im Juli 1933 Stock verhaftet und in das [[Konzentrationslager Kislau]] gebracht, wo er acht Monate in "Schutzhaft" saß zusammen mit anderen prominenten Sozialdemokraten aus Nord- und Mittelbaden wie der langjährige Minister [[Adam Remmele]], der badische Staatsrat Ludwig Marum<ref><small>Zu Ludwig Marum, der im KZ Kislau ermordet wurde, vgl. den Artikel im Stadtwiki Karlsruhe</small></ref> und die Heidelberger Stadträte [[Heinrich Kilger]] und Adolf Rausch, dem Sohn von [[Karl Rausch]]. Am 16. März 1934 wurde Stock entlassen.  
Nachdem Stock am 8. April 1933 von der Frankfurter AOK fristlos entlassen worden war<ref></small>Übrigens legte er erfolgreich Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde, dem Versicherungsamt, er erlangte im Januar 1935 ein Urteil zu seinen Gunsten, wurde aber dennoch nicht wieder eingestellt. Bereits  im September 1934 hatte  der Reichskommissar Stocks endgültige Entlassung zum 1. April 1935 aufgrund des ''Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums'' verfügt.</small></ref>
 
Im Juli 1933 wurde Stock verhaftet und in das [[Konzentrationslager Kislau]] gebracht, wo er acht Monate in "Schutzhaft" saß zusammen mit anderen prominenten Sozialdemokraten aus Nord- und Mittelbaden wie der langjährige Minister [[Adam Remmele]], der badische Staatsrat Ludwig Marum<ref><small>Zu Ludwig Marum, der im KZ Kislau ermordet wurde, vgl. den Artikel im Stadtwiki Karlsruhe</small></ref> und die Heidelberger Stadträte [[Heinrich Kilger]] und Adolf Rausch, dem Sohn von [[Karl Rausch]]. Am 16. März 1934 wurde Stock entlassen.  


Nach seiner endgültigen Entlassung bei der AOK Frankfurt erhielt Stock nur Dreiviertel der ihm zustehenden Pension, was zum Leben nicht ausreichte. Nach vergeblicher Stellensuche eröffnete Stock ein Tabakgeschäft in der Grafenstraße in Darmstadt, das anfangs auch recht gut lief. Der Tabakladen wurde zu einer Anlaufstelle für mit Stock befreundete Sozialdemokraten. Man tauschte sich aus und bereitete sich auf die Zeit nach dem Ende des "Dritten Reiches" vor. Dieses "Netzwerk" hielt auch nach dem Krieg, insbesondere der passionierte Raucher Ludwig Bergsträsser, den Stock in Zeiten der Knappheit mit Zigarren versorgte, sollte in seinem  politischen Leben  noch eine wichtige Rolle spielen. Im Laufe der Zeit wurde jedoch der Tabak immer stärker rationiert, vor allem im Krieg. Es gelang Stock jedoch , im Juni 1943 eine Stelle als Revisor bei der Betriebskrankenkasse der VD;-Halbzeugwerke in Frankfurt-Heddernheim zu erlangen.  
Nach seiner endgültigen Entlassung bei der AOK Frankfurt erhielt Stock nur Dreiviertel der ihm zustehenden Pension, was zum Leben nicht ausreichte. Nach vergeblicher Stellensuche eröffnete Stock ein Tabakgeschäft in der Grafenstraße in Darmstadt, das anfangs auch recht gut lief. Der Tabakladen wurde zu einer Anlaufstelle für mit Stock befreundete Sozialdemokraten. Man tauschte sich aus und bereitete sich auf die Zeit nach dem Ende des "Dritten Reiches" vor. Dieses "Netzwerk" hielt auch nach dem Krieg, insbesondere der passionierte Raucher Ludwig Bergsträsser, den Stock in Zeiten der Knappheit mit Zigarren versorgte, sollte in seinem  politischen Leben  noch eine wichtige Rolle spielen. Im Laufe der Zeit wurde jedoch der Tabak immer stärker rationiert, vor allem im Krieg. Es gelang Stock jedoch , im Juni 1943 eine Stelle als Revisor bei der Betriebskrankenkasse der VD;-Halbzeugwerke in Frankfurt-Heddernheim zu erlangen.  

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