Konzentrationslager Natzweiler kommt nach Nordbaden: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Konzentrationslager Natzweiler kommt 1944 '''aus Frankreich''' nach Nordbaden''' nach [[Mosbach]], in den heutigen Stadtteil [[Neckarelz]], und nach [[Obrigheim (Baden)|Obrigheim]]. Zwischen beiden Lagerteilen fließt der [[Neckar]], über den eine Eisenbahnbrücke führt. Über sie marschieren in diesen Monaten täglich Häftlingskolonnen, die sich bei der Arbeit in 12-Stunden-Schichten abwechseln. Also zweimal nach Süden und zweimal nach Norden über die Brücke und durch die Straßen von Neckarelz und Obrigheim. Ihr Leiden war dort täglich unübersehbar. In der unmittelbaren [[Wirtschaftswunder|Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg]] gerät relativ schnell in Vergessenheit, dass vor Kriegsende dieses große KZ für wenige Monate nach Nordbaden verlagert wird ohne seine '''SS-interne Bezeichnung als „K.L. Natzweiler-Struthof“''' zu ändern.<ref>Konrad Pflug: [https://www.lpb-bw.de/publikationen/natzweiler/Natzweiler.pdf ''Auf dem Weg zu einer Geschichte des KZˋs Natweiler''. 2000, LZPB Ba-Wü. Vorwort. </ref> Die SS vergrößert es in kurzer Zeit, weil hier Flugzeugmotoren „Für den Endsieg“ montiert werden sollen (Nazi-Propaganda ab 1943; zur Koordinierung der Rüstungsverlagerung gibt es einen sog. Jägerstab). Das schnelle Kriegsende, die komplette militärische deutsche Niederlage und das Ende der Naziherrschaft in Europa gab wahrscheinlich als Folge auch in den Wehrmachts- und NSDAP-Zentralen in Berlin Wichtigeres zu entscheiden, als ob und wie diese Unterdrückungszentrale genannt wird, die ab 1944 im heutigen [[Neckar-Odenwald-Kreis]] mehrere sogenannte Nebenlager oder KZ-Außenkommandos befehligt.  
Das '''Konzentrationslager Natzweiler kommt 1944 '''aus Frankreich''' nach Nordbaden''' nach [[Mosbach]], in den heutigen Stadtteil [[Neckarelz]], und nach [[Obrigheim (Baden)|Obrigheim]]. Zwischen beiden Lagerteilen fließt der [[Neckar]], über den eine Eisenbahnbrücke führt. Über sie marschieren in diesen Monaten täglich Häftlingskolonnen, die sich bei der Arbeit in 12-Stunden-Schichten abwechseln. Also zweimal nach Süden und zweimal nach Norden über die Brücke und durch die Straßen von Neckarelz und Obrigheim. Ihr Leiden war dort täglich unübersehbar. In der unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gerät relativ schnell in Vergessenheit, dass vor Kriegsende dieses große KZ für wenige Monate nach Nordbaden verlagert wird ohne seine '''SS-interne Bezeichnung als „K.L. Natzweiler-Struthof“''' zu ändern.<ref>Konrad Pflug: [https://www.lpb-bw.de/publikationen/natzweiler/Natzweiler.pdf ''Auf dem Weg zu einer Geschichte des KZˋs Natweiler''. 2000, LZPB Ba-Wü. Vorwort. </ref> Die SS vergrößert es in kurzer Zeit, weil hier Flugzeugmotoren „Für den Endsieg“ montiert werden sollen (Nazi-Propaganda ab 1943; zur Koordinierung der Rüstungsverlagerung gibt es einen sog. Jägerstab). Das schnelle Kriegsende, die komplette militärische deutsche Niederlage und das Ende der Naziherrschaft in Europa gab wahrscheinlich als Folge auch in den Wehrmachts- und NSDAP-Zentralen in Berlin Wichtigeres zu entscheiden, als ob und wie diese Unterdrückungszentrale genannt wird, die ab 1944 im heutigen [[Neckar-Odenwald-Kreis]] mehrere sogenannte Nebenlager oder KZ-Außenkommandos befehligt.  


