KZ Neckarelz: Unterschied zwischen den Versionen

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Im damals noch als Gemeinde selbständigen [[Neckarelz]] gab es von März [[1944]] bis März [[1945]] eine Außenstelle des KZ Natzweiler-Struthof, das '''Konzentrationslager Neckarelz'''. Die Häftlinge wurden zum Ausbau von Gipsstollen bei Obrigheim gezwungen. In den Gipsstollen, die Schutz vor Luftangriffen durch englische und amerikanische Flugzeuge boten, sollten Flugzeugmotoren gebaut werden.
Im damals noch als Gemeinde selbständigen [[Neckarelz]] gab es von März [[1944]] bis März [[1945]] das '''Konzentrationslager Neckarelz''', ein Nebenlager des KZ Natzweiler-Struthof. Die Häftlinge wurden zum Ausbau von Gipsstollen bei Obrigheim gezwungen. In den Gipsstollen, die Schutz vor Luftangriffen durch englische und amerikanische Flugzeuge boten, sollten Flugzeugmotoren gebaut werden.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Ab 15. März 1944 kamen die ersten 500 Häftlinge des ''KZ Dachau'' im Neckarelzer Bahnhof an. Das dortige Schulgebäude wurde nun zur Außenstelle ''Neckarelz I'' des KZ Natzweiler. Die KZ-Häftlinge mußten täglich zweimal zu ihren 12-Stunden-Schichten durch den Ort und über die heute nicht mehr bestehende Neckarbrücke der [[Schwarzbachtalbahn]] (Meckesheim–Neckarelz) den [[Neckar]] überqueren. Nur wenige aus der Bevölkerung trauten sich, diesen bemitleidenswerten Menschen etwas Nahrhaftes zuzustecken. Es wurden mehrere weitere Barackenlager zur Unterbringung von KZ-Häftlingen errichtet, außerdem gab es zahlreiche Zwangsarbeiterlager in der Region. Im Juli 1944 befanden sich ca. 1400 Häftlinge und 400 Zwangsarbeiter, Arbeiter und Wachpersonal in Neckarelz und Obrigheim. Der erste Motor konnte im Oktober 1944 ausgeliefert wurden. Die Planzahlen sahen monatlich 500 Motor-Neubauten und 350 Instandsetzungen vor.
Ab 15. März 1944 kamen die ersten 500 Häftlinge des ''KZ Dachau'' im Neckarelzer Bahnhof an. Das dortige Schulgebäude wurde nun zur Außenstelle ''Neckarelz I'' des KZ Natzweiler. Die KZ-Häftlinge mußten täglich zweimal zu ihren 12-Stunden-Schichten durch den Ort und über die heute nicht mehr bestehende Neckarbrücke gehen, um zu den Stollen bei Obrigheim zu gelangen. Nur wenige aus der Bevölkerung trauten sich, diesen bemitleidenswerten Menschen etwas Nahrhaftes zuzustecken.
 
Es wurden mehrere weitere Barackenlager zur Unterbringung von KZ-Häftlingen errichtet, außerdem gab es zahlreiche Zwangsarbeiterlager in der Region. Im Juli 1944 befanden sich ca. 1400 Häftlinge und 400 Zwangsarbeiter, Arbeiter und Wachpersonal in Neckarelz und Obrigheim. Der erste Motor konnte im Oktober 1944 ausgeliefert wurden. Die Planzahlen sahen monatlich 500 Motor-Neubauten und 350 Instandsetzungen vor.


Insgesamt waren etwa 5000 Gefangene im KZ Neckarelz oder in einem der zugehörigen Arbeitsaußenkommandos. Die mangelhafte Ernährung trug mit zu vielen Todesfällen bei. Nicht mehr als arbeitsfähig angesehene Häftlinge wurden nach Natzweiler, Dachau oder Vaihingen transportiert. Bis Oktober 1944 wurden drei solche Transporte mit mindestens 750 Personen bekannt.
Insgesamt waren etwa 5000 Gefangene im KZ Neckarelz oder in einem der zugehörigen Arbeitsaußenkommandos. Die mangelhafte Ernährung trug mit zu vielen Todesfällen bei. Nicht mehr als arbeitsfähig angesehene Häftlinge wurden nach Natzweiler, Dachau oder Vaihingen transportiert. Bis Oktober 1944 wurden drei solche Transporte mit mindestens 750 Personen bekannt.


Am 28. März 1945 kam es wegen des Vorrückens amerikanischer Truppen in den Neckarraum auf Befehl der Nazis zu einem Todesmarsch der dort befindlichen 2400 gehfähigen Häftlinge über Neuenstadt, Kupferzell und Waldenburg. Von Schwäbisch Hall ging es mit der Bahn nach Dachau weiter, wo 2300 ankamen. Das heißt, weniger als 100 Häftlinge überlebten den Transport durch die Nazis nicht, da wahrscheinlich einige hatten fliehen können. Ein Zug nach Dachau blieb zwischen [[Adelsheim]] und [[Osterburken]] liegen, wo er von den Amerikanern mit über 40 Toten gefunden wurde.
Am 28. März 1945 kam es wegen des Vorrückens amerikanischer Truppen in den Neckarraum auf Befehl der Nazis zu einem Todesmarsch der dort befindlichen 2400 gehfähigen Häftlinge über Neuenstadt, Kupferzell und Waldenburg. Von Schwäbisch Hall ging es mit der Bahn nach Dachau weiter, wo 2300 ankamen. Ein Zug nach Dachau blieb zwischen [[Adelsheim]] und [[Osterburken]] liegen, wo er von den Amerikanern mit über 40 Toten gefunden wurde.


