Konzentrationslager Natzweiler kommt nach Nordbaden

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Das Konzentrationslager Natzweiler kommt aus Frankreich nach Nordbaden nach Mosbach, in den heutigen Stadtteil Neckarelz, und nach Obrigheim. Zwischen beiden Lagerteilen fließt der Neckar, über den eine Eisenbahnbrücke führt. Über sie marschieren in diesen Monaten täglich Häftlingskolonnen, die sich bei der Arbeit in 12-Stunden-Schichten abwechseln. Also zweimal nach Süden und zweimal nach Norden über die Brücke und durch die Straßen von Neckarelz und Obrigheim. Ihr Leiden war dort täglich unübersehbar. In der unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gerät relativ schnell in Vergessenheit, dass vor Kriegsende dieses große KZ für wenige Monate nach Nordbaden verlagert wird ohne seine SS-interne Bezeichnung als „K.L. Natzweiler-Struthof“ zu ändern. Es wächst in kurzer Zeit schnell an, weil hier Flugzeugmotoren „Für den Endsieg“ montiert werden sollen. Das schnelle Kriegsende, die komplette militärische deutsche Niederlage und das Ende der Naziherrschaft in Europa gab wahrscheinlich als Folge auch in den Wehrmachts- und NSDAP-Zentralen in Berlin Wichtigeres zu entscheiden, als ob und wie diese Unterdrückungszentrale genannt wird, die ab 1944 im heutigen Neckar-Odenwald-Kreis mehrere sogenannte Nebenlager oder KZ-Außenkommandos befehligte.

Am bekanntesten wurde das Konzentrationslager in Mosbach-Neckarelz und Obrigheim. Im selben Zusammenhang stehen das Konzentrationslager Neckargerach, die Gedenkstätte Jüdischer Friedhof in Binau, die Gedenkstätte an das bereits genannte hierher verschobene Konzentrationslager in Mosbach, der Gedenkweg Goldfisch und die SS-Lagerkommandantur Natzweiler in Guttenbach. Die ehemalige Eisenbahnstrecke Heidelberg-Aglasterhausen-Mosbach-Würzburg[1] führte nordöstlich von Obrigheim mitten durch einen Lagerteil.

Das deutsche SS-Konzentrationslager in Frankreich

Das Konzentrationslager Natzweiler wurde 1941 im von Deutschland annektierten Elsass durch die Gestapo/SS errichtet. Dort werden zunächst vor allem französische politische Häftlinge aus dem Elsass und später aus weiteren den europäischen Widerstandsbewegungen gegen die Naziherrschaft gefangen gehalten, aber auch Kriegsgefangene, Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und Zeugen Jehovas aus Frankreich und Deutschland werden von Beginn an dorthin deportiert.

Im Lauf der Zeit werden dem SS-Hauptlager Natzweiler viele Außenlager auf beiden Seiten des Rheins organisatorisch unterstellt. Diese zahlenmäßig "kleinen" Konzentrationslager werden genutzt, um vor Ort die an einzelne Firmen vermieteten Häftlinge Sklavenarbeit verrichten zu lassen. Es gibt sie bei Heidelberg, Mannheim und Tübingen. Solche „Nebenlager“ gab es auch in vielen deutschen Großstätten: Berlin, Frankfurt, München, Nürnberg, Ruhrgebiet.

Etwa 52.000 Häftlinge aus ganz Europa, insbesondere aus den Gefängnissen in den besetzten lothringischen Städten Épinal und Nancy sowie Belfort in der Franche-Comté wurden dorthin oder in die angeschlossenen/untergeordneten Außenlager des Hauptlagers, die Nebenlager von Natzweiler, auf beiden Seiten des Rheins deportiert (Bild und Liste im Wikipedia-Artikel, s.u.). 22.000 Personen wurden durch unbehandelte Krankheiten, Kälte, Mangelernährung etc. ermordet, bzw. starben an solchen Haftfolgen oder wurden in Gewaltakten ermordet, d.h. sie wurden durch die NS-Sklavenarbeit vernichtet (siehe unter dem Begriff Vernichtung durch Arbeit bei Wikipedia). Und durch die Vermietung profitierte die SS/NSDAP auch noch. Am Ende dieser auch in Deutschland unübersehbaren Unterdrückung von Menschen standen „Selektionen“, Sterbelager, Deportationen in die Todesfabriken wie Auschwitz oder Sobibor.

