Oswald Vierordt: Unterschied zwischen den Versionen

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Oswald Vierordt wurde in eine alte badische Beamten- und Offiziersfamilie hinein geboren. Sein Vater war zunächst Reichsbevollmächtigter für Steuern und Zölle. Er wurde gegen Ende seiner Berufslaufbahn zum Oberfinanzrat an der Oberrechnungskammer in Karlsruhe befördert und war Privatsekretär der Großherzogin, deren Rot-Kreuz-Gedanke den Vater inspirierte.<ref>Annales NESTLE: Eduard Seidler: ''Pädiatrie in Heidelberg. Zum 100-jährigen Jubiläum der Universitäts-Kinderklinik (Luisenheilanstalt) 1860-1960,'' Nestle Verlag Lindau am Bodensee 1960, S. 60-76. [http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/titel.cgi?katkey=1273598&sess=8f0d39c718f086e4358eb588eb55ba18&art=f&kat1=freitext&kat2=ti&kat3=au&op1=AND&op2=AND&var1=&var2=&var3=%22seidler%2C%20eduard%22 Pädiatrie in Heidelberg]</ref> Oswald Vierordt schlug auf Wunsch des Vaters zunächst die Offizierslaufbahn ein und studierte dann Medizin in [[Universität Heidelberg|Heidelberg]] und Leipzig bei Rudolf Bunsen und Wilhelm Erb. Er habilitierte sich 1884 bei Wagner mit einer Arbeit über Neuritis. Noch in Leipzig verfasste er sein wissenschaftliches Werk „Die Diagnostik der Inneren Krankheiten“, das zum Standardwerk wurde und Vierordt schnell bekannt machte. Zudem hielt er praktische Kurse in Auskultation und Perkussion für die Studierenden ab. Schon im Jahr 1888 erhielt er, erst 32-jährig, einen Ruf als Professor und Direktor der medizinischen Poliklinik an die Universität Jena. Nur zwei Jahre später, im Jahr 1890 erhielt er einen weiteren Ruf als ordentlicher Professor und Direktor der Medizinischen Poliklinik Heidelberg, sowie in Personalunion als außerordentlicher Pofessor und Direktor der Luisenheilanstalt. Es handelte sich bei dieser Berufung um eine Doppelfunktion.  
Oswald Vierordt wurde in eine alte badische Beamten- und Offiziersfamilie hinein geboren. Sein Vater war zunächst Reichsbevollmächtigter für Steuern und Zölle. Er wurde gegen Ende seiner Berufslaufbahn zum Oberfinanzrat an der Oberrechnungskammer in Karlsruhe befördert und war Privatsekretär der Großherzogin, deren Rot-Kreuz-Gedanke den Vater inspirierte.<ref>Annales NESTLE: Eduard Seidler: ''Pädiatrie in Heidelberg. Zum 100-jährigen Jubiläum der Universitäts-Kinderklinik (Luisenheilanstalt) 1860-1960,'' Nestle Verlag Lindau am Bodensee 1960, S. 60-76. [http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/titel.cgi?katkey=1273598&sess=8f0d39c718f086e4358eb588eb55ba18&art=f&kat1=freitext&kat2=ti&kat3=au&op1=AND&op2=AND&var1=&var2=&var3=%22seidler%2C%20eduard%22 Pädiatrie in Heidelberg]</ref> Oswald Vierordt schlug auf Wunsch des Vaters zunächst die Offizierslaufbahn ein und studierte dann Medizin in [[Universität Heidelberg|Heidelberg]] und Leipzig bei Rudolf Bunsen und Wilhelm Erb. Er habilitierte sich 1884 bei Wagner mit einer Arbeit über Neuritis. Noch in Leipzig verfasste er sein wissenschaftliches Werk „Die Diagnostik der Inneren Krankheiten“, das zum Standardwerk wurde und Vierordt schnell bekannt machte. Zudem hielt er praktische Kurse in Auskultation und Perkussion für die Studierenden ab. Schon im Jahr 1888 erhielt er, erst 32-jährig, einen Ruf als Professor und Direktor der medizinischen Poliklinik an die Universität Jena. Nur zwei Jahre später, im Jahr 1890 erhielt er einen weiteren Ruf als ordentlicher Professor und Direktor der Medizinischen Poliklinik Heidelberg, sowie in Personalunion als außerordentlicher Pofessor und Direktor der Luisenheilanstalt. Es handelte sich bei dieser Berufung um eine Doppelfunktion.  


