Institut für Anatomie und Zellbiologie

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Das Institut für Anatomie und Zellbiologie, so der vollständige Name, im allgemeinen Sprachgebrauch der Fakultät und der Medizinischen Fakultät einfach "Institut für Anatomie", auch "Anatomisches Institut" oder kurz "Anatomie" genannt, ist eine Einrichtung der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg.

Am Institut bestehen folgende Abteilungen:

Funktionelle Neuroanatomie
Neuroanatomie
Medizinische Zellbiologie
Fachgruppe

Geschichte des Instituts[Bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten]

Nachdem die Universität Heidelberg 1386 gegründet und 1388 die medizinische Fakultät eingerichtet worden war, unterrichteten in der Zeit von 1522 bis 1557 drei bis vier Mediziner die Studenten. Die Ausbildung in Anatomie bestand in der Regel aus Vorlesungen der damaligen medizinischen Standardwerke (Hippokrates, Galen und Andreas Vesal).

1558 reformierte Kurfürst Ottheinrich (1502 bis 1559) die Studien- und Ausbildungsordnung. An die Stelle von reinem Bücherwissen sollte das Erlernen der Funktionen des menschlichen Körpers treten, auch sollten nun Patienten am Krankenlager untersucht werden. In der Sommerzeit wurde Botanik gelesen, im Wintersemester erfolgte der Unterricht in Anatomie.

Nachdem die Fakultät 1569 ein Skelett als das wahrscheinlich erste Lehrpräparat erworben hatte, wurden ab 1595 auch anatomische Untersuchungen gestattet. Hierzu sollten menschliche Leichen, vor allem die sterblichen Reste von Hingerichteten, seziert werden.

Von 1792 bis 1805 unterrichtete der Chirurg Franz Xaver Moser (1747-1833) in Heidelberg Anatomie. Er erstellte eine erste Aufstellung der anatomischen Präparate, die sich zu dieser Zeit in Heidelberg befanden.

Nachdem 1803 Mannheim und Heidelberg im Zuges des Reichsdeputationshauptschlusses dem neu entstandenen Großherzogtum Baden zugeschlagen worden waren, nahm Kurfürst (und ab 1806 Großherzog) Karl Friedrich von Baden eine Reorganisation der nun staatlich finanzierten Universität vor, die faktisch einer Neugründung gleichkam. In diesem Rahmen wurde der erste Lehrstuhl für Anatomie in Heidelberg errichtet.

Anatomischer Unterricht nach Einrichtung eines anatomischen Lehrstuhles 1805 – 1872 (Deskriptive Anatomie)[Bearbeiten]

Zeitraum ---- wichtige Anatomen
  • 1805 - 1815 Fidelius Ackermann (1765-1815), der erste Ordinariums für Anatomie
  • 1816 - 1849 Friedrich Tiedemann (1781-1861) forschte im Bereich der Embryologie, der Pathologie und der Physiologie.
  • 1819 - 1826 Vincenz Fohmann (1794-1837) , Schwiegersohn von Tiedemann, Prosektor in Heidelberg, Ordinarius in Brüssel
  • 1826 - 1835 Friedrich Arnold (1803-1890), Fohmanns Nachfolger als Prosektor; verließ Heidelberg und ging nach Zürich, Freiburg im Breisgau und Tübingen, kam aber 1852 als Institutsleiter nach Heidelberg zurück.
  • 1834 - 1873 Anton Nuhn (1814-1889); 1845 Prosektor und 1848 außerordentlicher Professor. Nuhn war fast 40 Jahre am Institut tätig und veröffentlichte während dieser Zeit mehrere Lehrbücher.
  • 1835 - 1843 Ludwig Theodor Bischoff (1807-1882); arbeitete von 1835 bis 1843 in Heidelberg und ging dann nach Giessen. Heute bekannt vor allem als entschiedener Gegner des Studiums von Frauen
  • 1835 - 1841 Ludwig Kobelt (1804-1857); war zunächst Prosektor und erstellt sehr elaborierte Präparationen, von denen sich einige noch heute im Institutsbesitz befinden. Kobelt musste wegen eines Streits mit Bischoff seine Stelle mit der des Freiburger Prosektors Alexander Ecker tauschen.
  • 1841 - 1844 Alexander Ecker ( 1816-1887), drei Jahre Prosektor in Heidelberg, dann Ordinarius in Basel
  • 1844 - 1850 Carl Wilhelm Ludwig Bruch (1819-1884); verankerte zusammen mit Jacob Henle die mikroskopische Anatomie im akademischen Unterricht in Heidelberg. Bruch betätigte sich auch als Pathologe, er führte im Auftrag seiner klinisch tätigen Kollegen Sektionen durch und untersuchte die Gewebe von krankheitsbedingt Verstorbenen am Mikroskop. (Das pathologische Institut wurde erst 1866 gegründet.)
  • 1844 - 1852 Jacob Henle (1809-1885); wurde 1944 an die Universität Heidelberg auf den zweiten ordentlichen Lehrstuhl für Anatomie und Physiologie berufen. Hier entstand sein Handbuch der rationellen Pathologie, 1849 übernahm Henle das Direktorat des anatomischen Instituts. Wegen unüberwindbarer Meinungsverschiedenheiten mit Tiedemann ging Henle 1852 nach Göttingen.
  • 1849 Der Sohn Friedrich Tiedemanns Gustav wurde als Freischärler im August 1849 in Rastatt standrechtlich erschossen. Tiedemanns Sohn Heinrich war mit der Schwester des Revolutionsführers Friedrich Hecker verheiratet, der in Konstanz die Republik ausgerufen hatte. Heinrich Tiedemann floh mit der Familie seiner Frau in die USA. Friedrich Tiedemann nahm darauf hin den Abschied von seinem Amt.
  • 1852 - 1873 Friedrich Arnold, der im Oktober 1826 Tiedemanns Hilfsprosektor, 1828 Prosektor und 1834 außerordentlicher Professor in Heidelberg geworden war und von 1835 bis 1845 in Zürich, Freiburg und Tübingen als Hochschullehrer gewirkt hatte, war ab August 1852 wieder in Heidelberg, wo er als Nachfolger von Jakob Henle zum ordentlichen Professor und Direktor der Anatomie und Physiologie berufen wurde. 1858 trat er die Physiologie an Hermann von Helmholtz ab. Sein Nachfolger wurde im April 1873 Carl Gegenbaur (1826–1903). Gegenbaur hatte 1869 in zweiter Ehe Arnolds Tochter Ida geheiratet.