Das Ende des deutschen Konzentrationslagers in Frankreich, Natzweiler und seiner Nebenlager, durch die alliierte Invasion (D-Day) stellt sich als ein längerer Ablauf dar. Unter dem Druck des Vormarsches der Alliierten werden zunächst die Lager auf der westlichen Rheinseite zwischen September und November 1944 aufgelöst. Teile der Häftlinge der Konzentrationslager werden nach Osten über den Rhein "ins Reich" "verschoben“ (Deportation, Todeszüge).

Damit entsteht für wenige Monate ein KZ Natzweiler am Neckar oder noch deutlicher ausgedrückt: ein neues, zweites Konzentrationslager Natzweiler im heutigen Städtchen Mosbach und seiner Umgebung.

Die "Umsetzung" des KZ ins Reich

Dies betrifft Hunderte von Häftlingen ebenso wie die Reste der SS-Kommandantur des Hauptlagers, die in die nordbadischen Dörfer im Neckartal Guttenbach und Binau (Lage zwischen Heilbronn und Eberbach) und berets gegründete „Nebenlager“ in der Region verlegt werden. So besteht das ehemalige „Konzentrationslager Natzweiler“ in Frankreich unter diesem Namen dann, als einziges der großen SS-Stammlager, in seinen Nebenlagern im Neckartal mitten in Deutschland weiter. Während Nazi-Deutschland immer weiter militärisch zusammenbricht, reorganisiert die SS ausgerechnet ein schon befreit geglaubtes Konzentrationslager noch einmal für einige Monate in Nordbaden.

Als die Alliierten bei Oppenheim südlich von Mainz den Rhein überschreiten und rasch in Richtung Mannheim, Würzburg und Stuttgart (Baden und Württemberg) vorstoßen, beginnt ein Zeitraum von so genannten "Evakuierungen" und Todesmärschen – in den noch existierenden "kleinen", dezentralen Konzentrationslagern. Dies dauert bis zum „wirklichen Ende“ des „Konzentrationslagers Natzweiler“ im April/Mai 1945. Der beschönigende Ausdruck "Evakuierung" meint dabei zwei Dinge: die Beseitigung von Spuren — falls in den Kriegsabläufen scheinbar für die SS vor Ort nicht anders umsetzbar, auch durch Ermordung von ganzen Häftlingsgruppen. Und zweitens in der Überführung von möglichst vieler der noch arbeitsfähigen Gefangenen in "sichere" Lager, um sie entweder auszubeuten oder als Tauschkapital für Verhandlungen mit den Kriegsgegnern zu verwenden.

Zusammenfassung

Nach der Befreiung Frankreichs 1944 existierte das KZ Natzweiler-Struthof somit auf dem Papier der deutschen Behörden weiter als Hauptlager der vielen "kleinen" Außenlager, die zwischen Südhessen und im gesamten Baden und Württemberg, mit einem Schwerpunkt in und am Neckartal, errichtet worden waren bzw. noch errichtet wurden.

Die neue Verwaltung u. Kommandantur um den Ort Binau

Die SS versuchte in Guttenbach/Baden in der Nähe von dem Mosbacher Lager eine neue Verwaltung für den verbliebenen Lagerkomplex im Südwesten aufzubauen. Guttenbach ist heute ein Ortsteil, des auf der anderen Neckarseite liegenden Neckargerach.
Einen ähnlichen Ablauf gab es in dieser Zeit auch mit den Außenlagern des Konzentrationslagers Dachau, die sich südlich von München befanden. An der Ostgrenze des SS-Machtbereichs geschah dergleichen bei Krakau/Krakow mit dem Konzentrations- oder Vernichtungslager Auschwitz. Zum Teil wurden alte Strukturen nur örtlich verlagert, zum Teil neue Inhaber auf seit 1936/1939/1941 bestehenden Posten gesetzt.

Siehe auch

Weblinks