Internierungslager Gurs: Unterschied zwischen den Versionen

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Daran erinnert u. a. ein Gedenkstein auf dem [[Bergfriedhof (Heidelberg)|Bergfriedhof in Heidelberg]] und eine französische nationale Gedenkstätte in Gurs.
Daran erinnert u. a. ein Gedenkstein auf dem [[Bergfriedhof (Heidelberg)|Bergfriedhof in Heidelberg]] und eine französische nationale Gedenkstätte in Gurs.
==Ein Überlebender berichtet in Heidelberg==
==Ein Überlebender berichtet in Heidelberg==
Am 20. Oktober 2009 berichtete im Gemeindehaus an der Friedenskirche in Heidelberg-Handschuhsheim der 80jährige Kurt Salomon Maier. Herr Maier ist der letzte lebende Zeitzeuge der Deportationen aus Baden. Er wurde am 4. Mai 1930 in Kippenheim als zweiter Sohn des Kaufmanns Siegfried Maier und dessen Frau Charlotte Maier, geb. Auerbacher, geboren. Bis 1938 besuchte er die Volksschule in Kippenheim und anschließend die jüdische Schule in Freiburg im Breisgau. Im Oktober 1940 erfolgte die Zwangsdeportierung seiner Familie mit den anderen Badenern ins Camp de Gurs. Ein halbes Jahr später wurde ihm die Auswanderung über Marseille und Casablanca nach New York ermöglicht (Ankunft am 9. August 1941). Nach dem Militärdienst bei der 2. Panzerdivision der amerikanischen Armee in Baumholder im Hunsrück (1952 bis 1954) studierte er in New Yorck und Deutschland deutsche Literatur und Geschichte. Er wurde Hochschullehrer und publizierte verschiedene Schriften über deutsche Literatur. Bekannt wurde sein Buch über seinen Arbeitsplatz: "The Library of Congress" (2000). Bei Reisen nach Deutschland stellt er sich in Vorträgen immer wieder als Zeitzeuge für deutsche Jugendliche zur Verfügung.  
Am 20. Oktober 2009 berichtete im Gemeindehaus an der Friedenskirche in Heidelberg-Handschuhsheim der 80jährige Kurt Salomon Maier. Herr Maier ist der letzte lebende Zeitzeuge der Deportationen aus Baden. Er wurde am 4. Mai 1930 in Kippenheim als zweiter Sohn des Kaufmanns Siegfried Maier und dessen Frau Charlotte Maier, geb. Auerbacher, geboren. Bis 1938 besuchte er die Volksschule in Kippenheim und anschließend die jüdische Schule in Freiburg im Breisgau. Im Oktober 1940 erfolgte die Zwangsdeportierung seiner Familie mit den anderen Badenern ins Camp de Gurs. Ein halbes Jahr später wurde ihm die Auswanderung über Marseille und Casablanca nach New York ermöglicht (Ankunft am 9. August 1941). Nach dem Militärdienst bei der 2. Panzerdivision der amerikanischen Armee in Baumholder im Hunsrück (1952 bis 1954) studierte er in New Yorck und Deutschland deutsche Literatur und Geschichte. Er wurde Hochschullehrer und publizierte verschiedene Schriften über deutsche Literatur. Bekannt wurde sein Buch über seinen Arbeitsplatz: "The Library of Congress" (2000). Bei Reisen nach Deutschland stellt er sich in Vorträgen immer wieder als Zeitzeuge für deutsche Jugendliche zur Verfügung.  


