St. Anna-Friedhof
Der St. Anna-Friedhof, auch Annen-Kirchhof genannt, war ein bis 1845 bestehender Friedhof in der heutigen Heidelberger Altstadt, die damals als Vorstadt bezeichnet wurde.
Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Friedhof erstreckte sich vom heutigen Haus Plöck 2 im Norden, Sofienstraße 21-29 im Westen, Friedrich-Ebert-Anlage 1-1a im Süden und der Nadlerstraße im Osten.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Friedhof wurde Ende des 16. Jahrhunderts angelegt. Auf dem Friedhof soll sich ein "Karner", eine Totenkapelle mit integriertem Beinhaus, befunden haben, so jedenfalls die Aktenlage. Zuletzt wurde dieses halbverfallene Gebäude nur noch als Beinhaus genutzt, bis es zu Beginn des 18. Jahrhunderts abgetragen wurde. Die alten Stiche von Merian und Isselstein zeigen allerdings unterschiedliche Standorte für eine solche Kapelle.
Die heutige St. Anna-Kirche wurde 1714 außerhalb des Friedhofs als Spitalkirche erbaut.
Lange Zeit hindurch wurden auf dem Friedhof die Toten mindestens bis 1715 "durcheinander", d. h. ohne Rücksicht auf die Konfession, bestattet, vor allem "arme Sünder, Bettler, Einwohner ohne Bürgerrecht und Militär"[1]
Eine grundlegende Änderung ergab sich durch die vom Oberamt Heidelberg am 23. Juni 1830 erlassene Leichen- und Kirchhofsordnung, die zur Folge hatte, dass in der Mitte des Friedhofs ein Areal als Freifläche für Familiengrabstätten mit der Zusicherung immerwährender Erhaltung ausgewiesen wurde ("ewige Gräber"). Nun wurden auch prominente Heidelberger Bürger wie Johann Heinrich Voss, Anton Friedrich Justus Thibaut und der Landschaftsmaler Ernst Fries bestattet wurden. Schon vor dieser Aufwertung des Friedhofes wurde zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Ehefrau von Clemens Brentano, Sophie Friederike Brentano (1770 - 1806), die im Kindbett gestorben war, zusammen mit ihrem toten Kind beerdigt.
1845 wurde der Friedhof geschlossen, nachdem man 1844 den Bergfriedhof errichtet hatte. Den Nutzungsberechtigten von Kaufgräbern wurde ein neuer Grabplatz auf dem Bergfriedhof angeboten. Dementsprechend wurden 1875 die Gebeine von Thibaut und Voss auf den Bergfriedhof verbracht, schon zuvor, 1857, waren die sterblichen Überreste von Ernst Fries dorthin umgebettet worden. Zusammen mit verschiedenen Grabsteinen wurde in den 1920er Jahren der Gedenkstein mit der Inschrift ""Anna Stifterin dieses Kirchhofs 1590" auf einem großen freien Platz in der Nähe des Haupteingangs, nun Annaplatz genannt, aufgestellt.
Die in der Vorstadt verbliebenen Gräber wurden eingeebnet und nach und nach überbaut. 1870 verkaufte die Stadt Heidelberg Teile des ehemaligen Friedhofes an Gustav Haefeli-Gujer, der dort die Parkvilla Sofienstraße 27 errichtete.[2]
Im November 2015 wurden auf der Baustelle neben den Schreibwarengeschäft Knoblauch, Plöck 2, menschliche Knochen gefunden. Die vom Investor Erhard & Stern Real Estate, die auch andere Projekte in Heidelberg betreut, mit den vorbereitenden Arbeiten für den Bau eines Wohn- und Geschäftshauses beauftragten Arbeiter packten die Gebeine in blaue Müllsäcke und lagerten diese am Rand der Baustelle. Nachdem das Amt für Baurecht- und Denkmalschutz eingeschaltet worden war, wurde beschlossen, die Überreste auf dem Bergfriedhof auf Kosten des Investors beizusetzen und zwar am Anna-Platz. Damit wurden die besorgten Anwohner besänftigt, die eine Entsorgung der Gebeine durch die Müllabfuhr befürchtet hatten. Diese Sorgen waren nicht ganz unberechtigt, denn vom Denkmalschutz her ist es dem Bauherrn freigestellt, ob er die Leichenreste "entsorgt" oder beisetzen lässt, so Norbert Hornig, als Betriebsleiter zuständig für die Heidelberger Friedhöfe, nach einem Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung vom 3. Dezember 2015 [3]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Herbert Derwein, Vom Heidelberger Begräbniswesen in früherer Zeit, Kurpfälzer Jahrbuch 1930, S. 54 ff., hier zitiert nach Via Monumentum, Denkmalpflege Heidelberger Friedhöfe e.V., Der St. Annafriedhof in Heidelberg [1]
- ↑ Heidelberger Geschichtsverein, Artikel St. Annenkirchhof [2]
- ↑ Timo Teufert, Gefundene Gebeine werden nicht "entsorgt", RNZ vom 3.12.2015, Seite 5