Marsilius von Inghen

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Marsilius von Inghen (* um 1340 in Nijmwegen; † 20. August 1396 in Heidelberg) war ein einflussreicher Philosoph und Theologe des 14. Jahrhunderts. In der Metropolregion Rhein-Neckar ist er vor allem als Gründungsrektor der Universität Heidelberg bekannt. Marsilius war zunächst ab 1362 als Magister Artium an der Universität Paris tätig. Ein Magister der Freien Künste war berechtigt, diese Fächer zu lehren, außerdem durfte er nun die "höheren" Fächer studieren, weshalb Marsilius neben seiner Lehrtätigkeit an derselben Universität Theologie studierte.

Marsilius verfasste zahlreiche Schriften, u.a. Kommetare zu Aristoteles. Marsilius folgte den philosophischen Ansätzen des Wilhelm von Ockham und des Johannes Buridan auf den Gebieten der Logik, Naturphilosophie und Metaphysik und führte diese Ansätze weiter. [1] Er galt und gilt vielen auch heute [2] noch als einer der wichtigsten Vertreter des spätmittelalterlichen Nominalismus. Die Anhänger dieser Richtung, die auch via moderna genannt wurde, leugneten die Übereinstimmung von Begriff und Sache. Ihre Gegner hingen dem Realismus, auch via antiqua genannt, an. Sie gingen davon aus, die Begriffe seien mit der von ihnen bezeichneten Realität identisch. Den Streit zwischen diesen beiden Richtungen bezeichnet man als "Wegestreit". [3]

Die scharfsinnigen Analysen und klaren Darstellungen des Marsilius sorgten dafür, dass seine Vorlesungen gutbesucht waren. Das war damals auch aus finanziellen Gründen wichtig.

Marsilius, der schon an der Universiät Paris Rektor gewesen war, amtierte auch in Heidelberg immer wieder als Rektor der Universität. Bei Zeitangaben wie "1386 - 92 und 1396 Rektor der Universität Heidelberg" z.B. in Reclams Philosophenlexikon, S. 350, ist zu berücksichtigen, dass der Rektor damals nur für den Zeitraum eines Vierteljahres gewählt wurden, solche Zeitangaben sind daher eher irreführend. Bis 1394 hatte es bereits 27mal einen Wechsel im Amt des Rektors gegeben (Cxer, S. 39), weshalb die Amtszeit dann auf ein halbes Jahr festgelegt wurde. Richtig ist wohl, dass Marsilius insgeamt neun Mal als Rektor amtierte, jeweils für ein Vierteljahr.

In die Zeit des Wirkens des Marsilius in Heidelberg fällt auch die Vertreibung der Heidelberger Juden und die Konfiskation ihres Vermögens und ihrer Häuser im Jahre 1390, womit die junge Universität mit Geldmitteln und mit Wohnraum für die Professoren versorgt wurde. [4]

Nach ihm ist der Marsilius-Platz in der Altstadt von Heidelberg benannt, ferner das Marsilius-Kolleg, eine mit Mitteln der Exzellenzinitiative gegründete interdisziplinäre Graduiertenschule.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Andreas Cser, Kleine Geschichte der Stadt und Universität Heidelberg, G. Braun Buchverlag, Karlsruhe o. J. (1. Aufl. DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 2007), Abschnitt Die Gründungsphase um 1400, S. 31 ff.
  • Maarten J. F. M. Hoenen, Philosophenlexikon, Reclam, Stuttgart 2009, Stichwort Marsilius von Inghen
  • Maarten J. F. M. Hoenen und Paul J. J. M. Bakker (Herausgeber), Philosophie und Theologie des ausgehenden Mittelalters. Marsilius von Inghen und das Denken seiner Zeit, Brill, Leiden, Boston und Köln 2000, ISBN 90 04 10912 9

Einzelnachweise und Bemerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Maarten J. F. M. Hoenen, Philosophenlexikon, Reclam, Stuttgart 2013 (2008), Stichwort Marsilius von Inghen
  2. So beispielsweise in der Darstellung der Gründungsgeschcihte der Universität Heidelberg von Andreas Czer, Kleine Geschichte der Stadt und Universität Heidelberg, S. 45 - 46
  3. Allerdings hat die neuere Forschung gezeigt, dass bei der Zuordnung des Marsilius zu den Nominalisten ein Konzept zugrundegelegt wird, das aus einer späteren Zeit stammt und einen anderen kulturellen Hintergrund hat. Der Wegestreit ist ein Ergebnis des fünfzehnten, nicht des vierzehnten Jahrhunderts. Die frühesten Auseinandersetzungen zwischen der via antiqua und der via moderna finden erst gut zwei Jahrzehnte nach Marsiulius' Tod statt. Vgl. Maarten J. F. M. Hoenen, Marsilius von Inghen in der Geistesgeschichte des ausgehenden Mittelalters, in: Philosophie und Theologei des ausgehenden Mittelalters, Hoenen, Bakker (Hrsg.), Brill, Leiden/Boston/Köln 2000, ISBN 90 04 10912 9, S. 22. Allerdings finden sich im Denken des Marsilius Züge, die bereits in die Richtung weisen, die die Nominalisten später weiterverfolgt haben. Nur sind bei ihm auch Einflüsse aus ganz anderen Richtungen erkennbar, wie die Tradition des Bonaventura, Thomas von Aquin und Thomas von Straßburg, vgl. Hoenen, S. 23
  4. Andreas Czer, Kleine Geschichte, S. 19

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]