Konzentrationslager Neckarelz: Unterschied zwischen den Versionen

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Ich lagere einige Absätze, die wenig bis nichts mit dem KZ Neckarelz zu tun haben, als "Anmerkungen" nach unten aus. / Überschrift genauer / Todesmarsch: Anpassung an die Referenz.
(Aussagen sortiert. / Kormoran gekürzt, weil für das Thema KZ Neckarelz kaum relevant. / Korrekturen: 2400, nicht 4000. Weniger als 100, nicht 600. Siehe Referenz.)
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In [[Neckarelz]] bei [[Mosbach]] gab es von März [[1944]] bis März [[1945]] ein KZ. Das '''Konzentrationslager Neckarelz''' war ein sogenanntes Außen- oder Nebenlager des KZ Natzweiler-Struthof im Elsass. Innerhalb weniger Monate entstanden fünf Ableger des KZ Neckarelz. Diese sechs Lager zählen zu den sogenannten Neckarlagern nördlich von [[Heilbronn]]. Die SS betrieb den KZ-Komplex in der Region Neckarelz im Rahmen der Untertage-Verlagerung eines kriegswichtigen Industriebetriebs. In zwei Stollen bei [[Obrigheim]] auf der anderen Seite des [[Neckar]]s sollte ein Flugzeugmotoren-Werk der Firma Daimler-Benz untergebracht werden. Rund 5000 KZ-Häftlinge und 5000 weitere Arbeitskräfte (vor allem  [[Zwangsarbeit]]er) bauten zu diesem Zweck die Stollen „Goldfisch“ und „Brasse“ aus.
In [[Neckarelz]] bei [[Mosbach]] gab es von März [[1944]] bis März [[1945]] ein KZ. Das '''Konzentrationslager Neckarelz''' war ein sogenanntes Außen- oder Nebenlager des KZ Natzweiler-Struthof im Elsass. Innerhalb weniger Monate entstanden fünf Ableger des KZ Neckarelz. Diese sechs Lager zählen zu den sogenannten Neckarlagern nördlich von [[Heilbronn]]. Die SS betrieb den KZ-Komplex in der Region Neckarelz im Rahmen der Untertage-Verlagerung eines kriegswichtigen Industriebetriebs. In zwei Stollen bei [[Obrigheim]] auf der anderen Seite des [[Neckar]]s sollte ein Flugzeugmotoren-Werk der Firma Daimler-Benz untergebracht werden. Rund 5000 KZ-Häftlinge und 5000 weitere Arbeitskräfte (vor allem  [[Zwangsarbeit]]er) bauten zu diesem Zweck die Stollen „Goldfisch“ und „Brasse“ aus.


Heute sieht man kaum noch etwas von der Untertage-Fabrik. Die KZ-Gedenkstätte Neckarelz in Mosbach und der Geschichtslehrpfad ''Goldfischpfad'' bei Obrigheim erinnern an die KZ in der Region Neckarelz und an das Untertage-Motorenwerk. Das hauptsächlich beteiligte Autounternehmen begann in den 1990er Jahren mit der historischen Aufarbeitung seiner Firmengeschichte und unterstützte den örtlichen Gedenkverein.
Heute sieht man kaum noch etwas von der Untertage-Fabrik. Die KZ-Gedenkstätte Neckarelz in Mosbach und der Geschichtslehrpfad ''Goldfischpfad'' bei Obrigheim erinnern an die KZ in der Region Neckarelz und an das Untertage-Motorenwerk.