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== Wagner-Bürckel-Aktion ==
== Wagner-Bürckel-Aktion ==
Die''' Deportation der Juden aus Baden''' im Jahr 1940:<br>
Die''' Deportation der Juden aus Baden''' im Jahr 1940:<br>
Über 5600 deutsche Juden aus [[Baden]], zusammen mit 900 Juden aus der [[Pfalz]] und dem Saarland wurden am [[22. Oktober]] [[1940]] auf Betreiben des badischen SS-Gauleiters [[Robert Wagner]] und des pfälzischen SS-Chefs Joseph Bürckel nach Gurs [[Judenverfolgung|deportiert]]. Polizisten und Bahnler haben dabei mitgeholfen. Viele Einwohner haben zunächst weggesehen. Einige haben sich an dem Eigentum der Deportierten bereichert. Nach den Gauleitern wird diese Deportation auch'' Wagner-Bürckel-Aktion'' genannt. Diese beiden brüsteten sich dann damit, dass der "Gau Baden" als erster in Deutschland '''"judenfrei"''' sei.
Über 5600 deutsche Juden aus [[Baden]], zusammen mit 900 Juden aus der [[Pfalz]] und dem Saarland wurden am [[22. Oktober]] [[1940]] auf Betreiben des badischen NSDAP-Gauleiters [[Robert Wagner]] und des pfälzischen NSDAP-Gauleiters Joseph Bürckel (Westmark) nach Gurs [[Judenverfolgung|deportiert]]. Polizisten und Bahnler haben dabei mitgeholfen. Viele Einwohner haben zunächst weggesehen. Einige haben sich an dem Eigentum der Deportierten bereichert. Nach den Gauleitern wird diese Deportation auch'' Wagner-Bürckel-Aktion'' genannt. Diese beiden brüsteten sich dann damit, dass der "Gau Baden" als erster in Deutschland '''"judenfrei"''' sei.
 
=== Herkunftsgemeinden in der Region ===
 
Deportiert wurden an diesem Tag Menschen aus der/dem ....
 
* [[Landkreis Bruchsal]] - 123 Personen aus 9 Orten (Bruchsal, Gondelsheim, Heidelsheim, Langenbrücken, Mingolsheim, Odenheim, Östringen, Philippsburg, Untergrombach)
* [[Landkreis Buchen]] - 115 Personen aus 22 Orten (Buchen, Adelsheim, Bödigheim, Eberstadt, Großeicholzheim, Hainstadt, Hardheim, Kleineicholzheim, Merchingen, Sennfeld, Sindolsheim, Walldürn)
* [[Landkreis Heidelberg|Landkreis]] u. Stadt [[Heidelberg]] - 364 Personen aus 10 Orten (Heidelberg, Baiertal, Eberbach, Leimen, Malsch, Meckesheim, Nußloch, Sandhausen, Walldorf, Wiesloch)
* Stadt [[Mannheim]]: 1.983 Personen
* [[Landkreis Mannheim]] - 116 Personen aus 8 Orten (Hemsbach, Hockenheim, Ilvesheim, Ladenburg, Lützelsachsen, Reilingen, Schwetzingen, Weinheim)
* [[Landkreis Mosbach]] - 57 Personen aus 8 Orten (Mosbach, Binau, Billigheim, Heinsheim, Neckarzimmern, Stein, Strümpfelbrunn, Zwingenberg)
* [[Landkreis Sinsheim]] - 127 Personen aus 16 Orten (Sinsheim, Berwangen, Eppingen, Gemmingen, Grombach, Hoffenheim, Ittlingen, Neckarbischofsheim, Neidenstein, Obergimpern, Rohrbach b. S., Bad Rappenau, Schluchtern, Stebbach, Waibstadt, Wollenberg)
 
=="Judenhäuser" in Heidelberg==
Vor den Konzentrationslagern kamen die so genannten ''Judenhäuser''. Das waren innerörtliche Zwangsunterbringungsorte. Am Beispiel der Stadt Heidelberg lässt sich zeigen, welches Ausmaß diese Vorbereitungsmaßnahmen in der Judenverfolgung der Nazis annahm.
 
 
Bergheimerstraße 25 (nach 1940: Polizeidirektion)
 
Bluntschlistraße 4 (Eigentümer: [[Isak Engelberg]])
 
Bunsenstraße 19a (nach 1940: Gestapo)
 
Bunsenstraße 3 (Eigentümer: Fritz Maier, Berlin)
 
Endemannstraße 11 (Eigentümer: Max Ledermann, der vorher in [[Hoffenheim]] gelebt hatte und dort Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde gewesen war, vgl. Website der israelitischen Gemeinde Hoffenheim.)
 