Heute erinnern eine Gedenkstätte in Mosbach und und der Geschichtslehrpfad ''Goldfischpfad'' daran. Der Geschichtslehrpfad liegt zwischen [[Obrigheim (Baden)|Obrig-]] und [[Haßmersheim]]. Er führt unter anderem zu den Eingängen der Stollen mit den Tarnnamen „Goldfisch“ und „Brasse“.
Heute erinnern eine Gedenkstätte in Mosbach und und der Geschichtslehrpfad ''Goldfischpfad'' daran. Der Geschichtslehrpfad liegt zwischen [[Obrigheim (Baden)|Obrig-]] und [[Haßmersheim]]. Er führt unter anderem zu den Eingängen der Stollen mit den Tarnnamen „Goldfisch“ und „Brasse“.

Version vom 6. Juli 2024, 12:35 Uhr

Im damals noch als Gemeinde selbständigen Neckarelz gab es von März 1944 bis März 1945 das Konzentrationslager Neckarelz, ein Nebenlager des KZ Natzweiler-Struthof. Die Häftlinge wurden zum Ausbau von Gipsstollen bei Obrigheim gezwungen. In den Gipsstollen, die Schutz vor Luftangriffen durch englische und amerikanische Flugzeuge boten, sollten Flugzeugmotoren gebaut werden.

Geschichte

Ab 15. März 1944 kamen die ersten 500 Häftlinge des KZ Dachau im Neckarelzer Bahnhof an. Das dortige Schulgebäude wurde nun zur Außenstelle Neckarelz I des KZ Natzweiler. Die KZ-Häftlinge mußten täglich zweimal zu ihren 12-Stunden-Schichten durch den Ort und über die heute nicht mehr bestehende Neckarbrücke gehen, um zu den Stollen bei Obrigheim zu gelangen. Nur wenige aus der Bevölkerung trauten sich, diesen bemitleidenswerten Menschen etwas Nahrhaftes zuzustecken.

Es wurden mehrere weitere Barackenlager zur Unterbringung von KZ-Häftlingen errichtet, außerdem gab es zahlreiche Zwangsarbeiterlager in der Region. Im Juli 1944 befanden sich ca. 1400 Häftlinge und 400 Zwangsarbeiter, Arbeiter und Wachpersonal in Neckarelz und Obrigheim. Der erste Motor konnte im Oktober 1944 ausgeliefert wurden. Die Planzahlen sahen monatlich 500 Motor-Neubauten und 350 Instandsetzungen vor.

Insgesamt waren etwa 5000 Gefangene im KZ Neckarelz oder in einem der zugehörigen Arbeitsaußenkommandos. Die mangelhafte Ernährung trug mit zu vielen Todesfällen bei. Nicht mehr als arbeitsfähig angesehene Häftlinge wurden nach Natzweiler, Dachau oder Vaihingen transportiert. Bis Oktober 1944 wurden drei solche Transporte mit mindestens 750 Personen bekannt.

Am 28. März 1945 kam es wegen des Vorrückens amerikanischer Truppen in den Neckarraum auf Befehl der Nazis zu einem Todesmarsch der dort befindlichen 2400 gehfähigen Häftlinge über Neuenstadt, Kupferzell und Waldenburg. Von Schwäbisch Hall ging es mit der Bahn nach Dachau weiter, wo 2300 ankamen. Ein Zug nach Dachau blieb zwischen Adelsheim und Osterburken liegen, wo er von den Amerikanern mit über 40 Toten gefunden wurde.

Heute erinnern eine Gedenkstätte in Mosbach und und der Geschichtslehrpfad Goldfischpfad daran. Der Geschichtslehrpfad liegt zwischen Obrig- und Haßmersheim. Er führt unter anderem zu den Eingängen der Stollen mit den Tarnnamen „Goldfisch“ und „Brasse“.

Sonstiges

In Guttenbach und Binau befand sich ab Ende November 1944 die Komandantur und Verwaltung aller Nebenlager des KZ Natzweiler.

Auf dem Jüdischen Friedhof Binau wurden verstorbene Häftlinge bestattet, vor allem Häftlinge aus Frankreich und Polen. In Neckargerach steht ein Gedenkstein.

In Neckarzimmern gab es eine andere ausgelagerte Rüstungs-Produktionsanlage, in der unter anderem KZ-Häftlinge Zwangsarbeit verrichten mußten.

Literatur

  • Neil Gregor: Stern und Hakenkreuz. Daimler-Benz im Dritten Reich. Propyläen, Berlin 1997, ISBN 3-549-05604-4.
  • Arno Plock: Damals ... in jenen dunklen Jahren. Als KZ-Häftling Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie. 2., überarb. Fassung, 1994.
  • Schmid, Michael: Goldfisch, Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Eine Lokalhistorie zum Umgang mit Menschen. In: Das Daimler-Benz-Buch. Ein Rüstungskonzern im "Tausendjährigen Reich" (Schriften der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, Bd. 3). Greno, Nördlingen 1987, ISBN 3891909500, S. 482 ff.

Weblinks