Bereits zwei Jahre später, im Jahr 1892, gelang es Vierordt, zusätzliche Gelder von der Großherzoglichen Staatsregierung für Lehr- und Wissenschaftszwecke in der Luisenanstalt zu aquierieren. Damit hatte er die akademische Weihe für die Pädiatrie erreichen können, an deren Vertiefung er ab sofort arbeitete. Vierordt erweiterte die Luisenheilanstalt für kranke Säuglinge und Kinder um ein Infektionshaus mit getrennten Räumen für Scharlach, Diphtherie und Masern (1895), um ein Ambulanzgebäude (1901) für über 1000 Kinder im Jahr, um ein Laboratorium im Keller mit vollständiger Ausstattung für Forschungszwecke, sowie um ein Säuglings- und Milchküchengebäude (1904), das wegweisende Funktion bekommen sollte. In der Milchküche gab es modernste Geräte wie einen Apparat zur Flaschenreinigung, zur Pasteurisierung, zur Dampfsterilisation und Schnellkühlung. Die qualitativ hochwertige Säuglingsnahrung war nicht nur wichtig für die Luisenheilanstalt selber, sondern wurde gegen geringes Entgelt auch an die Bevölkerung abgegeben. Im Jahr 1904 wurde ein Neubau für Säuglinge eröffnet. In der Klinik waren zu jenem Zeitpunkt fünf Assistenten, zwei Oberinnen, 20 Schwestern, vier Damenschülerinnen, drei Pflegeschülerinnen, zwei Ammen sowie 19 weitere Personen in Küche und Haushalt beschäftigt. Unter Vierordt wurde die Luisenheilanstalt zu einem international bekannten Zentrum für Pädiatrie. Zu den Oberinnen, die mit Oswald Vierordt arbeiteten, gehörte die Krankenschwester Karoline Bayer<ref>{{Wikipedia2|Karoline_Bayer|Karoline Bayer}}</ref> vom Rotkreuz-Mutterhaus in [[Karlsruhe]]. Zu den Schülern Oswald Vierordts zählt der Pädiater ägyptischer Herkunft Jussuf Ibrahim, der sich bei Vierordt über die angeborene Pylorusstenose bei Kindern habilitierte.<ref>{{Wikipedia2|Jussuf_Ibrahim|Jussuf Ibrahim}}</ref>
Bereits zwei Jahre später, im Jahr 1892, gelang es Vierordt, zusätzliche Gelder von der Großherzoglichen Staatsregierung für Lehr- und Wissenschaftszwecke in der Luisenanstalt zu akquirieren. Damit hatte er die akademische Weihe für die Pädiatrie erreichen können, an deren Vertiefung er ab sofort arbeitete. Vierordt erweiterte die Luisenheilanstalt für kranke Säuglinge und Kinder um ein Infektionshaus mit getrennten Räumen für Scharlach, Diphtherie und Masern (1895), um ein Ambulanzgebäude (1901) für über 1000 Kinder im Jahr, um ein Laboratorium im Keller mit vollständiger Ausstattung für Forschungszwecke, sowie um ein Säuglings- und Milchküchengebäude (1904), das wegweisende Funktion bekommen sollte. In der Milchküche gab es modernste Geräte wie einen Apparat zur Flaschenreinigung, zur Pasteurisierung, zur Dampfsterilisation und Schnellkühlung. Die qualitativ hochwertige Säuglingsnahrung war nicht nur wichtig für die Luisenheilanstalt selber, sondern wurde gegen geringes Entgelt auch an die Bevölkerung abgegeben. Im Jahr 1904 wurde ein Neubau für Säuglinge eröffnet. In der Klinik waren zu jenem Zeitpunkt fünf Assistenten, zwei Oberinnen, 20 Schwestern, vier Damenschülerinnen, drei Pflegeschülerinnen, zwei Ammen sowie 19 weitere Personen in Küche und Haushalt beschäftigt. Unter Vierordt wurde die Luisenheilanstalt zu einem international bekannten Zentrum für Pädiatrie. Zu den Oberinnen, die mit Oswald Vierordt arbeiteten, gehörte die Krankenschwester Karoline Bayer<ref>{{Wikipedia2|Karoline_Bayer|Karoline Bayer}}</ref> vom Rotkreuz-Mutterhaus in [[Karlsruhe]]. Zu den Schülern Oswald Vierordts zählt der Pädiater ägyptischer Herkunft Jussuf Ibrahim, der sich bei Vierordt über die angeborene Pylorusstenose bei Kindern habilitierte.<ref>{{Wikipedia2|Jussuf_Ibrahim|Jussuf Ibrahim}}</ref>


Auf Anregung Vierorths wurde im Jahr 1906 in der [[Hospitalstraße (Heidelberg)|Heidelberger Hospitalstraße]] das Hauptgebäude der Medizinischen Poliklinik errichtet, dessen ärztlicher Leiter er wurde. Nach ihm wurden Wilhelm Fleiner (1906–1924), Siegfried Thannhauser (1924–1927), Kurt Oehme (1928–1952) und [[Herbert Plügge]] (1952–1969) als ärztliche Leiter der Poliklinik berufen.<ref>Werner Hunstein: ''Medizinische Poliklinik'', In: Gotthard Schettler (Hrsg.): ''Das Klinikum der Universität Heidelberg und seine Institute'', Springer Verlag Heidelberg, Berlin, 1986, S. 95-99. Gotthard Schettler: [http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/titel.cgi?katkey=3454919&sess=fac4054670bd4dc857965daca30c0254&art=f&kat1=freitext&kat2=ti&kat3=au&op1=AND&op2=AND&var1=&var2=&var3=%22schettler%2C%20gotthard%22 Klinikum Uni Heidelberg und seine Institute]</ref>
Auf Anregung Vierorths wurde im Jahr 1906 in der [[Hospitalstraße (Heidelberg)|Heidelberger Hospitalstraße]] das Hauptgebäude der Medizinischen Poliklinik errichtet, dessen ärztlicher Leiter er wurde. Nach ihm wurden Wilhelm Fleiner (1906–1924), Siegfried Thannhauser (1924–1927), Kurt Oehme (1928–1952) und [[Herbert Plügge]] (1952–1969) als ärztliche Leiter der Poliklinik berufen.<ref>Werner Hunstein: ''Medizinische Poliklinik'', In: Gotthard Schettler (Hrsg.): ''Das Klinikum der Universität Heidelberg und seine Institute'', Springer Verlag Heidelberg, Berlin, 1986, S. 95-99. Gotthard Schettler: [http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/titel.cgi?katkey=3454919&sess=fac4054670bd4dc857965daca30c0254&art=f&kat1=freitext&kat2=ti&kat3=au&op1=AND&op2=AND&var1=&var2=&var3=%22schettler%2C%20gotthard%22 Klinikum Uni Heidelberg und seine Institute]</ref>
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