=== Errichtung eines KZ mitten im Ort ===
== Der KZ-Komplex in der Region Neckarelz ==
Am 15. März 1944 wurden 500 Häftlinge des [[KZ Dachau]] in der Neckarelzer Schule einquartiert. Es wurden fünf Klassenzimmer zu Schlafräumen für jeweils etwa die Hälfte der 800 Häftlinge umfunktioniert. Sie mußten in 12-Stunden-Schichten arbeiten und nutzten die Schlafstellen abwechselnd. Der Schulhof wurde zum Appellplatz. Umgeben war das ganze Geviert von Stacheldrahtverhau und Wachtürmen.  1944 wurden zusätzlich in dem Bereich einige Baracken gebaut und eine Duschanlage für die aufgestockte Wachmannschaft (nur zum Teil SS-ler, auch Reservesoldaten aus der Gegend). Die Belegung stieg auf 2500 Personen an. Das Lager Neckarelz I war das größte Neckarlager in der Region Neckarelz.
Am 15. März 1944 wurden 500 Häftlinge des [[KZ Dachau]] in der Neckarelzer Schule einquartiert. Es wurden fünf Klassenzimmer zu Schlafräumen für jeweils etwa die Hälfte der 800 Häftlinge umfunktioniert. Sie mußten in 12-Stunden-Schichten arbeiten und nutzten die Schlafstellen abwechselnd. Der Schulhof wurde zum Appellplatz. Umgeben war das ganze Geviert von Stacheldrahtverhau und Wachtürmen.  1944 wurden zusätzlich in dem Bereich einige Baracken gebaut und eine Duschanlage für die aufgestockte Wachmannschaft (nur zum Teil SS-ler, auch Reservesoldaten aus der Gegend). Die Belegung stieg auf 2500 Personen an. Das Lager Neckarelz I war das größte Neckarlager in der Region Neckarelz.


Den Weg von Neckarelz nach Obrigheim mussten die Häftlinge täglich zu Fuß über die damals bestehende Eisenbahnbrücke zurücklegen. Dabei klapperten ihre Holzpantinen auf den Straßen und den Brückenbohlen unüberhörbar.
Den Weg von Neckarelz nach Obrigheim mussten die Häftlinge täglich zu Fuß über die damals bestehende Eisenbahnbrücke zurücklegen. Dabei klapperten ihre Holzpantinen auf den Straßen und den Brückenbohlen unüberhörbar.


Für den enormen Arbeitskräftebedarf wurden in den folgenden Monaten fünf Unterkommandos des KZ Neckarelz errichtet: in [[Neckargerach]], in Neckarelz am Alten Bahnhof („Neckarelz II“) sowie drei kleinere Lager in [[Asbach (Baden)]], [[Bad Rappenau]] und [[Neckarbischofsheim]]. Bis Juni 1944 kamen 2000 Bauhäftlinge in den Lagern Neckargerach und Neckarelz II unter. Zusätzlich gab es in der Region zahlreiche Zwangsarbeiterlager, darunter das Lager Hohl in Neckarelz (für 1100 Ostarbeiter), in Mosbach (das Hammerlager für SS-Strafgefangene, das Lager in der Turnhalle für italienische Militärinternierte), ein Lager in Obrigheim für „Westeuropäische Fremdarbeiter“, das Lager am Bahnhof [[Hassbachtal]] und ein Lager in [[Oberschefflenz]].
Für den enormen Arbeitskräftebedarf wurden in den folgenden Monaten fünf Unterkommandos des KZ Neckarelz errichtet: in [[Neckargerach]], in Neckarelz am Alten Bahnhof („Neckarelz II“) sowie drei kleinere Lager in [[Asbach (Baden)]], [[Bad Rappenau]] und [[Neckarbischofsheim]]. Bis Juni 1944 kamen 2000 Bauhäftlinge in den Lagern Neckargerach und Neckarelz II unter.
 
In der Umgebung befanden sich auch noch weitere, ebenfalls unterirdisch ausgelagerte Rüstungsanlagen. Auch ein Eisenbahntunnel in der Nähe von Obrigheim mit dem Decknamen ''Kormoran'' war dafür vorgesehen, er wurde aber dann nur als Lagerfläche genutzt.


