Neckarstaustufe

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Letzte Bearbeitung war am 2011-07-15 von Juhn.

Der Entwurf für die meisten Neckarstaustufen und die Schleusen stammt von dem Architekten Paul Bonatz (1877—1956). Daher wird gelegentlich bei den kombinierten Neckarstaustufen und -schleusen auch von den Bonatzschleusen gesprochen. Von 1921 bis 1935 erfolgte der Ausbau des Neckars für Rheinschiffe zur Großschifffahrtsstraße zwischen Mannheim und Heilbronn unter der Leitung von Otto Konz und Otto Hirsch. 1948-1958 folgte der Bau der Staustufen und teilweisen Kanalisierung zwischen Heilbronn und Stuttgart. Im ersten Bauabschnitt wurden damals die bereits geplanten zweiten Schleusenkammern neben den vorhandenen Kammern dazu gebaut. Damit konnte die Schleuskapazität verdoppelt werden.

Die jeweilige Anlage besteht i. d. R. aus drei beweglichen Wehrverschlüssen, einer Generatorenhalle für ein Wasserkraftwerk zur Stromgewinnung und den erforderlichen Mauern für Zu- und Abflüsse und einer zweikammrigen Schleuse, die meist auf der gegenüberliegenden Flussseite angeordnet wird. In der Nähe befinden sich oft Siedlungshäuser für das Personal.

Bonatz und die anderen beteiligten Architekten haben sich bemüht, jeder Staustufe mit der gezielten Materialwahl (Sandstein, Muschelkalk, Beton, Backstein) ein ihr zum Umfeld passendes individuelles Gesicht zu geben. Sie haben die Bauwerke damit in die umgebende Landschaft eingepasst.

Die Schleuse Neckarsteinach

Technik

Stauung und Wehre

Die Wehrverschlüsse sind meist zwischen vier Wehrpfeilern angebracht ( = dreifeldriges Wehr). In den darauf sitzenden vier Windwerkhäusern befinden sich die zweistufigen offenen Stirnradgetriebe (Hersteller G.H.H. - Gutehoffnungshütte), die die Tore nach dem Wasserstand hochwinden oder herablassen. Im Zuge der zweiten Ausbaustufe wurden 1942 die beweglichen Wehrverschlüsse (Rollschütze) mittels Aufsatzklappen auf einem Torsionsrohr montiert und damit um 1,90 Meter erhöht.

Die Windwerkhäuser (nach den Winden zum Öffnen der Tore) sind i. d. R. im obersten Geschoß flussabwärts rundum verglast. Sie haben im Grundriß die Form von Schiffsrümpfen. Zwischen den Feldern queren in der Regel U-förmige Brückenriegel für Fußgänger den Fluss. Sie geben neben den Windenhäusern dem Wehr seine typische Optik. Vereinzelt sind mit dem Wehr Straßenbrücken kombiniert.

Schleuse und Schleusung

Die Schleusenkammern haben jeweils eine Nutzlänge von 106 Metern und eine Torbreite von 12 Metern. Sie sind für den Schiffstyp "Großes Rheinschiff" (WP-Artikel) ausgelegt worden. Die direkte Fallhöhe beträgt an den verschiedenen Standorten zwischen 3 und 9 Metern (Differenz zwischen Oberwasser/Unterwasser) . Die Verlängerung der Kammern auf 130 Meter befindet sich zur Zeit in einer (umstrittenen) Planungsphase.

Bei der Schleusung eines bergwärts fahrenden Schiffs sind zunächst die beiden oberen Schleusentore V-förmig geschlossen und liegen am so genannten Drempel (eine Art betonierte Türschwelle) an. Nach der Einfahrt schließen sich die beiden unteren Tore ebenfalls. Durch kleine Umgehungskanäle, die hydraulisch geöffnet werden, fließt vom Oberwasser solange Wasser in die Kammer nach, bis der gleiche Wasserpegel wie im Oberwasser erreicht ist. Dann lassen sich die oberen Tore relativ leicht öffnen, denn nun drückt der Fluss nicht mehr darauf.

Beim Anstieg muss von den Schiffern darauf geachtet werden, dass sie die Befestigungstaue immer wieder etwas weiter oben an den Kammerwänden befestigen, damit das Schiff nicht in der Schleuse hin und her treibt oder kentert. Das Schiff kann dann oben wieder aus eigener Kraft in den Fluss hinausschwimmen. Im Idealfall wartet oben schon ein Schiff um mit dem Wasser der gefüllten Kammer abwärts geschleust zu werden. Durch die Doppelung der Kammern wird nicht nur Zeit beim Befüllen und Entleeren gespart, auch der Wasserverbrauch wurde damit optimiert.