Am bekanntesten wurde nach 1990 das Konzentrationslager in [[Mosbach]]-Neckarelz und [[Obrigheim]] durch eine lokale Initiative für das Andenken der Opfer und die Mahnung an die deutschen NS-Verbrechen. Im selben Zusammenhang stehen (Artikel über) das [[Konzentrationslager Neckargerach]], die [[Gedenkstätte Jüdischer Friedhof in Binau]], die Gedenkstätte an das bereits genannte hierher verschobene Konzentrationslager in Mosbach, der [[Goldfischpfad|Gedenkweg Goldfisch]] und die SS-Lagerkommandantur Natzweiler in [[Guttenbach]]. Die ehemalige [[Eisenbahnstrecke Heidelberg-Aglasterhausen-Mosbach-Würzburg]]<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Odenwaldbahn_(Baden) Bei Wikipedia: als ''Odenwaldbahn%20(Baden)'']</ref> führte nordöstlich von Obrigheim mitten durch einen Lagerteil.
Am bekanntesten wurde nach 1990 das Konzentrationslager in [[Mosbach]]-Neckarelz und [[Obrigheim]] durch eine lokale Initiative für das Andenken der Opfer und die Mahnung an die deutschen NS-Verbrechen. Im selben Zusammenhang stehen (Artikel über) das [[Konzentrationslager Neckargerach]], die [[Gedenkstätte Jüdischer Friedhof in Binau]], die Gedenkstätte an das bereits genannte hierher verschobene Konzentrationslager in Mosbach, der [[Goldfischpfad|Gedenkweg Goldfisch]] und die SS-Lagerkommandantur Natzweiler in [[Guttenbach]]. Die ehemalige [[Eisenbahnstrecke Heidelberg-Aglasterhausen-Mosbach-Würzburg]]<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Odenwaldbahn_(Baden) Bei Wikipedia: als ''Odenwaldbahn%20(Baden)'']</ref> führte nordöstlich von Obrigheim mitten durch einen Lagerteil.
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Im Lauf der Zeit werden dem SS-Hauptlager Natzweiler viele '''Außenlager''' auf beiden Seiten des [[Rhein]]s organisatorisch unterstellt. Diese zahlenmäßig "kleinen" Konzentrationslager werden genutzt, um vor Ort die an einzelne Firmen von der NSDAP/SS mit Vertrögen an Firmen vermieteten Häftlinge Sklavenarbeit verrichten zu lassen. Es gibt sie auch bei Heidelberg, Mannheim und Tübingen. Solche „Nebenlager“ gab es auch in vielen deutschen Großstätten: Berlin, Frankfurt, München, Nürnberg, dem Ruhrgebiet.
Im Lauf der Zeit werden dem SS-Hauptlager Natzweiler viele '''Außenlager''' auf beiden Seiten des [[Rhein]]s organisatorisch unterstellt. Diese zahlenmäßig "kleinen" Konzentrationslager werden genutzt, um vor Ort die an einzelne Firmen von der NSDAP/SS mit Vertrögen an Firmen vermieteten Häftlinge Sklavenarbeit verrichten zu lassen. Es gibt sie auch bei Heidelberg, Mannheim und Tübingen. Solche „Nebenlager“ gab es auch in vielen deutschen Großstätten: Berlin, Frankfurt, München, Nürnberg, dem Ruhrgebiet.