Das Schicksal der meisten Häftlinge blieb unbekannt. Nur wenige werden von Anfang bis Ende des Lagers hier überlebt haben. Insgesamt waren etwa 5.000 Gefangene in einem der zum Neckarelzer Lager gehörigen Kommandos, wenn auch nicht alle zur selben Zeit und am selben Ort ihr Nachtlager hatten. Nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge wurden aussortiert, d.h. sie wurden Natzweiler, Dachau oder Vaihingen deportiert. Allein bis Oktober 1944 waren dies bei drei Transporten mindestens 750 Personen.
Das Schicksal der meisten Häftlinge blieb unbekannt. Nur wenige werden von Anfang bis Ende des Lagers hier überlebt haben. Insgesamt waren etwa 5.000 Gefangene in einem der zum Neckarelzer Lager gehörigen Kommandos, wenn auch nicht alle zur selben Zeit und am selben Ort ihr Nachtlager hatten. Nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge wurden aussortiert, d.h. sie wurden Natzweiler, Dachau oder Vaihingen deportiert. Allein bis Oktober 1944 waren dies bei drei Transporten mindestens 750 Personen.
Das Rathaus in [[Guttenbach]] und das Schloss in [[Binau]], wenige Kilometer flussabwärts, waren von Ende November 1944 bis Anfang März 1945 Sitz der SS-Kommandantur des KZ Natzweiler. Die Natzweiler-Kommandantur versuchte dort die Verwaltung der zahlreichen Außenlager wieder aufzubauen, als das Stammlager in Natzweiler nicht mehr existierte.


=== Der Todesmarsch nach Dachau===
=== Der Todesmarsch nach Dachau===
Am 28. März begannen wegen des Vorrückens amerikanischer Truppen in den Neckarraum die SS-ler <!-- die zu diesem Zeitpunkt im Großraum Mannheim/Mosbach befindlichen--> 2400 gehfähige Häftlinge <!--der [[KZ-Außenlager Heppenheim]], Bensheim und Neckarelz über [[Neuenstadt]] und [[Kupferzell]] zum Bahnhof in [[Waldenburg (Württemberg)|Waldenburg]]--> mit einem Fußmarsch abzutransportieren. Der Marsch sollte als „[[Todesmarsch]]“ für lange Zeit bekannt werden, da nur etwa 2300 in Dachau ankamen. Wie viele von davon fliehen konnten und wie viele getöten wurden, ist nicht bekannt, es waren jedenfalls weniger als 100 Häftlinge, die die Strapazen nicht überlebten bzw. von den SS-lern ermordet wurden. Knapp 900 nicht mehr gehfähige Häftlinge aus Neckarelz sollten per Zug nach Dachau verbracht werden, blieben aber wegen der inzwischen zerstörten Bahngleise mit dem Zug bereits im 30&nbsp;km entfernten [[Osterburken]] liegen, wo es bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen über 40 weitere Tote gab. Die Bevölkerung der Region hat die zeitweise unbewachten Gefangenen nicht mit Lebensmitteln oder medizinisch versorgt. Eine Gruppe weiblicher Gefangener, die ab Neckargerach dem Transport angehörten, sind allem Anschein nach durch Verbrennen der gesamten Waggons getötet worden. Über 800 Gefangene konnten am 3. April von amerikanischen Truppen aus dem Zug zwischen [[Adelsheim]] und Osterburken befreit werden.<ref>Georg Fischer: ''Erinnerung an den Hessentaler und Kochendorfer Todesmarsch'' ([https://www.gedenkstaetten-bw.de/fileadmin/gedenkstaetten/pdf/gedenkstaetten/ostalbkreis__hessentaler_kochendorfer_todesmarsch.pdf online] bei gedenkstaetten-bw.de), S. 2: Abschnitt ''Nach Dachau''.</ref>
Am 28. März begannen wegen des Vorrückens amerikanischer Truppen in den Neckarraum die SS-ler 2400 gehfähige Häftlinge mit einem Fußmarsch abzutransportieren. Unter diesen befanden sich auch Häftlinge aus den KZ in Heppenheim und Bensheim. Der Marsch endete in [[Schwäbisch Hall]], von dort ging der Transport zum KZ Dachau mit der Eisenbahn weiter. Der Marsch sollte als „[[Todesmarsch]]“ für lange Zeit bekannt werden, da nur etwa 2300 in Dachau ankamen. Wie viele von davon fliehen konnten und wie viele getöten wurden, ist nicht bekannt, es waren jedenfalls weniger als 100 Häftlinge, die die Strapazen nicht überlebten bzw. von den SS-lern ermordet wurden. Knapp 900 nicht mehr gehfähige Häftlinge aus Neckarelz sollten per Zug nach Dachau verbracht werden, blieben aber wegen der inzwischen zerstörten Bahngleise mit dem Zug bereits im 30&nbsp;km entfernten [[Osterburken]] liegen, wo es bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen über 40 weitere Tote gab. Die Bevölkerung der Region hat die zeitweise unbewachten Gefangenen nicht mit Lebensmitteln oder medizinisch versorgt. Eine Gruppe weiblicher Gefangener, die ab Neckargerach dem Transport angehörten, sind allem Anschein nach durch Verbrennen der gesamten Waggons getötet worden. Über 800 Gefangene konnten am 3. April von amerikanischen Truppen aus dem Zug zwischen [[Adelsheim]] und Osterburken befreit werden.<ref>Georg Fischer: ''Erinnerung an den Hessentaler und Kochendorfer Todesmarsch'' ([https://www.gedenkstaetten-bw.de/fileadmin/gedenkstaetten/pdf/gedenkstaetten/ostalbkreis__hessentaler_kochendorfer_todesmarsch.pdf online] bei gedenkstaetten-bw.de), S. 2: Abschnitt ''Nach Dachau''.</ref>