Stromgewinnung

Je zwei Kaplanturbinen sind über senkrechte Wellen mit in der Halle darüber montierten 10kV-Drehstrom-Generatoren gekuppelt und produzieren z. B. 4100 kW elektrischen Strom bei 8,15 m Fallhöhe und einem Wasserstrom von 60 m³/s.

Die 27 Kraftwerke zwischen Plochingen und Mannheim (Mündung in die internationale Schifffahrtsstraße Rhein) erzeugen mit einem Gesamt-Gefälle von 160 Metern ca. 500 Millionen kWh Strom pro Jahr. Vor der Turbine muss das Oberwasser von größeren Fremdkörpern, z. B. Treibholz, gereinigt werden. Dazu ist vor den Turbinen ein großer Rechen angebracht. Wenn größere Fische die Turbine durchschwimmen, werden sie wahrscheinlich so stark veletzt, dass sie sterben.

Im Unterwasser sollten durch die Zuführung des Wassers aus der Turbine keine für die Schifffahrt gefährlichen Verwirbelungen entstehen.

Besonderheiten an den Standorten

(Weitere Details in den Artikeln über die verschiedenen Schleusenanlagen)
  • Die Schleusenanlage Feudenheim (Doppelschleuse und Schleuse von 1927) liegt bei Neckarkilometer 6,2. Hier sind die beiden Tore der beiden kurzen Schleusenkammern wie Fallgatter in drei Türmen über den Kammern an dem jeweiligen Schleusenende aufgehängt und werden senkrecht bewegt. Der Entwurf dazu stammt nicht von Bonatz. Die Tore haben eine Höhe von 8,9 und Breite von 12 Metern. Im geöffneten Zustand fahren die Schiffe unter den Toren hindurch.
Das Kraftwerk steht getrennt an einem Durchstich vom Kanal in das Altwasser etwa 500 Meter flussaufwärts. Die zugehörigen Stauwehre stehen einige Kilometer entfernt am Ostende von Ilvesheim, wo sich Neckar und Neckarkanal trennen. Die beiden Walzen des Wehrs haben eine Breite von 45 m und das dritte Segment von 36 m. (Vgl. Abbildungen auf Seite 25—29 bei Maio; zur Schleuse den Ortsartikel Feudenheim, zum Wehr den Ortsartikel Ilvesheim in diesem Wiki)
  • Die Schleusenanlage Schwabenheim (1925) im Verlauf des zweiten Neckarseitenkanals liegt bei Neckarkilometer 17,679 ca. 500 m unterhalb vom Schwabenheimer Hof. Die Wehranlage Wieblingen bei Bergheim (Höhe etwa beim Autobahnende, s. u.) verhindert den Abfluss des Wassers durch das natürliche Flussbett (Altneckar) in Richtung Wieblingen (heute Naturschutzgebiet) und staut das Wasser in den Kanal hinein. Mit Hilfe der Schleuse am Schwabenheimer Hof überwindet die Schifffahrt eine Höhendifferenz von ca. 8,70 m. Das Wehr Wieblingen (1925) - in Bergheim steht bei Neckarkilometer 22,386.
Die Schleuse Heidelberg und das Wehr liegen bei Neckarkilometer 26,138 — unweit der Alten Brücke am linken Ufer.
  • Die Schleusenanlage Neckargemünd bei Neckarkilometer 30,86 steht bei der Heidelberger Klinik Orthopädie, außerhalb des Ortssetters, mit 3 Walzen von je 33 m Breite. Der Höhenunterschied beträgt hier ca. 3,90 m. Die Schleuse befindet sich auch hier auf der linken Neckarseite und das Kraftwerk gegenüber auf der Ziegelhäuser Seite. Dort steht unterhalb auch ein Mehrfamilienhaus für Bedienstete des Schiffahrtsamtes. Am linken Ufer befindet sich direkt oberhalb die S-Bahn-Haltestelle (Vgl. Abbildungen auf Seite 38—43 bei Maio und den Ortsartikel in diesem Wiki)
  • Die Schleusenanlage Neckarsteinach, unterhalb der Festung Dilsberg und am östlichen Ortsrand, befindet sich auf der rechten Neckarseite, auf der sich die Generatorenhalle des Kraftwerks zur Flussmitte hin anschließt. Sein Wassereinlauf wird von einer Insel geschützt. Dort auf der rechten Flussseite verläuft auf dem Ufer die B 37 und die Eisenbahntrasse. Eine Besonderheit ist hier noch der Grenzverlauf zwischen dem ehemaligen Land Baden und Hessen.
  • Die Schleusenanlage Hirschhorn am östlichen Ortsrand, am linken Ufer bei Neckarkilometer 47,74, befindet sich hier auf der gleichen, der linken, Neckarseite wie das Kraftwerk, das - mittig nach den Schleusen angeordnet, so optisch fast in der Flussmitte steht. Die Schleusenanlage ist mit einer Straßenbrücke zum Ortsteil Ersheim kombiniert, der als einziger hessischer Ortsteil auf dem Neckar-Südufer liegt. Ganz in der Nähe befindet sich der DB-Bahnhof (S-Bahn) beim Ortskern.
  • Die Schleusenanlage Eberbach-Rockenau, bei Neckarkilometer 61,43, mit 3 Walzen von je 30 m Breite liegt im naturbelassen wirkenden Tal. Die Schleuse befindet sich auch hier auf der linken Neckarseite, jeweils nach einem ca. einen Kilometer geraden Neckarabschnitt.
  • Schleusenanlage Guttenbach bei Neckarkilometer 72,22 mit 3 Walzen von je 30 m Breite. Die Schleusenkammern befinden sich hier auf der rechten, das Kraftwerk auf der linken Neckarseite. Oberhalb der am rechten Ufer laufenden Bundestraße liegen auch hier drei große Mehrfamilienhäuser. Bergauf kommt die Schleuse kurz hinter einer engen Rechtskurve. An der begleitenden Bahnlinie verschwinden an dieser Stelle die Gleise im Binauer Tunnel. (Vgl. Ortsartikel)
  • Schleusenanlage Neckarzimmern bei Neckarkilometer 85,95, auch hier mit drei Walzen je 30m Breite; fertiggestellt 1935 - die zweite Kammer 1959. Die Schleuse befindet sich auch hier auf der linken, das Kraftwerk auf der rechten Neckarseite ganz in der Nähe des Bahnhofs. Auffallend an der Landschaft ist hier die breite Waldschneise, durch die die auf Masten geführte Hochspannungsleitung zum Bergrand hochsteigt. (Vgl. Abbildungen auf Seite 9, 55—56 bei Maio; Ortsartikel)
Schleusung am Karlstor in Heidelberg

