Emil Julius Gumbel: Unterschied zwischen den Versionen

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* [[Eike Wolgast]]: ''Die Universität Heidelberg 1386–1986'', Berlin, Springer, 1986.
* [[Eike Wolgast]]: ''Die Universität Heidelberg 1386–1986'', Berlin, Springer, 1986.


=== Weblinks===
* Daniel Furth:'' {{Weblink|1=einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/24639/rechnen_gegen_den_terror.html|2=Statistiker Emil Gumbel - Rechnen gegen den Terror}}.'' Veröffentlicht bei: spiegel.de, 27.4.2012


[[Kategorie:Autor|Gumbel]]
[[Kategorie:Autor|Gumbel]]

Version vom 28. April 2012, 23:24 Uhr

Emil Julius Gumbel (geboren am 18. Juli 1891 in München; gestorben am 10. September 1966 in New York City) war ein bedeutender Mathematiker (und politischer Publizist).

Familie

Emil Julius Gumbel wurde als Sohn von Hermann (Privatbankier, ab 1887 in München) und Flora Gumbel geboren. Er heiratete 1930 Marieluise, geborene von Czettritz, geschiedene Solscher (1891-1952).

Leben

Nach dem Abitur 1910 am Wilhelmsgymnasium in München studierte Gumbel dort Nationalökonomie und wurde am 28. Juli 1914 zum Dr. oec.publ. mit einer Arbeit Über die Interpolation des Bevölkerungszustandes promoviert. Er meldete sich danach als Kriegsfreiwilliger. Die realen Erfahrungen im Krieg ließen aus ihm einen Pazifisten werden. 1917 trat er der USPD bei, mit deren Mehrheit er 1922 in die SPD wechselte.

Zu seinem großen Thema wurden die zahlreichen politischen Morde in der Nachkriegszeit. In zwei Publikationen wies er die Einäugigkeit der Justiz in der Weimarer Republik nach, die Mörder aus dem linken Lager mit äußerster Strenge, Mörder aus dem rechten Lager hingegen mit Nachsicht behandelte und viele Morde dabei gänzlich ungesühnt ließ. Als Statistiker ließ er dabei Zahlen der Urteile sprechen.

1923 habilitierte er sich für Statistik an der Universität Heidelberg. Seine Antrittsvorlesung am 20.1.1923 stand unter dem Titel „Sinn und Abgrenzung der statistischen Gesetze. In seinen Büchern Verschwörer (1924) und Verräter verfallen der Feme (1929) analysierte er deren Strukturen und machte auch auf die sog. Schwarze Reichswehr aufmerksam. Der Titel ist ein Zitat aus dem Statut einer rechtsradikalen Organisation Consul.

Gumbel wurde 1923 an der Universität Heidelberg habilitiert und hier Privatdozent, dann ab 1930 außerordentlicher Professor für mathematische Statistik. Nebenbei hielt er pazifistische Aktivitäten aufrecht. Als er 1924 auf einer Veranstaltung der Deutschen Friedensgesellschaft zum zehnten Jahrestag des Kriegsausbruchs in der Stadthalle das Schlachtfeld als Feld der Unehre erwähnte, suspendierte ihn die Universität. Die Universität musste im August 1924 die Suspendierung jedoch widerstrebend wieder aufheben. Bei der Anfrage zur anstehenden Professorenernennung gaben 1929 gegen ihre Fakultät Emil Lederer und Karl Jaspers positive Voten für ihn ab. Im Anschluss an seine Ernennung zum außerordentlichen Professor 1930 kam es bei den so genannten Gumbelkrawallen im Wintersemester 1930/1931 zu einer Universitätsbesetzung durch nationalsozialistische Studenten und zur polizeilichen Räumung der Universität. Als Gumbel auf einer internen Sitzung der Heidelberger Sozialistischen Studentenschaft in Erinnerung an die Hungertoten des Kohlrübenwinters 1917/18 davon sprach, dass eine Kohlrübe sich besser als Kriegerdenkmal eigne als eine leichtbekleidete Jungfrau, wurde ihm im Sommer 1932 die Lehrberechtigung entzogen.

