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Thingstätte

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Luftaufnahme der Thingstätte
142° Panoramaaufnahme der Zuschauerränge vom Tor aus fotografiert

Die Heidelberger Thingstätte ist eine in der Zeit des Nationalsozialismus nach dem Pseudo-Vorbild antiker griechischer Theater errichtete Freilichtbühne auf dem Heiligenberg bei Heidelberg.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Drittes Reich"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Heidelberger Thingstätte wurde von 1934 bis 35 vom Reichsarbeitsdienst und Heidelberger Studenten erbaut. Damit ist sie das Gegenstück zum Ehrenfriedhof, der auf der anderen Talseite für die toten Heidelberger Soldaten des Ersten Weltkriegs (1914 bis 1918) bereits angelegt wurde.

Sie wurde am 22. Juni 1935 von dem Propagandaminister Joseph Goebbels eröffnet. Zu diesem Anlass waren zum einzigen Mal während des "Dritten Reichs" die Plätze voll besetzt. Goebbels sagte in seiner Ansprache zur Eröffnung:

»In diesem monumentalen Bau haben wir unserem Stil und unserer Lebensauffassung einen lebendigen plastischen und monumentalen Ausdruck gegeben. Diese Stätten sind in Wirklichkeit die Landtage unserer Zeit. Es wird ein Tag kommen, wo das deutsche Volk zu diesen steinernen Stätten wandelt, um sich auf ihnen in kultischen Spielen zu seinem unvergänglichen neuen Leben zu bekennen.«


In den 56 Zuschauerreihen, die 25 Meter hoch ansteigen, fanden bei der Eröffnung 20.000 Menschen Platz.

Die Thingstätte soll auf einem angeblichen germanischen Kultplatz errichtet worden sein, womit sie Bestandteil der nationalsozialistischen Blut- und Bodenmystik wurde. Daher wurde die Bühne vor allem für Propagandaveranstaltungen genutzt. Schon 1936 verloren die Nationalsozialisten das Interesse an der Anlage, da der Rundfunk ein effektiveres Propagandainstrument darstellte.

In den darauf folgenden Jahren gab es einige Vorstellungen von Bühnenwerken wie etwa »Der Weg ins Reich«, oder »Das Oratorium der Arbeit«. Im Jahr 1939 führte das Stadttheater Heidelberg dann Schillers »Braut von Messina« auf.

Bundesrepublik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Krieg ließ man die Thingstätte weitestgehend verfallen, inzwischen steht sie unter Denkmalschutz. Einige Jahre lang hielt die US-amerikanische Gemeinde in Heidelberg ihre Ostersonnenaufgangsfeier auf der Thingstätte ab oder es trafen sich Jugend- oder Sportgruppen in dem Amphitheater, aber eigentlich zerbricht man sich immer wieder den Kopf über die beste Nutzung dieses ungeliebten Erbes aus dem Dritten Reich.

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1939 wurden hier Feste zur Sonnenwende inszeniert, mit einer für damalige Zeiten hochtechnischen Ausstattung mit Tonmischpult, Lautsprecheranlage und Scheinwerferbeleuchtung. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg war die Thingstätte weitgehend ungenutzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Thingstätte zunächst als "Feierstätte" ausgeschildert und von der Stadtverwaltung weitgehend ignoriert. In der neueren Vergangenheit wird die Thingstätte im Sommer regelmäßg für Open-Air-Konzerte (zum Beispiel Opernaufführungen, Konzerte von Udo Jürgens, Montserrat Caballe oder André Rieu) genutzt, auch wenn das Gelände wegen der schwierigen Infrastruktur (fehlende sanitäre Anlagen, schwierige Zufahrt, ...) nicht einfach zu bewirtschaften ist.

So schwierig der Ort kommerziell nutzbar ist, so großer Beliebtheit erfreut er sich in der Bevölkerung Heidelbergs sowie der engeren und weiteren Umgebung für diverse Feste in privatem und nicht offiziellem Rahmen. So zogen jedes Jahr in der Walpurgisnacht zum 1. Mai bis zu 15.000 Menschen auf den Heiligenberg und feierten ein Fest, bei dem es weder kommerzielle Verkaufsstände noch elektrisches Licht gab. (Meist alkoholhaltige) Getränke und Drogen wie Marihuana wurden selbst mitgebracht, genauso wie Musikinstrumente, beleuchtet wurde das Schauspiel von großen Holzfeuern. Diese Feiern waren von der Stadt zwar nicht genehmigt, ein Verbot wurde aber lange Zeit auch nicht verhängt.[1]. Das änderte sich gründlich, als es bei der Walpurgis-Feier 2017 zu Zwischenfällen mit einem Schwerverletzten und zu einem Waldbrand kam, von dem die Besucher glücklicherweise nichts merkten, es hätte sonst zu einer Massenpanik kommen können. Die Stadt Heidelberg untersagte daher künftige Feiern dieser Art ohne verantwortlichen Veranstalter.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rainer Stommer. Die inszenierte Volksgemeinschaft: Die "Thing-Bewegung" im Dritten Reich. Marburg: Jonas, 1985. ISBN 3-922561-31-4
  • Heidelberg, ISBN 3-9215-2446-6
  • Wolfgang von Moers-Messmer: Der Heiligenberg bei Heidelberg. Ein Führer durch seine Geschichte und seine Ruinen. Herausgegeben von der Schutzgemeinschaft Heiligenberg e. V., 1987


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rhein-Neckar-Zeitung, 12.04.2008: Das Verbot ist vom Tisch
  2. Steffen Blatt, Die Party ist vorbei. Stadt verbietet Walpurgis-Feier auf der Thingstätte - Ein Gutachten zeigt zahlreiche Risiken auf, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 8. Dezember 2017 (Seite Heidelberg)