Übersicht

Tabelle mit den Schleusen am Neckar; mit Angaben zur Lage (Flusskilometer) und der Wasserhöhe oberhalb der Schleuse (in Metern über Normalnull)

  •   6,2 km •  96,50 m • Doppelschleuse und Schleuse Feudenheim
  • 17,7 km • 105,20 m • Doppelschleuse Schwabenheim
  • 26,1 km • 107,80 m • Doppelschleuse Heidelberg
  • 30,9 km • 111,70 m • Doppelschleuse Neckargemünd
  • 39,3 km • 116,40 m • Doppelschleuse Neckarsteinach
  • 47,7 km • 121,70 m • Doppelschleuse Hirschhorn
  • 61,4 km • 127,70 m • Doppelschleuse Rockenau
  • 72,2 km • 133,00 m • Doppelschleuse Guttenbach
  • 85,9 km • 138,60 m • Doppelschleuse Neckarzimmern
  • 93,9 km • 142,80 m • Doppelchleuse Gundelsheim
  • 103,9 km • 150,80 m • Doppelschleuse Kochendorf
  •         154,00 m • Doppelschleuse Heilbronn
  • 199,6 km • 247,20 m • Schleuse Deizisau

Fotos verschiedener Wehre

Anekdote

Der Dichter Mark Twain (1835-1910) hieß eigentlich Samuel Langhorne Clemens und war einige Jahre Lotse auf dem Mississippi. Daher stammt auch sein Schriftstellerpseudonym, das für "Marke Zwei", eine Angabe der Wassertiefe, steht. Twain berichtet von einer Neckarreise.

Siehe auch

Literatur

Bücher
  • Paul Bonatz: Leben und Bauen. Engelhornverlag Adolf Spemann, Stuttgart, 1950.
  • Fernanda de Maio: wasser_werke. Paul Bonatz: Die Neckarstaustufen. Vorwort von Alberto Ferlanga. Verlag Merz + Solitude, Stuttgart, 1999, 2. Aufl. - 2001. 63 S. ISBN 3-929 085-53-4 (bebildert; Sprache: Deutsch, Italienisch; mit ausführlicher Bibliografie)
Zeitungsartikel
  • Christoph Moll: Neckar-Kraftwerk versorgt jetzt 30 000 Menschen mit Strom. In: Rhein-Neckar-Zeitung 84 vom 11. Apr. 2011, S. 8 (zum Wasserkraftwerk mit drei Turbinen am Schwabenheimer Hof)
  • Barbara Sambale: Blick auf das Lebenswerk des Baumeisters. Rhein-Neckar-Zeitung vom 26. Feb. 2011, Nr. 47, Kultur S. 4, "Der legendäre … "
  • Timo Teufert: 75 Jahre: Frei für große Schiffe. In: Rhein-Neckar-Zeitung vom 3. Aug. 2010, Blick in die Stadtteile Nr. 30, S. 1 (zum Bau der beiden Neckarstaustufen in HD und am Flusslauf)


Weblinks