Er befand sich seit Anfang 1932 auf einer Reise in die UdSSR. Am 15. Juni kam es zu Einleitung eines 3. Disziplinarverfahrens durch die Universitätsspitze das mit der Entziehung der Lehrberechtigung am 5. August endete. Im August/September 1932 folgte eine USA-Reise Gumbels und im Wintersemester 1932/1933 Gastvorlesungen am Institut Henri Poincaré in Paris.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme ging Gumbel ins französische Exil. Denn sein Name wurde 1933 bereits in der ersten veröffentlichten Ausbürgerungsliste des nun nationalsozialistischen Deutschen Reichs aufgeführt. Ihm wurde damit die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Während in Heidelberg seine Wohnung geplündert und seine Schriften verbrannt wurden, engagierte er sich publizistisch weiter gegen den Nationalsozialismus in Deutschland und unterstützte aus Deutschland nachkommende Emigranten. 1934 - 1940 konnte er an der Universität Lyon arbeiten. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Frankreich musste Gumbel 1940 weiter in die USA emigrieren. In den 1950er und 60er Jahren kehrte er zu einigen Gastaufenthalten nach Deutschland zurück. Nach dem Krieg erhielt er seine Lehrbefähigung hier aber nicht zurück.


Neben seinen Büchern publizierte er öfter in der Kulturzeitschrift Die Weltbühne und war Übersetzer und Herausgeber von Schriften Bertrand Russells. Als Mathematiker erwarb er sich einen Ruf als Fachmann für Statistik und war maßgeblich an der Entwicklung der Extremwerttheorie beteiligt, über die er die Statistics of Extremes, sein mathematisches Hauptwerk, verfasste. Nach ihm ist die Gumbel-Verteilung benannt.

Straße

Werke (Auswahl)

  • Die Berechnung des Bevölkerungsstandes durch Interpolation (Dissertation, München, 1916)
  • Vier Jahre Lüge. Berlin: Verlag Neues Vaterland, 1919.
  • Statistik der politischen Morde. In: Deutsches Statistisches Zentralblatt. - Nr. 3 (1921), S. 47-50
  • Vier Jahre politischer Mord. Berlin: Malik Verlag, 1922.
  • Vier Jahre politischer Mord. Verlag der neuen Gesellschaft, Berlin-Fichtenau 1922
  • Übersetzung von Bertrand Russell: Einführung in die mathematische Philosophie. 1923
  • (Hrsg.) Die Denkschrift des Reichsjustizministers über „Vier Jahre politischer Mord“. Malik Verlag, Berlin 1924.
  • Verschwörer - Beiträge zur Geschichte und Soziologie der deutschen nationalistischen Geheimbünde seit 1918. Malik Verlag, Wien 1924.
  • Untersuchungen zur Theorie der Sterbetafeln. Innsbruck, 1924.
  • Vom Rußland der Gegenwart. Berlin: E. Laubsche Verlagsbuchhandlung, 1927 (mit einem Geleitwort von A. Einstein); wieder publiziert in A. Vogt (Hrsg., 1991), S. 82-164.
  • Verräter verfallen der Feme. Berlin: Malik Verlag, 1929.
  • "Lasst Köpfe rollen". Faschistische Morde 1924-1931. Berlin: Verlag Deutsche Liga für Menschenrechte, 1931; wieder publiziert in A. Vogt (Hrsg., 1991), S. 48-80.
  • Statistics of Extremes. Columbia University Press, New York 1958.
  • Vom Fememord zur Reichskanzlei. Verlag Lambert Schneider, Heidelberg, 1962.

Medien (über ihn)

Literatur siehe Disk.Seite

Literatur

  • Christian Jansen: Emil Julius Gumbel – Portrait eines Zivilisten. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg, 1991. ISBN 3-88423-071-9
  • Arthur David Brenner: Emil J. Gumbel: Weimar German Pacifist and Professor. Brill, Boston / Leiden, 2001. ISBN 0-391-04101-0 (engl.)
  • Eike Wolgast: Die Universität Heidelberg 1386–1986, Berlin, Springer, 1986.

Weblinks