Gaisbergstraße 5 (nach 1940: Polizeiverwaltung)
 
Happelstraße 15
 
Hauptstraße 136 (Eigentümer: Erbengemeinschaft Carlebach, nach 1940: GGH)
 
Häusserstraße 4 (Eigentümer: Ludwig Lion)
 
Landfriedstraße 14 (Eigentümer: Dr. Ernst Mendel, Essen)
 
Marktplatz 7 (Eigentümer: Leopold Oppenheimer, nach 1940: GGH)
 
Moltkestraße 13 (Eigentümer: Fritz Maier, Berlin)
 
Im Frühjahr 1939 begannen die NS-Behörden mit der Räumung von Wohnungen, in denen jüdische Mitbürgerinnen und -er lebten. Als Juden sollten sie ausschließlich in "jüdischen" Häusern wohnen - notfalls zwangsweise. Dahinter steckte auch die "Wohnraumarisierung" der ursprünglichen Wohnungen, also der Raub des Eigentums. Die "Entjudung" von Wohnungen trug ganz wesentlich zur weiteren Ausgrenzung, sozialen Isolation und Entrechtung dieser Familien bei. Sie verloren ihre Wohnungen und waren - in den "Judenhäusern" oft menschenunwürdig zusammengepfercht und dort leicht für die spätere "Entmietung" und "Deportation in den Osten", d.h. den Massenmord, zu überwachen.


== Erinnerung in Neckarzimmern ==
== Erinnerung in Neckarzimmern ==
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==Literatur==
==Literatur==
* Diana Deutsch: ''Der letzte Überlebende von Gurs: Ein Visum rettete ihm das Leben.'' In der [[RNZ]] vom 23. Oktober 2009, S. 5
* Diana Deutsch: ''Der letzte Überlebende von Gurs: Ein Visum rettete ihm das Leben.'' In der [[Rhein-Neckar-Zeitung]] vom 23. Oktober 2009, S. 5
 
* [[Norbert Giovannini]], Claudia Rink: ''Ghetto ohne Ghetto. Hinweise zu den „Judenhäusern“ in Heidelberg 1938/39 – 1945,'' in: [[Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt]], herausgegeben vom Heidelberger Geschichtsverein e. V., Nr. 14 (2010), S. 75-99
 
* Max Ludwig: ''Aus dem Tagebuch des Hans O. Dokumente und Berichte über die Deportation und den Untergang der Heidelberger Juden.'' Mit einem Vorwort von Hermann Maas. Heidelberg, 1965 [Dek]
 
* Arno Weckbecker (Bearb.): ''Gedenkbuch an die ehemaligen Heidelberger Bürger jüdischer Herkunft. Dokumentation ihrer Namen und Schicksale 1933-1945.'' Bearbeitet von Arno Weckbecker im Zusammenwirken mit dem Stadtarchiv Heidelberg. (Heidelberg 1983)
 
* Arno Weckbecker: ''Die Judenverfolgung in Heidelberg 1933-1945.'' (Motive – Texte – Materialien, Bd. 29) Heidelberg 1985 (Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss.)


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* www.exil-club.de/groups/ueberleben/seiten/5_schicksal/maier.html Besuch K. S. Maiers in der Lessing-Realschule], 2002
* {{Weblink|www.exil-club.de/groups/ueberleben/seiten/5_schicksal/maier.html Besuch K. S. Maiers in der Lessing-Realschule, 2002}}
* www.christen-und-juden.de/html/gurs.htm zur Deportation nach Gurs
* {{Weblink|www.christen-und-juden.de/html/gurs.htm zur Deportation nach Gurs}}
* www.mahnmal-projekt.de/ das ökumenische badische mahnmal-projekt seit 2002 (Auch Luftbild)
* {{Weblink|www.mahnmal-projekt.de/ das ökumenische badische mahnmal-projekt seit 2002 (Auch Luftbild)}}
** www.ekiba.de/editorial_5673.htm Evangelische Landeskirche Baden zur Grundsteinlegung
* {{Wikipedia-de|Camp_de_Gurs|Konzentrationslager Gurs}}
** www.mahnmal-projekt.de/geschichte/orte.html Die Orte, aus denen Einwohner jüdischen Glaubens deportiert wurden und ihre Anzahl (Nach der vom Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden der Stadt Karlsruhe zur Verfügung gestellte Deportiertenliste, sowie die Deportiertenliste in: GEDENKE, von L. Bez, Freundetal/J. Grosspietsch, Sulzburg.)
* {{Wikipedia2|Wagner-Bürckel-Aktion|Wagner-Bürckel-Aktion}}


* {{Wikipedia-de|Camp_de_Gurs|Konzentrationslager Gurs}}
[[Kategorie:Nationalsozialismus]]
* Wikipedia-de2|Wagner-Bürckel-Aktion|Wagner-Bürckel-Aktion
[[Kategorie:Zweiter Weltkrieg]]
[[Kategorie:1940er]]
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