1873 – 1921 Die Phase der vergleichenden Anatomie[Bearbeiten]

Die zu dieser Zeit aufkommende Diskussion um die einzuschlagende Richtung der Anatomie (topographisch oder vergleichend), teilte auch die Heidelberger Berufungskommission in zwei Lager. Die „Vergleichenden Anatomen“ setzten sich durch und Gegenbaur kam aus Jena nach Heidelberg.

  • 1873 - 1901 Carl Gegenbaur (1826-1903) wurde Arnolds Nachfolger. Die Sammlung anatomischer Präparate wurde unter seiner Leitung durch Präparate zum Bewegungsapparat, zur Entwicklung des Menschen, gesammelte Schädel für seine anthropologische Sammlung und viele zoologische Präparate vermehrt. Nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden im Jahre 1901 nahm sein ehemaliger Schüler Max Fürbringer, der zugleich sein Schwiegersohn war, den Platz des Institutsleiters ein.
  • 1901 - 1912 Max Karl Fürbringer (1846-1920) wurde 1901 Institutsleiter. Er war Zoologe und Anatom, sein Forschungsgebiet war die Morphologie und Systematik der Vögel. Er klassifizierte jedoch auch Reptilien, Fische und Säugetiere. Mit ihm kam sein Prosektor und Schwiegersohn Hermann Braus nach Heidelberg. Er ging 1912 in den Ruhestand.
  • 1912 - 1921 Nun wurde Hermann Braus (1868-1924) Institutsleiter. Seine Forschung wandte sich bereits teilweise von der Vergleichenden Anatomie ab und der experimentellen Embryologie zu. Er setzt im Unterricht Röntgenbilder ein, hatte bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert ein Fotolabor eingerichtet und ließ in einem Projektionsraum wissenschaftliche Filme vorführen. 1916 nahmen zwei seiner Studenten eine Inventur aller vorhandenen Präparate vor, die in einem Sammlungskatalog festgehalten wurde. 1921 verließ Braus die Universität, um einem Ruf nach Würzburg zu folgen.
  • 1912 – 1921 Curt Elze (1885-1972) habilitiert sich 1913, kurz nachdem er in Heidelberg seine Stelle als außerordentlicher Professor antrat. Seine Interessen lagen auf dem Gebiet der Entwicklungsgeschichte des Menschen, er führte aber auch das anatomische Lehrbuch von Braus nach dessen Tod weiter.
  • 1914 - 1921 Auch Hans Petersen (1885-1946) habilitiert sich 1914 mit einem Thema aus dem Gebiet der Vergleichenden Anatomie. Petersen gilt als Wegbereiter einer „neuen Anatomie“, die biologische, physiologische und funktionelle Aspekte in die bislang rein morphologisch deskriptive Anatomie zu integrieren suchte.


Die anatomische Sammlung[Bearbeiten]

Die Sammlung des Instituts soll dem Interesse der Bevölkerung am Bau des menschlichen Körpers Rechnung tragen. Die Sammlung besteht aus drei Teilen.

Der historische Teil mit den ältesten Exponaten u.a. seltene historische Wachsmodelle, Gipsmodelle und einen Gall'schen Schädel, ferner optische Instrumente aus dem 18. Jahrhundert. Im Raum O21 im Erdgeschoss werden die Skelette der beiden Räuber Schinderhannes und Schwarzer Jonas gezeigt.
Im methodischen Teil der Ausstellung werden die verschiedenen Techniken vorgestellt, die die Anatomen vergangener Zeiten und heute angewandt haben, insbesondere auch anhand von Korrosionspräparaten, Plastinaten, mazerierten Knochen und Eingußpräparaten.
Die topographisch angeordnete Sammlung macht den Hauptanteil der Ausstellung aus. Hier sollen dem Besucher durch Präparate, die mit fast allen gebräuchlichen Techniken hergestellt wurden, die anatomischen und funktionellen Sachverhalte über den menschlichen Körper nahegebracht werden.

Weblinks[Bearbeiten]