=== Täter ===
=== Täter ===
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=== In Heidelberg ===
=== In Heidelberg ===
78 Menschen, die zwischen April und Oktober 1944 als Häftlinge in den KZ in Neckarelz und Umgebung umkamen, wurden im Heidelberger Krematorium verbrannt, die Asche wurde auf dem Kirchheimer Friedhof vergraben. Im April wurde ein Denkmal auf dem Friedhof eingeweiht.<ref>[https://elisabeth-von-thadden-schule.de/aktuelles/news/ein-denkmal-fuer-die-toten-der-kz-aussenlager-um-neckarelz-und-obrigheim-in-heidelberg-kirchheim-11670 ''Ein Denkmal für die Toten der KZ-Außenlager um Neckarelz und Obrigheim in Heidelberg-Kirchheim''] elisabeth-von-thadden-schule.de, 21. Mai 2024.</ref>
78 Menschen, die zwischen April und Oktober 1944 als Häftlinge in den KZ in Neckarelz und Umgebung umkamen, wurden im Heidelberger Krematorium verbrannt, die Asche wurde auf dem Kirchheimer Friedhof vergraben. Im April wurde ein Denkmal auf dem Friedhof eingeweiht.<ref>[https://elisabeth-von-thadden-schule.de/aktuelles/news/ein-denkmal-fuer-die-toten-der-kz-aussenlager-um-neckarelz-und-obrigheim-in-heidelberg-kirchheim-11670 ''Ein Denkmal für die Toten der KZ-Außenlager um Neckarelz und Obrigheim in Heidelberg-Kirchheim''] elisabeth-von-thadden-schule.de, 21. Mai 2024.</ref>
== Anmerkungen ==
Zusätzlich zu den sechs Neckarlagern in der Region Neckarelz, die zu den KZ zählen, gab es in der Region zahlreiche Zwangsarbeiterlager. Darunter das Lager Hohl in Neckarelz (für 1100 Ostarbeiter), in Mosbach (das Hammerlager für SS-Strafgefangene, das Lager in der Turnhalle für italienische Militärinternierte), ein Lager in Obrigheim für „Westeuropäische Fremdarbeiter“, das Lager am Bahnhof [[Hassbachtal]] und ein Lager in [[Oberschefflenz]].
In der Umgebung befanden sich auch noch weitere, ebenfalls unterirdisch ausgelagerte Rüstungsanlagen. Auch ein Eisenbahntunnel in der Nähe von Obrigheim mit dem Decknamen ''Kormoran'' war dafür vorgesehen, er wurde aber dann nur als Lagerfläche genutzt.
Das Rathaus in [[Guttenbach]] und das Schloss in [[Binau]], wenige Kilometer flussabwärts, waren von Ende November 1944 bis Anfang März 1945 Sitz der SS-Kommandantur des KZ Natzweiler. Die Natzweiler-Kommandantur versuchte dort die Verwaltung der zahlreichen Außenlager wieder aufzubauen, als das Stammlager in Natzweiler nicht mehr existierte.
Das hauptsächlich beteiligte Autounternehmen begann in den 1990er Jahren mit der historischen Aufarbeitung seiner Firmengeschichte und unterstützte den örtlichen Gedenkverein.


== Weblinks ==
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