Etwa 52.000 Häftlinge aus ganz Europa, insbesondere aus den Gefängnissen in den besetzten lothringischen Städten Épinal und Nancy sowie Belfort in der Franche-Comté wurden dorthin oder in die angeschlossenen/untergeordneten Außenlager des Hauptlagers, die Nebenlager von Natzweiler, auf beiden Seiten des Rheins deportiert (Bild und Liste im Wikipedia-Artikel, s.u.). 22.000 Personen wurden durch unbehandelte Krankheiten, Kälte, Mangelernährung etc. ermordet, bzw. starben an solchen Haftfolgen oder wurden in Gewaltakten ermordet, d.h. sie wurden durch die NS-Sklavenarbeit '''vernichtet''' (siehe unter dem Begriff Vernichtung durch Arbeit bei Wikipedia). Und durch die Vermietung profitierte die SS/NSDAP auch noch. Am Ende dieser auch in Deutschland unübersehbaren Unterdrückung von Menschen standen „Selektionen“,<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Selektion_(Konzentrationslager) Was der Begriff Selektion in Konzentrationslagern umfasst</ref> Hunger- oder Sterbelager der SS, Deportation in die Todesfabriken wie Auschwitz oder Sobibor.<ref>Nicola Wen’ge, im [https://www.bpb.de/themen/holocaust/ravensbrueck/60677/das-system-der-nationalsozialistischen-konzentrationslager/ Absatz "Das letzte Kriegsjahr"] in Das KZ-System, bpb, 2006</ref>
Etwa 52.000 Häftlinge aus ganz Europa, insbesondere aus den Gefängnissen in den besetzten lothringischen Städten Épinal und Nancy sowie Belfort in der Franche-Comté wurden dorthin oder in die angeschlossenen/untergeordneten Außenlager des Hauptlagers, die Nebenlager von Natzweiler, auf beiden Seiten des Rheins deportiert (Bild und Liste im Wikipedia-Artikel, s.u.). 22.000 Personen wurden durch unbehandelte Krankheiten, Kälte, Mangelernährung etc. ermordet, bzw. starben an solchen Haftfolgen oder wurden in Gewaltakten ermordet, d.h. sie wurden durch die NS-Sklavenarbeit '''vernichtet''' (siehe unter dem Begriff Vernichtung durch Arbeit bei Wikipedia). Und durch die Vermietung profitierte die SS/NSDAP auch noch. Am Ende dieser auch in Deutschland unübersehbaren Unterdrückung von Menschen standen „Selektionen“,<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Selektion_(Konzentrationslager) Was der Begriff Selektion in Konzentrationslagern umfasst</ref> Hunger- oder Sterbelager der SS, Deportation in die Todesfabriken wie Auschwitz oder Sobibor.<ref>Nicola Wenge, im [https://www.bpb.de/themen/holocaust/ravensbrueck/60677/das-system-der-nationalsozialistischen-konzentrationslager/ Absatz "Das letzte Kriegsjahr"] in Das KZ-System, bpb, 2006</ref>


Das Ende des deutschen Konzentrationslagers in Frankreich, Natzweiler und seiner Nebenlager, durch die alliierte Invasion (D-Day) stellt sich als ein längerer Ablauf dar. Unter dem Druck des Vormarsches der Alliierten werden zunächst die Lager auf der westlichen Rheinseite zwischen September und November 1944 aufgelöst. Teile der Häftlinge der Konzentrationslager werden nach Osten über den Rhein "ins Reich" "verschoben“ (Deportation, Todeszüge).
Das Ende des deutschen Konzentrationslagers in Frankreich, Natzweiler und seiner Nebenlager, durch die alliierte Invasion (D-Day) stellt sich als ein längerer Ablauf dar. Unter dem Druck des Vormarsches der Alliierten werden zunächst die Lager auf der westlichen Rheinseite zwischen September und November 1944 aufgelöst. Teile der Häftlinge der Konzentrationslager werden nach Osten über den Rhein "ins Reich" "verschoben“ (Deportation, Todeszüge).
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=== Anmerkungen ===
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[[Kategorie:Geschichte]]
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[[Kategorie:NOK]]
[[Kategorie:Neckar-Odenwald-Kreis]]